Starker Wind im zweiten Teil bestimmte den Ablauf des Boston Marathons am Montag (20.4.2015). Bei den Frauen setzte sich die Kenianerin Caroline Rotich in einem spannenden Finale nach 2:24:55 durch, bei den Männer siegte der Champion von 2013 Lelisa Desisa (ETH) in 2:09:17 erneut.
Gewann nach 2013 auch 2015 den Boston Marathon. Lelisa Desisa (ETH). (c) H. Winter
Während die um 9:32 Uhr Ortszeit gestarteten Frauen von Anfang an ein moderates Tempo vorlegten – insb. die Amerikanerin Shalane Flanagan hielt sich schon hier gegenüber dem Vorjahr sichtlich zurück -, sah das bei Männern ganz anders aus. Tadese Tola legte gleich nach dem Start einen Spurt hin, auf den zunächst nur der spätere Sieger Desisa sowie Yemane Tsegay reagierten. Somit wurde die 1. Meile auf dem abschüssigen Part von Hopkinton in flotten 4;39 zurückgelegt. Dass man in der Tat das Rennen schnell anlief, zeigte sich dann bei 5 km in 14:42, man war auf Kurs von 2:04:03.
Schon hier gab es die erste Überraschung, denn einer der Favoriten Patrick Makau lag mit 15:25 dort schon weit zurück und stieg bald danach aus. Makau hatte wohl wieder Muskelprobleme, die ihn nun schon seit einigen Jahren plagen. Im Dezember 2014 ging es beim Fukuoka Marathon mit seinem Sieg halwegs gut, warum er sich aber in seinem Zustand solche fordernden Strecken wie Boston aussucht, bleibt sein Geheimnis (und das seines Managers Zane Branson). Aber Patrick blieb nicht als einziger prominienter Läufer auf der Strecke. Später im Rennen stiegen auch der Halbmarathon-Weltrekordler Zersenay Tadese (ERI) genau aus wie der Ex-Marathon-Doppel-Weltmeister Abel Kirui (KEN). Bei Tadese war das damit ein weiteres Scheitern auf der vollen Distanz und ein weiterer Hinweis für den Mann aus Eritrea, dass der Marathon nicht seine Disziplin ist.
Die schnelle Fahrt an der Spitze setzte sich noch bis 10 km in 29:41 fort (2:05:15), aber schon hier wurde der (Gegen-)Wind immer stärker. Nach 15 km in 44:57 gab es Attacken von Desisa und Tola, die aber erfolglos blieben. Bei 10 Meilen in 48:09 war die Endzeit schon auf 2:06:15 angestiegen. Den 5 km Abschnitt nach 20 km (1:00:28) lief man in moderaten 15:31, so dass man beim Halbmarathon in 1:04:01 nur noch auf Kurs zu 2:08 Stunden war.
Hier waren noch 9 Läufer in der Spitzengruppe und mussten miterleben, wie der kurzfristig etwas zurückgefallene Amerikaner Dathan Ritzenhein (“Ritz”) durchstartete und sich an die Spitze setzte. Doch auf das Tempo hatte das keine positiven Effekt, man mittlerweile in den Newton Hills und der Wind blies kräftig. So passierten 10 Läufer 30 km nach 1:31:59 mit einer Projektion von 2:09:22. Da jetzt noch der Heartbreak Hill wartete, deutete sich schon ein Siegrezeit von über 2:10 Stunden an. Entsprechend war auch der Split von 1:47:59 bei 35 km. Hier formierte sich ein Fürhrungstrio aus Desisa, Tsegay und Wesley Korir, die sich schnell absetzen konnten. Der Vorjahres-Überraschungssieger Meb Keflezighi (USA) blieb zudem mit Problemen im Oberschenkel kurz stehen.
Noch vor der 40 km Marke (2:02:39) konnte sich Desisa lösen, wurde aber zunächst noch von Tsegay kurz eingeholt. Der letzte 5 km-Abschnitt war mit 14:40 wieder deutlich schneller und machte eine Zeit unter 2:10 wieder möglich. Desisa, der schon in Dubai im Januar auf Platz 2 lief, war in Boston der eindeutig stärkste Läufer und konnte seine Landsmann Tsegay über eine Meile vor dem Ziel abschütteln und eine Vorsprung von einer halben Minute herauslaufen.
Nach 2:09:17 überquerte der Äthiopier die Ziellinie vor Tesgay, der 2:09:48 brauchte. Im Feld dahinter gab es noch Verschiebungen im Ranking, Wilson Chebet wurde Dritter nach 2:10:22 vor seinem Landsmann Bernard Kipyego in 2:10:47. Platz 5 ging an Ex-Boston-Champion Wesley Korir, der 2:10:49 lief.
Die Frauen ging wesentlicher moderater zu Werke als die Männer, wie die ersten beiden Meilen in 5:38 und 5:28 zeigen. 5 km in 16:57, 10 km 34:23 und 15 km in 51:48 sind keine Splits zu Topzeiten. Auffällig war hier vor allem, dass sich einer der Favoritinnen Shalane Flanegan (USA) nach ihrer Tempojagd im Vorjahr sichtlich zurückhielt. Dafür war ihre Landsfrau Desiree Linden (geb. Dragila) sehr aktiv und machte bis zu einer Laufzeit von 2:03 Stunden das Tempo. Eine Idee über die Zeit der Siegerin bekam man beim Halbmarathon, den elf Läuferinnen nach 1:09:01 für 20 km in 1:12:36 passierten. Man war somit auf Kurs von 2:25 Stunden, und so sollte es am Ende auch ausgehen.
Nach 25 km in 1:25:23 gab es für die Amerikaner nach 1:40 Stunden große Aufregung, denn nachdem Flanagan kurz zuvor an einer Wasserstelle den Kontakt für einen Moment verlor, geriet sie nun schnell in Rückstand und hatte keine Chancen mehr, sich nochmals an die Spitze heranzulaufen, zumal ihre Landsfrau Linden aufs Tempo drückte. Am Ende wurde Flanagan, die beim Berlin Marathon 2014 noch 2:21 lief, in enttäuschenden 2:27:47 Neunte. Flangan stammt aus einem Ort an der Strecke und hatte sich aufwenig auf den Lauf vorbereitet.
Nach gut einer Stunde zog Mare Dibaba (ETH), die Jahreschnellste mit 2:19:53 in Xiamen zu Jahresbeginn, an und nur Caroline Rotich (KEN) und Buzunesh Deba (ETH) konnten mitgehen. Dabei wurde die entsprechende Meile in sehr schnellen 5:07 gelaufen. Als es dann auf die lange Zielgerade in der Bostoner Innenstadt ging, sah Dibaba schon wie die Siegerin aus, doch Rotich mobilisierte noch einmal die letzten Kräfte und gewann in 2:24:55. Dibaba wurde Zweite in 2:24:59 vor Deba in 2:25:09. Desiree Linden wurde in 2:25:39 undankbare Vierte.
Eine ganz besondere Leistung vollbrachte im Rahmen der Veranstaltung der Altstar Joan Benoit-Samuelson, die mit 57 Jahren tolle 2:54:03 lief. Das wäre zwar eine neuer W57-WR (aktuell: 2:54:29 Jung-Ok Kim (KOR)), aber der Kurs in Boston ist leider nicht Bestenlisten tauglich (s.u.).
Insgesamt waren 30.000 Aktive am Start, die in drei Wellen in Hopkinton auf die Reise ins ferne Boston geschickt wurden. Trotz des Marathon Majors Status ist die Strecke nicht regelkonform, so dass die Zeiten in Bestenlisten nicht geführt werden können. Eigentlich ist das ein unhaltbarer Zustand. Aber die Paarung von Tradition und Sturheit wird diese Zustände auch noch für einige Zeit tradieren.