Sicherlich eines der Bilder des Jahres 2015: Gleich im Januar glänzte der Dubai Marathon mit einer einmaligen Leistungsdichte bei den Frauen. Am Ende hatte Aselefech Mergia in tollen 2:20:02 den besseren Spurt und gewann mit einer Sekunde Vorsprung vor Gladys Cherono, eine Sekunde die 120.000 USD Preisgeld ausmachten. Und wie man sieht, liegen Glück und Leid eng beeinander. (c) H. Winter
Nach den stetigen Verbesserungen im Marathonlauf der Weltelite in den letzten Jahren ist insbesondere bei den Männern im Jahr 2015 ein gewisse Stagnation bis Rückschritt im Leistungsniveau zu verkennen. Während 2014 Dennis Kimetto (KEN) als Sieger des Berlin Marathons in 2:02:57 einen Weltrekord erzielen konnte, wurde die schnellste Zeit dieses Jahr an gleicher Stelle von Eliud Kipchoge (KEN) mit 2:04:00 erzielt; also eine gute Minute langsamer. Auch in der Leistungsbreite ließ das Niveau nach: Nur 3 Athleten blieben 2015 unter einer Zeit von 2:05 Stunden, im Vorjahr waren das noch 8 Läufer; 10 Läufer blieben unter 2:06 Stunden, 2014 schafften dies 17.
Bei den Frauen fällt der Vergleich mit dem Vorjahr deutlich besser aus. Nachdem 2014 keine Läuferin unter der Schallmauer von 2:20 Stunden blieb, waren das in diesem Jahr mit Gladys Cherono (KEN) in Berlin mit 2:19:25 und Mare Dibaba (ETH) in Xiamen mit 2:19:52 gleich zwei Athletinnen. Sieben Läuferinnen liefen 2015 unter 2:21 Stunden gegenüber fünf im Vorjahr. Und eine Zeit unter 2:24 Stunden schafften in diesem Jahr 31 Läuferinnen, 2014 waren das nur 19.
Keine Frage, die internationale Straßenlaufszene bleibt in Bewegung, da macht auch das Jahr 2015 keine Ausnahme. In vielfältiger Hinsicht setzte sich die Flut an herausragenden Leistungen und außergewöhnlichen Ereignissen aus den Vorjahren fort. Der Lauf auf den Straßen durch die Städte dieser Welt kennt keine Pause mehr, auf globaler Skala wird zu jeder Jahreszeit auf höchstem Niveau agiert. Es wurden wieder viele Bestzeiten aufgestellt, gekrönt von einigen Weltrekorden. Aber auch der Schatten des Dopings lässt die Laufszene nicht los, wobei allerdings wenig fundierte Hinweise auch in die Hochburgen der Laufeliten Ostafrikas führten.
Dabei sorgte ein (selbst ernannter) Doping-Experte (Wie wird man so etwas eigentlich?) einer öffentlich-rechtlichen Funk-Anstalt für Aufsehen. Im Rund-um-Schlag setzte er sich in dürftig recherchierten Beiträgen in Szene und schadete damit einer Sportart, über die seine Funkhäuser in sportlichen Belangen so gut wie nie berichten. Dass dann auch noch der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) diese “journalistischen Leistungen” prämiert, reiht sich in die Serie von Fehleinschätzungen ein, die diesem Verband auch im Jahr 2015 zuhauf unterliefen. Dabei knickte man aber immerhin ob des Tsunami gleichen Protests bei der “Läufer-Maut” halbherzig ein. Die Begründung eines dem Straßenlauf angemessenen Verbandes scheint nach den Entwicklungen im Jahr 2015 dringlicher denn je zuvor.
Das Logo des Jahres: Stop der “Lauf-Maut”. 1 Euro ist in der Tat zu viel. Vor allem für was eigentlich? (c) GRR
Von sportlicher Seite waren die Böller zu Silvester kaum verklungen, da gab es schon beim Neujahr-Marathon im Schnee von Zürich durch den Franzosen Ruberti in 2:48:47 die erste Jahres-Weltbestzeit, über die sich der wackere Freizeitsportler traditionell nur wenige Tage freuen konnte. Bereits am 3. Januar ging es dann in der chinesischen Hafenstadt Xiamen in andere Dimensionen mit großartigen Bestmarken bei den Männern durch den Kenianer Moses Mosop im Duell mit Tilahun Regassa (ETH) in 2:06:19. Bei den Frauen lief die Äthiopierin Mare Dibaba in einem einsamen Rennen einen neuen Streckenrekord von 2:19:52. Diese Zeit unter der Schallmauer bei den Frauen von 2:20 Stunden, wurde im Jahr 2015 nur von Gladys Cherono (KEN) beim Berlin Marathon unterboten werden.
Dieser Grenze zur absoluten Weltklasse kamen die Läuferinnen beim Dubai-Marathon Ende Januar sehr nahe, mit einer einmaligen Leistungsdichte mit sechs Läuferinnen unter 2:22 Stunden. In einem ganz knappen Finale gewann Aselefech Mergia (ETH) in 2:20:02 vor der amtierenden Weltmeisterin im Halbmarathon Gladys Cherono (KEN), die bei ihrem Debüt eine Sekunde länger brauchte. Bei den hohen Preisgeldern in Dubai kostete diese Sekunde allerdings 120.000 USD.
Dabei stellten die Frauen mit diesen Zeiten die Leistungen der Männer in den Schatten. Denn einer der Superstars der Laufszene, der Äthiopier Kenenisa Bekele, konnte den schnellen Kurs im Vereinigten Arabischen Emirat nicht für eine flotte Zeit. Immer noch durch Verletzungen beeinträchtigt musste Bekele vor 30 km das Rennen beenden, dabei war man beim Halbmarathon in 1:02:19 noch auf Kurs zu einer sehr schnellen Zeit und dem Streckenrekord (2:04:23). Sichtlich irritiert durch Bekeles Aufgabe begann ein Taktieren um Sieg und Preisgelder, das der noch wenig bekannte Lemi Berhanu (ETH) in 2:05:28 deutlich vor seinem Landsmann und Boston-Sieger Lelisa Desisa in 2:05:52 gewann. Für die mittlerweile hohen Ansprüche im Emirat war das schon fast Mittelmaß.
Lemi Hayle Berhanu and Lelisa Desisa (beide ETH) kämpfen nach dem Ausscheiden des Favoriten Kenenisa Bekele beim Dubai Marathon im Januar 2015 um den Sieg. (c) H. Winter
Bereits am Wochenende zuvor gab es beim Chevron Houston Marathon (USA) sowie beim Standard Chartered Mumbai Marathon (Indien) ausschließlich äthiopische Sieger. In einem spannenden Schlusspart holte in Houston Birhanu Gedefa seinen enteilten Landsmann Gebo Burka auf dem letzten km noch ein und siegte in 2:08:03, wobei er von der 40 km-Marke bis ins Ziel eindrucksvolle 6:16 brauchte. Bei den Frauen siegte Yebrgual Arage (ETH) in guten 2:23:23. In der indischen Metropole Mumbai verhinderte die zunehmende Hitze einen neuen Streckenrekord (2:09:32), der bei Halbzeit in 1:04:47 noch in Reichweite lag. Es siegte Tesfaye Abera in 2:09:46 vor seinem Landsmann Dereje Debele in 2:10:31. Der beste Kenianer landete mit Ex-Weltmeister Luke Kibet in 2:10:57 nur auf Platz 3.
Am 25. Januar gewann die Ukrainerin Tatjana Shmyrko den Frauen-Marathon im japanischen Osaka mit neuem Landesrekord von ausgezeichneten 2:22:09 und lag damit weit vor der (rein japanischen) Konkurrenz. Sehr lange konnte sie sich aber über diese Errungenschaften nicht freuen, denn der Verband sperte sie wegen der “Einnahme verbotener Substanzen”. Am 1. Februar begann in Beppu-Oita die Serie der drei japanischen Elite-Marathons im Frühjahr, den Twelde Estifanos (ERI) in 2:10:18 gewann.
Ein erster Höhepunkt des Jahres war – nach dem Sieg von Mary Keitany (KEN) beim Halbmarathon im Emirat Ras Al Khaimah am 13. Februar in sehr guten 1:06:02 – der neue Weltrekord ihrer Landsfrau Florence Kiplagat in Barcelona. Beim Mitja Marato de Barcelona steigerte Kiplagat ihren Weltrekord aus dem Vorjahr an gleicher Stelle um 3 Sekunden auf phänomenale 1:05:09. Letztlich kam diese Steigerung fast so überraschend wie der Rekord im Vorjahr, denn sie war wegen des Marathontrainings für London nicht optimal vorbereitet. In einem kuriosen Rennen holte sie sich zunächst sehr deutlich den Weltrekord über 15 km in 46:13, reduzierte zwar das Tempo, aber sowohl für 20 km (1:01:54) und vor allem für den Halbmarathon „reichte“ es dann auch noch für globale Rekorde. Danach lief für sie die Saison 2015 eher durchwachsen, aber in einem kürzlichen Interview nach ihrem Ausscheiden beim Halbmarathon im indischen Delhi möchte sie beim dritten Start 2016 in Barcelona als erste Frau den halben Marathon unter 65 Minuten laufen
Florence Kiplagat verbesserte in Barcelona ihren eigenen Weltrekord über die Halbmarathon-Distanz auf 1:05:09. (c) Veranstalter
Auf der Marathondistanz sorgte der Tokyo-Marathon am 22. Februar vor allem durch eine Neuregelung zur World-Marathon-Majors(WMM)-Serie für Aufsehen, die diesen Wettbewerb mit 500.000 USD Preisgeld nun auf ein volles Jahr beschränkt. Sportlich holte man im Vergleich zu den anderen fünf WMM-Partnern weiter auf, die Siegerzeit von Endeshaw Negesse (ETH) mit 2:06:00 rangiert in der Jahresbestenliste im Vorderfeld. „Sieger der Herzen“ wurde allerdings Olympiasieger und Weltmeister Stephen Kiprotich (UGA), der kurz zuvor seine Tochter verlor und im Spurt um Platz 2 mit persönlicher Bestzeit von 2:06:33 Dickson Chumba (KEN) abfangen konnte. Bei den Frauen lag Birhane Dibaba in 2:23:15 vorne.
Die Spitzengruppe beim Tokyo Marathon passiert die 20 km Marke. Die späteren Erstplatzierten laufen hier noch in dritter und vierter Reihe. Ganz rechts Wilfred Kirwa, der vier Monate zuvor Kimetto zum Weltrekord zog. (c) H. Winter
Am 22. Februar verpasste in der zweiten Hälfte Lawrence Cherono (KEN) mit 2:09:39 den Streckenrekord im spanischen Sevilla nur knapp und am 27. Februar reichten 2:10:30 für William Yegon (KEN) zum Sieg beim Marathon in Tel Aviv.
Im Monat März gewann am Lake Biwa im japanischen Otsu der Kenianer Samuel Ndungu den dortigen Traditions-Marathon (Gold Label der IAAF) in 2:09:08 mit großem Vorsprung. Eine Woche später wurde im nur unweit gelegenen Nagoya die Russin Mariya Konovalova zwar nur Zweite hinter Eunice Kirwa (KEN, 2:22:08), ihre Zeit von 2:22:27 bedeutete für die im August 1974 geborene Russin jedoch einen neuen Masters-Weltrekord im Marathon der Frauen. Bei den Männern fiel dieser Rekord sogar gleich zweimal, im April sowie Juli jeweils durch den Kenianer Kenneth Mungara. Dieser Weltrekord besteht auch heute noch, während Konovalova sprichwörtlich im russischen Doping-Sumpf versackte und ihren Rekord verlor. Irina Mikitenko bekam noch vor Weihnachten den Masters-Weltrekord für Marathonfrauen zurück.
Mariya Konovalova (RUS) wurde “erwischt” und verlor Platzierungen sowie den Masters-Weltrekord der Marathonfrauen. (c) H. Winter
Einen Europarekord lief nach einem kuriosen Rennverlauf der Brite Mo Farah beim Lissaboner Halbmarathon in 59:32. Dabei lag der Topstar der Langstreckenszene auf der Bahn schon scheinbar abgeschlagen zurück, bevor er im Spurt an einer weiteren Größe der Bahnleichtathletik, dem Kenianer Micah Kogo, vorbeizog. Den Halbmarathon in Prag gewannen Daniel Wanjiru (KEN) in 59:51 und Worknesh Degefa (ETH) in 1:07:14, und der Weltrekordversuch über die gleiche Distanz in Berlin durch den Schnellsten des Vorjahres, Abraham Cheroben (KEN), war durch starken Wind schon früh zum Scheitern verurteilt. Am Ende war hier Birhane Legese (ETH) in 59:45 vorne, Cheroben wurde Dritter. Die Jagd des neuen Stars der deutschen Straßenlaufszene Arne Gabius auf den deutschen Rekord von Carsten Eich (1:00:30) scheiterte an Magenkrämpfen nach 11 km.
Hart umkämpft war der Sieg beim Berliner Halbmarathon, den Birhane Legese (ETH, rechts) für sich entschied. (c) H. Winter
Eine noch schnellere Zeit über die Halbmarathon-Distanz lief am 8. März der Kenianer Stanley Biwott beim City-Pier-City Loop in der niederländischen Hauptstadt Den Haag mit 59:20. Und eine Woche später gab es durch die Siege von Wilson Loyanae Erupe (KEN) in 2:06:11 beim Seoul International Marathon und von William Yegon (KEN) in Barcelona mit 2:08:16 sehr beachtliche Leistungen. Beim mittlerweile hochkarätigen Rom-Marathon war diesmal bei strömendem Regen nur eine Zeit von 2:12:23 durch Abebe Negefa (ETH) möglich.
Im April häuften sich innerhalb von zwei Wochen die hochklassigen Läufe des Frühjahrs. Zuvor siegte bereits am 5. April im (süd-)koreanischen Daegu der Äthiopier Girmay Birhanu in beachtlichen 2:07:26, und eine Woche später gab es beim Mailand Marathon ein kaum erwartetes Highlight, wo Kenneth Mungara (KEN) in 2:08:44 einen Masters-Weltrekord erzielte. Lauflegende Haile Gebrselassie hatte dort den Startschuss gegeben und gab einen Monat später nach dem Great Manchester Run seinen (endgültigen) Rücktritt vom Leistungssport bekannt. Haile hatte in letzter Zeit noch den Marathon-Masters-Weltrekord (40+) im Visier, den Andres Espinoza (MEX) 2003 mit 2:08:46 in Berlin aufstellte. Nun unterbot in Mailand ausgerechnet der am 7. September 2013 geborene Mungara diese Marke um 2 Sekunden.
Am gleichen Tag siegten in Paris Mark Korir (KEN) in 2:05:49 und Meseret Mengistu (ETH) in 2:23:24. In Rotterdam lagen 15 Läufer zur Hälfte in 1:02:05 nahe am Weltrekordkurs. Kräftiger Wind und schwindende Kräfte forderten ihren Tribut, Abera Kuma war am Ende in 2:06:46 noch der Beste. Und noch schlimmer erwischte es die Spitze beim Wien Marathon, wo der Äthiopier Sisay Lemma Kasaye in 2:07:31 die Leistungsbilanz eines Golden Label Events rettete, danach gab es mit Duncan Koech in 2:12:14 und der Siegerin Maria Neuenschwander (SUI) nur Mittelmaß. Auch die Vorjahressiegerin Anna Hahner auf Platz 5 in 2:30:50 konnte die Bilanz nicht aufbessern.
Siasay Lemma Kasaye (ETH) gewann in diesem Jahr die Marathonläufe in Wien und Frankfurt. (c) Veranstalter
Am 19. April konnten die Läufe in Enschede und Hannover mit Siegen von Evans Cheriuyot (KEN) in 2:09:40 und Jacob Ceshari (KEN) in 2:09:32 ihre Serie schneller Zeiten nicht fortsetzen, dafür meldete man aus San Antonio (Italien) mit dem Sieg von Robert Kipkemboi in gleichfalls 2:09:32 eine beachtliche Zeit. Auch in Zürich war mit 2:11:35 durch Edwin Kemboi der Höhenflug erst einmal vorbei, wobei sich das japanische Lauf-Unikum Yuki Kawauchi in bekannter Manier auf Platz 2 in 2:12:13 kämpfte. Das blieb dann auch die beste Zeit des Jahres für den eigenwilligen Japaner, der nach seiner Verletzung zu Silvester in Barcelona und unverminderten Startaktivitäten so langsam seinem Raubbau der Ressourcen Tribut zu zollen scheint.
Das japanische Lauf-Unikum und Vielstarter Yuki Kawauchi scheint seinen Raubbau der Ressourcen so langsam Tribut zu zahlen. Im Jahr 2015 lief er erstmals wieder keine Zeit von unter 2:12 Stunden. (c) H. Winter
Beim traditionellen Boston Marathon hielten sich die afrikanischen Topathleten merklich zurück, so dass heimische Läufer die Tempogestaltung übernahmen. Am Ende lagen aber doch die Afrikaner vorne. Lelisa Desisa (ETH) siegte in 2:09:17 nach Platz 2 im Januar in Dubai und Caroline Rotich gewann die Frauenkonkurrenz in 2:24:55. Der Sensationssieger des Vorjahres Meb Keflezighi (USA) landete diesmal nur auf Platz 8 in 2:12:42.
Lelisa Desisa (ETH) gewann nach Platz 2 in Dubai den Boston Marathon 2015. (c) H. Winter
Eine Woche später setzte man in Hamburg durch Lucas Rotich (KEN) in 2:07:17 das Niveau guter Siegerzeiten fort, während in Düsseldorf der (unfreiwillige) Verzicht auf ostafrikanische Topläufer Wirkung zeigte. Marius Ionescu (ROM) siegte in 2:13:19, da war man in den Vorjahren wesentlich schneller. Dafür schaffte man in Warschau durch die Verpflichtung des Siegers des Dubai Marathons Hayle Berhanu Lemi (ETH) in 2:07:57 eine beachtliche Zeit.
Der Höhepunkt des Frühjahrs war wieder der London Marathon, wo man bei Frauen sowie Männern die absolute Weltklasse an den Start brachte. Entsprechend hoch waren die Erwartungen, die sich aber bei den Frauen nicht in Ansätzen erfüllten. Hatte man im Vorfeld einen Angriff auf Zeiten in den Regionen einer Paula Radcliffe erwartet – die lief dort einen beeindruckenden „Abschieds-Marathon“ – , wurden diese Hoffnungen bereits beim Halbmarathon nach 1:11:43 enttäuscht.
“Goodbye and thank you, Paula!” Ihre Abschiedsvorstellung in London war grandios, ihr Marathon Weltrekord ist vermutlich für die Ewigkeit bestimmt. (c) H. Winter
Am Ende profitierte mit Tigist Tufa (ETH) eine Läuferin von dem moderaten Tempo, die keiner auf der Rechnung hatte. Dabei sorgte Tufa mit einer Bestzeit von immerhin 2:21:52 (Shanghai 2014) im Januar beim Dubai Marathon bis 35 km für Furore, wo sie als kurzfristige Nachmeldung lange auf Kurs von 2:18 Stunden vor dem Feld herlief, dann aber aufgab. In London konnte ihrem Antritt 7 km vor dem Ziel keine Kontrahentin mehr folgen, sie gewann deutlich in allerdings angesichts des Starterfeldes enttäuschenden 2:23:22. Paula schaffte zum Abschied recht locker gelaufene 2:36 Stunden.
Tigist Tufa gewann etwas überraschend den London Marathon gegen das vermeintlich stärkste Marathonfeld der Geschichte. (c) H. Winter
Bei den Männern entwickelte sich nach der Hälfte in 1:02:19 ein beeindruckendes Ausscheidungsrennen im Showdown der (kenianischen) Topstars der Szene Wilson Kipsang (Vorjahresssieger, Ex-Weltrekordler, 2:03:23), Dennis Kimetto (Weltrekordler, 2:02:57) und Eliud Kipchoge (Chicago-Sieger 2014, 2:04:05). Eliud Kipchoge gewann in sehr guten 2:04:42, wobei er den letzten km in phänomenalen 2:41 lief und nach seinem Sieg beim Berlin Marathon Ende September der aktuell wohl stärkste Marathon-Läufer der globalen Szene sein dürfte. In der Bestenliste des Jahres 2015 belegt der Kenianer, der erst eine klassische Bahn-Karriere hinter sich brachte, die Plätze 1 und 2. Das besagt eigentlich alles.
Mit einem Lächeln im Gesicht eilt Eliud Kipchoge (KEN) auch in London zum Sieg. Aktuell dürfte er der stärkste Läufer im globalen Ranking sein. (c) H. Winter
Am 3. Mai siegten in Prag Felix Kandie (KEN) in 2:08:32 und Yebrgual Melese (ETH) in 2:23:49, Ende Mai schafften im kanadischen Ottawa die äthiopischen Sieger Girmay Birhanu in 2:08:14 und Abebech Afework 2:23:53 ähnlich gute Zeiten. Zwischendrin gab es am 10. Mai bei den BIG25 über die selten gelaufene Distanz von 25 km einen Weltrekordangriff von Abraham Cheroben (KEN), der aber mit guten 1:12:31 im kräftigen (Gegen-)Wind im zweiten Teil scheiterte. Beachtlich war zudem die Zeit der Siegerin von 1:21:55 durch Sutume Kebede (ETH).Abraham Cheroben siegte über 25 km bei den BIG25 in Berlin in 1:12:31. Im Jahr 2015 war niemand auf dem Globus schneller als er. (c) H. Winter
Am 13. Juni lief Abayuch Woldegiorgis (ETH) im chinesischen Langzhou am Ufer des Gelben Flusses mit 2:10:10 einen Streckenrekord, und einen Monat später am 5. Juli blieben an der australischen Gold Coast gleich 3 Läufer unter dem Streckenrekord von 2:09:14. Kenneth Mungara gewann in 2:08:42 und steigerte seinen Masters-Weltrekord vom April um weitere 2 Sekunden. Weiterhin ist die Siegerzeit die schnellste jemals im Monat Juli gelaufene Zeit, die man sich zuvor mit Jörg Peter und dem Marathon in Berlin Grünau teilte.
Kenneth Mungara (KEN) lief an der australischen Gold Coast einen neuen Masters-Weltrekord im Marathon der Männer und ist nun der schnellste Läufer im Monat Juli. (c) Veranstalter
Die Marathonszene im (Hoch-)Sommer bestimmten dann die Marathonläufe im Rahmen der WM in der chinesischen Hauptstadt Beijing, wo besonders der Lauf der Männer (wieder) unter weitgehend irregulären äußeren Bedingungen stattfand. Warum die IAAF seine Athleten immer wieder derart extremen Bedingungen aussetzt, bleibt ein Rätsel. Irgendwann sollten die Herren auch einmal an die Gesundheit ihrer Schützlinge denken als an die Einschaltquoten in relevanten Zeitzonen auf dem Globus. In einem Rennen unter dem Motto „survival of the fittest“ stiegen etliche Favoriten aus, so auch Kenias Topstars Dennis Kimetto und Wilson Kipsang, und am Ende sorgte der erst 19jährige Ghirmay Gebreslassie aus Eriträa mit seinem Titelgewinn in 2:12:27 für eine große Überraschung. Für die Laufnation Kenia gerieten die Titelkämpfe zum Desaster, Mike Kigen endete in indiskutablen 2:21 Stunden auf Platz 22.
Ghirmay Ghebreslassie (ERI) wurde überraschend neuer Marathon Weltmeister bei der WM in Beijing. (c) ZDF – Screenshot
Bei den Frauen gewann die Äthiopierin Mare Dibaba ein Sprintfinale gegen drei Konkurrentinnen in 2:27:35, eine Sekunde später rettete Helah Kiprop die Ehre Kenias mit der Silbermedaille. Bei den Langstrecken auf der Bahn glänzte der Brite Mo Farah ein weiteres Mal bei internationalen Meisterschaften und gewann nahezu problemlos sowohl die 5000 m und 10000 m gegen die verbissene Gegenwehr der kenianischen Konkurrenz.
Die Rennen der Herbstsaison begannen mit einem schnellen Halbmarathon beim Great North Run im englischen Newcastle, wo Mo Farah sich in 59:23 knapp gegen Stanley Biwott durchsetzte. Als neuer Europarekord kann die Zeit aber wegen der Punkt-zu-Punkt-Strecke keine Anerkennung finden. Ein Jahr nach der WM in Kopenhagen lief dort der in Japan lebende Kenianer Bedan Karoki mit 59:14 eine Jahres-Weltbestzeit, die dann im Oktober Abrahm Cheroben (KEN) auf 59:10 verbesserte. Somit unterbot im Jahr 2015 kein Läufer die 59 Minuten über die halbe Marathondistanz.
Der Brite Mo Farah hatte wieder eine sehr erfolgreiche Saison mit einem Doppelsieg über 5000 m und 10000 m auf der Bahn und Siegen im Halbmarathon.
Leistungssportlicher Höhepunkt des Jahres war einmal mehr der Berlin Marathon, wo es zwar keinen neuen Weltrekord gab, Gladys Cherono (KEN) mit 2:19:25 als auch Eliud Kipchoge (KEN) mit 2:04:00 liefen jedoch globale Jahresbestmarken. Unvergessen wird dabei das Problem der weit herausgerutschten Innensohlen bei den Schuhen Kipchoges bleiben, das dem Kenianer bei seiner Tempojagd am Ende wertvolle Zeit gekostet haben mag.
Gladys Chreono (KEN) war die schnellste Läuferin des Jahres 2015. (c) H. Winter
Am gleichen Tag lief im chinesischen Hengshui Ernest Ngeno (KEN) beachtliche 2:07:57, noch schneller war eine Woche zuvor in Kosice ein wieder erstarkter Samuel Kosgei (KEN) in 2:07:07. Für die Posse des Jahre sorgte diesmal sicher der Chicago Marathon, der sich nach den überaus erfolgreichen Tempojagden der letzten Jahre recht unvermittelt entschloss, auf die Tempomacher („rabbits“) zu verzichten. Die ganze Sache endete fast in einem Desaster, die Männer verschleppten das Tempo im ersten Teil mit über 65 Minuten für die erste Hälfte, so dass auch mit einer erheblichen Temposteigerung der Sieger Dickson Chumba (KEN) nur noch eine Zeit von 2:09:25 erzielen konnte.
Ein weiteres Bild des Jahres: In Chicago gab es keine “Rabbits” mehr. Das Tempo in der ersten Hälfte war sehr moderat, so dass auch Läufer vorne agierten, die man ansonsten dort nicht findet. Am Ende blieb man über 5 Minuten hinter den Zeiten der Vorjahre zurück und das Rennen war auch nicht spannender als zuvor. Enttäuschend! (c) S. Harnett
Auch die groß angekündigte Tempojagd der Weltrekordlerin über die halbe Distanz fand nicht statt, Florence Kiplagat (KEN) gewann in kaum zufriedenstellenden 2:23:23. Da machten es die Läufer in Eindhoven und koreanischen Gyeongju weit besser, wo Stephen Chebogut (KEN) in 2:05:52 den Streckenrekord knapp verpasste bzw. Wilson Loyanae (KEN) 2:07:11 schaffte. Am gleichen Tag lief bei den GRAND10 in Berlin die Kenianerin Gladys Chesire die 10 km in 30:41, so schnell war in diesem Jahr keine Frau zuvor.
Die Vorboten des Winters verhinderten am 18. Oktober im kanadischen Toronto bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bessere Zeiten, Ishimael Chemtan (KEN) gewann nach 2:09:00. Und auch in Amsterdam verhinderte das Wetter beim Sieg von Bernard Kipyego (KEN) in 2:06:19 noch bessere Zeiten. Auf deutschem Boden gab es beim Frankfurt Marathon am 25. Oktober ein Highlight durch die Verbesserung des 27 Jahre alten deutschen Marathon-Rekords durch Arne Gabius auf 2:08:33, der sich damit in die europäische Elite lief. Dabei wurde es für Arne am Ende noch richtig knapp, weil er nach einer schnellen ersten Hälfte in 1:03:17 nach 25 km erhebliche Problem bekam und das Tempo zurücknehmen musste. Auf dem letzten km mobilisierte er noch einmal letzte Reserven und mit 2:59 für den Abschnitt von 41 km nach 42 km vor der Festhalle vollendete er einen großartigen Auftritt beim Lauf ohne Titelsponsor. Der Gewinner von Wien Sisay Lemma Kasaye (ETH) gewann in guten 2:06:26 auch am Main, wobei er eine sogar noch bessere Zeit durch einen aberwitzigen Zwischenspurt jenseits der 25 km, der am Ende viel Substanz kostete, verspielte.
Arne Gabius sorgte beim Frankfurt Marathon Ende Oktober für eines der Glanzlicher. Mit 2:08:33 löschte er nach gut 27 1/2 Jahren den deutschen Rekord des Dresdners Jörg Peter (2:08:47) aus. (c) H. Winter
Am gleichen Tag wie Frankfurt lief Julius Chepkwony (KEN) über die vielen Brücken Venedigs beachtliche 2:11:08, im chinesischen Heifei lief der Sieger Marius Kipserem (KEN) sogar 2:09:23 und noch schneller lief mit 2:08:19 Limena Gatachew (ETH) beim Ljubljana Marathon, den ein deutscher, Abgaswerte manipulierender Automobilkonzern sponsorte.
Am 1. November kamen beim TCS New New City Marathon mit 49828 Finisher wieder die meisten Läufer ins Ziel, zur Marke vom Vorjahr fehlten aber fast 1000 Aktive. Übrigens schoben sich bei diesen Zahlen Paris mit 40259 Absolventen und London mit 37644 auf die Plätz 2 und 3, Chicago fiel mit 37420 Finishern auf den vierten Platz zurück. Sportlich hatte der Lauf in NYC zwei sehr unterschiedliche Hälften, die durch sehr moderates Tempo in den ersten Parts bei Männern und Frauen (ohne Tempomacher) charakterisiert war. Dann “explodierte” das Rennen regelrecht, bei den Frauen lief Mary Keitany (KEN) unangefochten wie im Vorjahr in 2:24:25 zum Sieg, bei den Männern setzte sich ihr Landsmann Stanley Biwott in bescheidenen 2:10:34 durch. Dabei lief Biwott allerdings die letzten 10 km von der 20 Meilen-Marke bis ins Ziel in phänomenalen 28:35 auf dem nicht einfachen Kurs an der Peripherie des Central Parks.
Damit waren die Siegerzeiten in allen World Marathon Majors Rennen in den USA recht bescheiden: Boston (2:09:17), Chicago (2:09:25), New York City (2:10:34). “Majors” und die damit implizierte “Elite” liegen sicherlich in einem anderen Zeitregime, das mittlerweile an vielen Stellen auf dem Globus auch 2015 erreicht wurde. Nur eben in der Eliteliga der Majors nicht. Berlin und London halten diesbezüglich die Standards hoch, Tokyo liegt im Mittelfeld; im Leistungsniveau wohl gemerkt.
Die Erstplatzierten beim New York City Marathon am 1. November 2015: Tufa, Keitany und Mergia mit Tochter (von links). (c) Veranstalter
Auf einem ganz anderem (Leistungs-)Niveau ging der Marathon im spanischen Valencia über die Bühne, in dem von Anfang an ein hohes Tempo angeschlagen wurde. Als Lohn gab es eine Flut von Topzeiten, mit denen selbst der Fünfte in Valencia die Rennen in Boston, Chicago oder New York City gewonnen hätte. Am Ende war John Mwangangi (KEN) in tollen 2:06:13 der Schnellste, womit er nicht nur den Streckenrekord um eine Minute verbesserte, sondern auch die beste Zeit auf spanischem Boden erzielte. Fünf Läufer im Marathon unter 2:09 Stunden und einige Wochen zuvor die schnellste Zeit des Jahres 2015 im Halbmarathon belegen, dass die Veranstaltung in der Weltspitze angekommen ist.
John Mwangangi (KEN) lief in Valencia einen hochkarätigen Streckenrekord. (c) Veranstalter
Doch nicht nur in Valencia wurde am Ende einer langen Saison sehr schnell gelaufen. In Shanghai unterbot Paul Lonyangata (KEN) in 2:07:14 den Streckenrekord, beim JoongAn Seoul Marathon lief der Äthiopier Tabalu Zawude 2:08:46, in Nizza-Cannes siegte Barnabas Kiptum in 2:10:44 und in einer Krisen geschüttelten Region gewann Jackson Limo (KEN) den Beirut Marathon mit Streckenrekord von 2:11:04.
Beim “Great Ethiopian Run” in Addias Abeba nahm die Lauflegende Haile Gebrselassie barfuß laufend seinen (endgültigen?) Abschied vom Laufsport. Am gleichen Tag gewann der Tempomacher Norbert Kigen (KEN) den La Rochelle Marathon in 2:09:24 und auch in Florenz blieb der Sieger Megersa Beyu in 2:09:54 unter 2:10 Stunden. Und der Halbmarathon im Smog der indischen Hauptstadt Delhi brachte wie im Vorjahr wieder eine Flut von Topleistungen. Wieder liefen fünf Läufer unter 59:30 und belegen damit Plätze in den Top10 des weltweiten Rankings des Jahres 2015. Es siegte Birhanu Legese (ETH) in 59:20, nachdem man lange auf Kurs von einer Zeit unter 59 Minuten lag. Dritter wurde übrigens ein wieder erstarkter Weltrekordler über diese Distanz Zersenay Tadese in 59:24. Bei den Frauen gewann Cynthia Limo (KEN) in 1:08:35, die hoch eingeschätzte Weltrekordlerin Florence Kiplagat stieg nach gut 5 km aus dem Rennen aus.
Birhanu Legese gewann den Halbmarathon am 29. November 2015 in der indischen Hauptstadt Delhi in 59:20. (c) Veranstalter
Anfang Dezember machte dann der Marathon im chinesischen Guangzhou von sich reden, denn mit dem Streckenrekord von 2:09:57 lief der Äthiopier Sentayehu Ejigu eine beachtliche Zeit. Eine weit bessere Zeit sollte es am gleichen Tag bei den mit Traditonen beladenen “Fukuoka Marathon International Championchips” geben, wo die Veranstalter im Vorfeld vieles getan haben, um den Streckenrekord und den japanischen All-Comers-Rekord von 2:05:18 (Tsegaye Kebede 2009) zu steigern. Den Weltrekordler Dennis Kimetto sowie Ex-Weltrekordler Patrick Makau (beide KEN) hatte man eingeladen, um endlich bei einem der ehemals bedeutendsten Marathon Topzeiten internatoinaler Klasse zu erzielen.
Dabei wich man sogar vom sturen Konzept (ausbremsender) Tempomacher ab, genutzt haben die ganzen Aktionen allerdings nichts. Topstar Kimetto, in bester Form angereist, zerrte sich schon nach 2 km den Oberschenkel und stieg bald darauf aus. Die geplanten Abläufe kamen völlig durcheinander und das Tempo brach immer mehr ein. Patrick Makau (dessen überaus sympathischer Manager Zane Branson Mitte 2015 unerwartet verstarb) tat nur noch was nötig war, als Erster ins Stadion zu kommen, und gewann deutlich in 2:08:18, gerade einmal 4 Sekunden schneller als bei seinem Sieg an gleicher Stelle im Jahr zuvor. Für Lauf-Unikum Yuki Kawauchi erfüllten sich die Träume einer Teilnahme bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio nicht. Noch nicht völlig regeneriert vom Substanzverlust beim New York City Marathon ging er mit 30 Minuten für die ersten 10 km in der Spitzengruppe für seine Verhältnisse viel zu schnell an, um im Mittelteil gewaltig einzubrechen. Rio ade!
Patrick Makau gewann in 2:08:18 zum zweiten Mal in Fukuoka. (c) H. Winter
Eine Woche nach dem Fukuoka Marathon hätte es beim Honolulu Marathon auf Hawaii durch kenianische Athleten fast neue Streckenrekorde gegeben. Felix Kiprotich siegte bei den Männern in 2:11:47 und bei den Frauen lag Joyce Chepkirui in 2:28:34 als Gesamtsiebte(r) vorn. Und beim letzten bedeutenden Marathon des Jahres im japanischen Hofu feierte der japanische Topläufer Arata Fujiwara ein beachtliches Comeback in 2:11:50. Aber fast noch beachtlicher war die Zeit, die Yuki Kawauchi zwei Wochen nach der völligen Erschöpfung in Fukuoka mit 2:12:24 aufs Pflaster legte. Das war in seinem 14. (!) Marathon des Jahres immerhin seine zweitbeste Zeit. Schneller als beim Fukuoka Marathon!
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass auch das Jahr 2015 in der globalen Straßenlaufszene in allen Belangen ereignisreich war. Die angestrebten Weltrekorde beschränkten sich dieses Jahr auf den Halbmarathon der Frauen sowie auf das Masters-Segment. Im Marathon zeigte sich, dass nun auch bei den Männern die Bestmarke von solcher Qualität ist, dass es in naher Zukunft keine weitere Verbesserung geben dürfte. Die zum Teil wenig fundiert geführte Diskussion um den “2-Stunden-Marathon” war 2015 eher akademischer Natur; man wird vermutlich noch lange auf eine männliche “Paula” warten müssen.
Viel dringlicher wird es schon 2016 sein, sich den aktuellen und sehr akuten Problemen der Straßenlaufszene zu stellen. Da ist zum einen natürlich die Problematik des Dopings, die leider von den Medien mit übermäßiger Sensationslust aufgegriffen wurde und dem Sport nachdrücklich schadet. Profunder Journalismus sieht jedenfalls anders aus.
Doch es gibt noch viele weitere Baustellen, von denen die überzogenen DLV-Normen für Olympia im kommenden Jahr fast noch ein Nebenschauplatz sind. Denn die Bedeutung Olympischer Marathonläufe wird schlichtweg überschätzt.
Ein gravierendes Problem für den leistungsorientierten Straßenlauf der Zukunft dürften die Entwicklungen sein, die auch 2015 unvermindert ihren Vormarsch fortgesetzt haben und die Bedeutung von Eliteathleten für eine Veranstaltung in Frage stellen. Immer mehr Veranstalter verzichten bewußt oder äußeren Zwängen folgend zunehmend auf die Verpflichtung meist ostafrikanischer Eliteläufer/innen. Ein Blick in die Szene deutet an, dass diese Entwicklungen bedrohlich voranschreiten. Man darf sehr gespannt sein, wie sich diese Problematik – verbunden mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze für Topathleten – 2016 entwickeln wird. Einer der größten globalen Veranstalter, die Competitor Group in den USA mit ihren Rock´n´Roll Marathonserien nahm auch 2015 sehr sichtbar immer mehr Abschied von alten Prinzipien. So gewann z.B. in San Diego ein Freizeitläufer eine halbe Stunde über dem Streckenrekord den ehemals prestigeträchtigen Marathon.
Die im folgenden aufgelisteten Bestlisten des Jahres 2015 im Marathon und Halbmarathon der Männer sowie Frauen zeigen allerdings noch ein erfreuliches Leistungsniveau höchster Qualität.
Auszüge dieses Beitrags sind im aktuellen Heft der Zeitschrift “RUNNING – Das Laufmagazin” 1/2016 (Nr. 171) auf den Seiten 94 – 102 publiziert.
Quelle der Weltjahres-Bestenlisten: IAAF