Mit den (fast zu erwartenden) Siegen von Eliud Kipchoge (KEN) in 2:04:00 und von Gladys Cherono (KEN) in 2:19:25 ging heute die 42. Ausgabe des Berlin Marathons über die Bühne. Bei nahezu perfekten Bedingungen erzielten nicht nur viele Athleten bemerkenswerte Bestleistungen, sondern auch der Zuschauerzuspruch stieg wieder nach einem erheblichen Absinken über die letzten Jahre merklich an. Während bei den Frauen das Ziel einer Zeit von unter 2:20 Stunden zumindest von der Siegerin erreicht wurde, blieb ein erhoffter weiterer Weltrekord bei den Männern auf der Strecke.
Eigentlich schon recht früh musste am befürchten, dass es mit der Jagd auf den Weltrekord sehr schwer werden dürfte. Trotz der Tempojagd an der Spitze verlor man zunehmend auf die globale Bestmarke, wobei man mit einem sehr konstanten Tempo über 5 km in 14:37, 10 km in 29:17, 15 km in 43:52 und 20 km in 58:38 die Halbmarathonmarke nach 1:01:53 erreichte. Damit lag man auf Kurs zu einer Zeit von 2:03:46 und deutlich hinter der Vorgabe aus dem technischen Meeting von 1:01:30 zurück. Selbst mit einer erheblichen Steigerung des Tempos waren zum Weltrekord notwendige 1:01:04 für die zweite Hälfte kaum zu erwarten. Bis hierhin lagen zusammen mit einem verbliebenen Tempomacher noch alle Favoriten auf den Sieg beeinander: Eliud Kipchoge, Emmanuel Mutai, Feyisa Lelisa, Geoffrey Mutai und – etwas überraschend – Eliud Kiptanui.
Wie in den Vorjahren fiel eine Vorentscheidung ab 30 km, nachdem der letzte Tempomacher nach 29,5 km seinen Dienst quittierte. Dabei kam als eine Besonderheit hinzu, dass der Favorit Eliud Kipchoge schon seit den ersten Kilometern seine Einlagesolen fast zu verlieren schien, die weit nach hinten aus den Schuhen ragten. Der gute Mann lief somit ohne wichtige Dämpfung im Vorfuß und bekam am Ende des Rennens zunehmend Schmerzen im Fußbereich. Auch wenn sich der Hersteller des Schuhs – ein in der Tat renommiertes Label – später entschuldigte, sehr professionell erschien die ganze Aktion kaum, zumal man jedem Anfänger empfiehlt, die Wettkampfschuhe ausreichend einzulaufen. Wenn auch der Weltrekord vermutlich nie in Gefahr war, die Posse kostete Kipchoge sicher mehr als eine halbe Minute und damit die Aufnahme im sehr kleinen elitären Klub der sub-2:04-Läufer.
Trotz dieses Handicaps stand sein Sieg nie in Frage, nachdem bereits bei 29 km mit Geoffrey Mutai ein vermeintlicher Anwärter auf den Sieg zurückfiel. Als Kipchoge ähnlich wie in Chicago oder London nach 32 km zum Finale blies, verloren die Mitstreiter schnell an Boden. km-Abschnitte von 2:48, 2:52, 2:53 (trotz heraushängender Innensohle) zeigten Wirkung. Nach 33 km gab es eine weitere Überraschung als Emmanuel Mutai aus der Verfolgergruppe zurückfiel und auch Feyisa Lilesa im Tempo nachlassen musste. Dafür konnte Eliud Kiptanui sein Tempo halten und lag nach 35 km sehr deutlich auf Platz 2. Nachdem Kiptanui in den letzten Jahr unglücklich und schwach agierte, war dies die Wiedergeburt eines Hoffnungsträgers der kenianischen Marathonszene.
Vorne spulte Kipchoge ungefährdet sein Programm ab, wobei die flatternden Sohlen und die fehlende Dämpfung Konsequenzen hatten. Denn ab 38 km ruschten die Splits um oder über 3 Minuten pro Kilometer und verhagelten dem Kenianer eine absolute Topzeit und die 20000 US$ Prämie für eine Zeit unter 2:04 Stunden. Noch bei 41 km lag er auf Kurs zu 2:03:57. Als er nach Durchqueren des Brandenburger Tors zum (etwas müden) Finale blies, war es für diese Prämie ganz knapp zu spät, er siegte in 2:04:00. Das ist Jahres-Weltbestzeit und Hausrekord für den aktuell vermeintlich besten Marathonmann der globalen Szene.
Eliud Kipchoge gewann nach Chicago und London auch in Berlin einen Marathon der Marathon Majors Serie. (c) H. Winter
Bei den Verfolgern veränderte sich nichts mehr. Fast sensationell ist Eliud Kiptanui wieder zurück und lief mit 2:05:21 neue Bestzeit. Dritter wurde Feyisa Lilesa (ETH) in 2:06:57 und Emmanuel Mutai folgte in 2:07:46. Mit Geoffrey Mutai in 2:09:29 blieben nur fünf Läufer unter 2:10 Stunden, sicherlich auch eine Folge der für einige Athleten zu schnellen ersten Hälfte. Sechster wurde Reid Coolsaet (CAN), der in 2:10:28 nur knapp am uralten Landesrekord scheiterte.
Dahinter zeigten die beiden deutschen Nachwuchsläufer Philipp Pflüger und Julian Flügel ein beherztes Rennen und versuchten sich wie zuvor beabsichtigt an der deutschen Schwachsinns-Olympianorm von 2:12:15 (der Weltmeister in Beijing war langsamer!) und liefen die Halbdistanz in 66:02 an. Danach war das Tempo aber für beide nicht ganz in Richtung der Norm zu halten. Mit Bestzeiten kamen Pflieger in 2:12:50 und Flügel in 2:13:57 ins Ziel. Wie unsinnig die überzogene DLV-Norm ist (int. Standard 2:17), zeigt u.a. auch die Tatsache, dass der Schweizer Christian Kreienbühl mit der gleichen Zeit wie Flügel ins Ziel kam und in Rio dabei sein wird. Bei der Pressekonferenz nach dem Lauf wurde dieses Thema diskutiert, ein Vertreter des DLV war aber nicht zugegen, um Stellung zu nehmen.
Falk Cierpinski dürfte nach dem Aussteigen hinter dem Halbmarathon wohl langsam über das Ende seiner Karriere nachdenken müssen. In 1:07:39 lag er zur Hälfte schon 1 1/2 Minuten in Bezug auf seine deutschen Mitstreiter zurück und war hinsichtlich einer akzeptablen Zeit chancenlos.
Philipp Flieger lief mit 2:12:50 eine beachtliche Zeit, wird aber damit bei Olympia nicht dabei sein. Oder? (c) H. Winter
Bei den Frauen spitzte sich alles auf den Zweikampf zwischen Aberu Kebede (ETH) und der Gladys Cherono (KEN) zu, den die Kenianerin am Ende recht deutlich mit der angepeilten Zeit von unter 2:20 Stunden gewann. Ähnlich wie bei den Männern fiel die Enscheidung früh bei 31 km, wo sich Cherono mit einem schnellen km in 3:13 absetzen konnte. Der Vorsprung vergrößerte sich zusehends, wobei die verhalten angelaufenen ersten 10 km einen neuen Streckenrekord (2:19:12) verhinderten. Cherono siegte in 2:19:25 vor Kebede in 2:20:48. Auf Platz 3 musste man dann lange warten, ehe Meseret Hailu (ETH) in 2:24:33 ins Ziel kam.
Erfreulich der neue Schweizer Rekord durch Maja Neuenschwander in 2:26:49, während Anna Hahner die hohen Erwartungen im zweiten Teil nicht erfüllen konnte und neben einer Bestzeit vor allem auch die Norm für Rio von 2:28:30 verpasste. Obwohl sich der Haudegen Hermann Achmüller aus Südtirol als Ersatz für schwächelnde Tempomacher nach Kräften mühte, zeigte die zu schnelle erste Hälfte in 1:13:12 Wirkung und mit “nur” 2:30:19 kam Anna ins Ziel. Die Befürchtung, dass ihre Leistungen auf den Unterdistanzen nicht ausreichen, erwiesen sich als nüchterne Realität,
Gladsy Cherono gewann in 2:19:25 und ist damit die 18. Läuferin im sub-2:20-Klub. (c) H. Winter
Race Director Mark Milde zog insgesamt auch ohne Weltrekord eine sehr positive Bilanz der Veranstaltung. (c) H. Winter
Ergebnisse der Männer:
1. |
» Kipchoge, Eliud (KEN) |
02:04:00 |
2. |
» Kiptanui, Eliud (KEN) |
02:05:21 |
3. |
» Lilesa, Feyisa (ETH) |
02:06:57 |
4. |
» Mutai, Emmanuel (KEN) |
02:07:46 |
5. |
» Mutai, Geoffrey (KEN) |
02:09:29 |
6. |
» Coolseat, Reid (CAN) |
02:10:28 |
7. |
» Naert, Koen (BEL) |
02:10:31 |
8. |
» Shegumo, Yared (POL) |
02:10:47 |
9. |
» Gokaya, Koji (JPN) |
02:10:58 |
10. |
» Overall, Scott (GBR) |
02:11:24 |
11. |
» Asmamaw Tiruneh, Chalachew (ETH) |
02:11:54 |
12. |
» Shelley, Michael (AUS) |
02:12:20 |
13. |
» Llano, Matt (USA) |
02:12:28 |
14. |
» Sato, Yuki (JPN) |
02:12:32 |
15. |
» van Schuerbeeck, Willem (BEL) |
02:12:49 |
16. |
» Pflieger, Philipp (GER) |
02:12:50 |
17. |
» Caelen, Florent (BEL) |
02:12:51 |
18. |
» Kreienbühl, Christian (SUI) |
02:13:57 |
19. |
» Flügel, Julian (GER) |
02:13:57 |
20. |
» Solomon, Tesfamariam (ERI) |
02:14:51 |
21. |
» Seaward, Kevin (IRL) |
02:14:52 |
22. |
» Sakai, Masanori (JPN) |
02:14:52 |
23. |
» Lehmann, Adrian (SUI) |
02:15:08 |
24. |
» Ciobuna, Sergiu (IRL) |
02:15:14 |
25. |
» Moogas, Tesama (ISR) |
02:15:29 |
Die Splits des führenden Läufers:
Ergebnisse der Frauen:
1. |
» Cherono, Gladys (KEN) |
02:19:25 |
2. |
» Kebede, Aberu (ETH) |
02:20:48 |
3. |
» Hailu, Meseret (ETH) |
02:24:33 |
4. |
» Bekele, Tadelech (ETH) |
02:25:01 |
5. |
» Deelstra, Andrea (NED) |
02:26:46 |
6. |
» Neuenschwander, Maja (SUI) |
02:26:49 |
7. |
» Nemec, Lisa (CRO) |
02:27:57 |
8. |
» Tanaka, Tomomi (JPN) |
02:28:00 |
9. |
» Samuels, Sonia (GBR) |
02:28:04 |
10. |
» Tola, Fate (ETH) |
02:28:24 |
11. |
» Dixon, Alyson (GBR) |
02:29:30 |
12. |
» Kowalska, Katarzyna (POL) |
02:29:41 |
13. |
» Hahner, Anna (GER) |
02:30:19 |
14. |
» Hayakawa, Eri (JPN) |
02:31:27 |
15. |
» Toniolo, Deborah (ITA) |
02:31:28 |
16. |
» Dejaeghere, Veerle (BEL) |
02:31:56 |
17. |
» Lee, Elizabeth (IRL) |
02:32:51 |
18. |
» Arzapana, Vilma (PER) |
02:33:21 |
19. |
» Dionne, Hilary (USA) |
02:34:45 |
20. |
» Komu, Martha (FRA) |
02:35:12 |
Die Splits der führenden Läuferin: