Auch der Monat März war in der Tat ereignisreich. Nachdem am Lake Biwa im japanischen Otsu der Kenianer Samuel Ndungu den dortigen Traditions-Marathon (Gold Label der IAAF) in 2:09:08 mit großen Vorsprung gewinnen konnte, gab es eine Woche später im nur unweit gelegenen Nagoya eine neue globale Rekordmarke. Die Russin Mariya Konovalova wurde beim Nagoya-Marathon zwar nur hinter Eunice Kirwa (KEN, 2:22:08) in 2:22:27 Zweite. Diese Zeit bedeutete aber für die im August 1974 geborene Russin einen neuen Masters-Weltrekord im Marathon der Frauen.
Die Russin Mariya Konovalova lief beim Nagoya Marathon in 2:22:27 einen neuen Marathon-Masters-Weltrekord für Frauen. (c) H. Winter
Bemerkenswert für das erste Halbjahr 2015 war dabei, dass dieser Rekord auch bei den Männern fiel. Und dies gleich zweimal: Im April und im Juli jeweils durch den Kenianer Kenneth Mungara.
Lauflegende Mo Farah bei der Pressekonferenz des Halbmarathons in Lissabon. Anschließend gewann er den Lauf und schaffte mit 59:32 einen neuen Europarekord. (c) Veranstalter
Einen Europarekord lief nach einem kuriosen Rennverlauf der Brite Mo Farah beim Lissaboner Halbmarathon in 59:32. Dabei lag der Topstar der Langstreckenszene auf der Bahn schon scheinbar abgeschlagen zurück, bevor er im Spurt an einer weiteren Größe der Bahnleichtathletik, dem Kenianer Micah Kogo, vorbeizog. Den Halbmarathon in Prag gewannen Daniel Wanjiru (KEN) in 59:51 und Worknesh Degefa (ETH) in 1:07:14, und der Weltrekordversuch über die gleiche Distanz in Berlin durch den Schnellsten des Vorjahres, Abraham Cheroben (KEN), war durch starken Wind schon früh zum Scheitern verurteilt. Am Ende war hier Birhane Legesse (ETH) in 59:45 vorne, Cheroben wurde Dritter. Die Jagd des neuen Stars der deutschen Straßenlaufszene Arne Gabius auf den deutschen Rekord von Carsten Eich (1:00:30) scheiterte an Magenkrämpfen nach 11 km.
Arne Gabius musste beim Berliner Halbmarathon nach Magenbeschwerden das Tempo nach 11 km herausnehmen. (c) H. Winter
Die bisher schnellste Zeit des Jahres über die Halbmarathon-Distanz lief am 8. März der Kenianer Stanley Biwott beim City-Pier-City Loop in der niederländischen Hauptstadt Den Haag mit 59:20. Und eine Woche später gab es durch die Siege von Wilson Loyanae Erupe (KEN) in 2:06:11 beim Seoul International Marathon und von William Yegon (KEN) in Barcelona mit 2:08:16 sehr beachtliche Leistungen. Beim mittlerweile hochkarätigen Rom-Marathon war diesmal bei strömendem Regen nur eine Zeit von 2:12:23 durch Abebe Negefa (ETH) möglich.
Abebe Negefa (ETH) gewann im strömenden Regen den Rom Marathon. (c) Veranstalter
Traditionell häufen sich dann im April innerhalb von zwei Wochen die hochklassigen Läufe des Frühjahrs. Zuvor siegte bereits am 5. April im (süd-)koreanischen Daegu der Äthiopier Girmay Birhanu in beachtlichen 2:07:26, den Streckenrekord von immerhin 2:06:51 schaffte er damit aber nicht. Eine Woche später gab es dann kaum erwartet das nächste Highlight des Jahres: Beim Mailand Marathon siegte Kenneth Mungara in 2:08:44. Paradoxerweise hatte dort Lauflegende Haile Gebrselassie den Startschuss gegeben, der dann einen Monat später nach dem Great Manchester Run seinen (endgültigen) Rücktritt vom Leistungssport bekanntgab. Dort beendete er den Lauf über10 km in 30:05 auf Platz 16, der Sieger Stephen Sambu (KEN) war da mit 27:30 schon lange im Ziel. Haile hatte in letzter Zeit noch den Marathon-Masters-Weltrekord (40+) im Visier, den Andres Espinoza (MEX) 2003 mit 2:08:46 in Berlin aufstellte. Nun unterbot in Mailand ausgerechnet der am 7. September 2013 geborene Mungara diese Marke um 2 Sekunden.
In offiziellen 2:05:49 gewann Mark Korir (KEN) den Paris Marathon 2015. (c) H. Winter
Am gleichen Tag siegten in Paris Mark Korir (KEN) in 2:05:49 und Meseret Mengistu (ETH) in 2:23:24 und in Rotterdam lagen 15 Läufer zur Hälfte in 1:02:05 auf Weltrekordkurs. Kräftiger Wind und schwindende Kräfte forderten ihren Tribut, Abera Kuma war am Ende in 2:06:46 noch der Beste. Und noch schlimmer erwischte es die Spitze beim Wien Marathon, wo der Äthiopier Sisay Lemma in 2:07:31 die Leistungsbilanz eines Golden Label Events rettete, danach gab es mit Duncan Koech in 2:12:14 und der Siegerin Maria Neuenschwander (SUI) nur Mittelmaß. Und auch Vorjahressiegerin Anna Hahner auf Platz 5 in 2:30:50 konnte das kaum ändern.
Am 19. April konnten die Läufe in Enschede und Hannover mit Siegen von Evans Cheriuyot (KEN) in 2:09:40 und Jacob Ceshari (KEN) in 2:09:32 ihre Serie schneller Zeiten nicht fortsetzen, dafür meldete man aus San Antonio (Italien) mit dem Sieg von Robert Kipkemboi in gleichfalls 2:09:32 eine beachtliche Zeit. Auch in Zürich war mit 2:11:35 durch Edwin Kemboi der Höhenflug erst einmal vorbei, wobei sich das japanische Lauf-Unikum Yuki Kawauchi in bekannter Manier auf Platz 2 in 2:12:13 kämpfte. Das war dann auch die bislang beste Zeit des Jahres für den eigenwilligen Japaner, der nach seiner Verletzung zu Silvester in Barcelona und unverminderten Startaktivitäten so langsam seinem Raubbau der Ressourcen Tribut zu zollen scheint.
Lelisa Desisa (ETH) gewann nach Platz 2 in Dubai den Boston Marathon 2015. (c) H. Winter
Beim traditionellen Boston Marathon hielten sich die afrikanischen Topathleten merklich zurück, so dass heimische Läufer die Tempogestaltung übernahmen. Am Ende lagen aber doch die Afrikaner vorne. Lelisa Desisa (ETH) siegte in 2:09:17 nach Platz 2 im Januar in Dubai und Caroline Rotich gewann die Frauenkonkurrenz in 2:24:55. Der Sensationssieger des Vorjahres Meb Keflezighi (USA) landete diesmal auf Platz 8 in 2:12:42.
Eine Woche später setzte man in Hamburg durch Lucas Rotich (KEN) in 2:07:17 das Niveau guter Siegerzeiten fort, während in Düsseldorf der (unfreiwillige) Verzicht auf ostafrikanische Topläufer Wirkung zeigte. Marius Ionescu (ROM) siegte in 2:13:19, da war man in den Vorjahren wesentlich schneller. Der deutsche Läufer André Pollmächer lag nach der Hälfte in 1:05:52 noch gut im Rennen, musste dann aber nach 26 km mit Fußproblemen aufgeben. Dafür schaffte man in Warschau durch die Verpflichtung des Siegers des Dubai Marathons Hayle Berhanu Lemi (ETH) in 2:07:57 eine beachtliche Zeit.
Die Männer für das Podium nach dem Warschau Marathon. In der Mitte der Sieger Lemi Berhanu Hayle oder Hayle Lemi Berhanu oder Berhanu Lemi … (c) Veranstalter
Der Höhepunkt des Frühjahrs war natürlich wieder der London Marathon, wo man bei Frauen sowie Männern wieder die absolute Weltklasse an den Start brachte. Entsprechend hoch waren die Erwartungen, die sich aber vor allem bei den 50 Minuten früher gestarteten Frauen nicht in Ansätzen erfüllten. Hatte man im Vorfeld durch das Aufeinandertreffen der aktuell besten Marathon-Läuferinnen einen Angriff auf Zeiten in den Regionen einer Paula Radcliffe erwartet – die war übrigens auch am Start und lief einen beeindruckenden „Abschieds-Marathon“ – , so war schon jenseits der 10 km klar, dass diese Hoffnungen arg enttäuscht wurden. Beim Halbmarathon nach 1:11:43, lag man bereits etwa 3 Minuten hinter den Vorgaben. Am Ende profitierte mit Tigist Tufa (ETH) eine Läuferin von dem moderaten Tempo, die keiner auf der Rechnung hatte.
Tigist Tufa (ETH) gewann etwas überraschend aber nicht minder souverän den London Marathon bei den Frauen. (c) H. Winter
Dabei sorgte Tufa mit einer Bestzeit von immerhin 2:21:52 (Shanghai 2014) im Januar beim Dubai Marathon bis 35 km für Furore, wo sie als kurzfristige Nachmeldung lange auf Kurs von 2:18 Stunden vor dem Feld herlief, dann aber aufgab. In London war das diesmal anders, als sie im Tunnel 7 km vor dem Ziel antrat, konnte keine Kontrahentin folgen und Tufa gewann deutlich in allerdings angesichts der hohen Erwartungen schon enttäuschenden 2:23:22. Das sind immerhin 3 ½ Minuten hinter der besten Zeit des Jahres und noch mehr zu Paulas Fabelzeiten, die diesmal zum Abschied recht locker 2:36 Stunden schaffte.
Eliud Kipchoge (KEN) gewann den London Marathon 2015. (c) H. Winter
Das Rennen der Männer verlief auf deutlich höherem Niveau, obwohl auch hier nach der Hälfte in 1:02:19 eine Zeit in Weltrekordnähe nicht mehr zu schaffen war. Dafür entwickelte sich ein beeindruckendes Ausscheidungsrennen, in dem es zum Showdown der (kenianischen) Topstars der Szene kam: Wilson Kipsang (Vorjahresssieger, Ex-Weltrekordler, 2:03:23), Dennis Kimetto (Weltrekordler, 2:02:57) und Eliud Kipchoge (Chicago-Sieger 2014, 2:04:05). Am Ende setzte sich nicht ganz unerwartet Eliud Kipchoge in sehr guten 2:04:42 durch, wobei er den letzten km in phänomenalen 2:41 lief, auch 6:13 von der 40 km-Marke ins Ziel waren bemerkenswert. Somit reichte es für Wilson Kipsang in 2:04:47 diesmal nur zu Platz 2 und der nicht ganz fitte Weltrekordler Kimetto lag mit 2:05:50 deutlich dahinter.
Ex-Weltrekordler und London Champion 2014 wurde Zweiter in London. (c) H. Winter
Insbesondere der Schlussteil dieses Laufs – großartig im TV von der BBC in Szene gesetzt – war sicherlich einer der Höhepunkte des Frühjahrs, und ferner ist die Siegerzeit von Kipchoge die weiterhin schnellste Zeit des Jahres im Marathon der Männer.
Ab Mai „dünnen“ dann die hochkarätigen Marathonläufe aus. Am 3. Mai siegten in Prag Felix Kandie (KEN) in 2:08:32 und Yebrgual Melese (ETH) in 2:23:49 und Ende Mai lief man im kanadischen Ottawa in ähnlichen Dimensionen mit den äthiopischen Siegern Girmay Birhanu in 2:08:14 und Abebech Afework in 2:23:53. Zwischendrin gab es am 10. Mai bei den BIG25 über die selten gelaufene Distanz von 25 km einen Weltrekordangriff von Abraham Cheroben (KEN), der aber mit guten 1:12:31 im kräftigen (Gegen-)Wind im zweiten Teil scheiterte. Beachtlich war zudem die Zeit der Siegerin von 1:21:55 durch Sutume Kebede (ETH).
Sutume Kebede (ETH) war die schnellste Frau bei den BIG25 2015. (c) H. Winter
Am 13. Juni lief Abayuch Woldegiorgis (ETH) im chinesischen Langzhou am Ufer des Gelben Flusses mit 2:10:10 einen Streckenrekord, und der fiel auch einen Monat später am 5. Juli an der australischen Gold Coast. Dort blieben gleich 3 Läufer unter dem Streckenrekord von 2:09:14. Kenneth Mungara gewann in 2:08:42 und steigerte damit seinen Masters-Weltrekord um weitere 2 Sekunden. Ferner lief niemand bisher auf australischem Boden als auch im Monat Juli schneller. Yuki Kawauchi gewann diesen Lauf noch im Jahr 2013, diesmal endete der wackere Japaner in schwachen 2:16:23 nur auf Platz 8.
Kenneth Mungura (KEN) verbesserte beim Marathon an der australischen Gold Coast den Masters-Marathon-Weltrekord zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate. (c) H. Winter
Somit war das erste Halbjahr 2015 der internationalen Straßenlaufszene in der Tat wieder sehr ereignisreich und mit den hochkarätig besetzten WM-Marathons im August in Beijing sowie danach den Stadtmarathons in Berlin, Chicago, Frankfurt, New York, etc. wird auch die zweite Hälfte des Jahres 2015 sicher wieder die hohen Erwartungen erfüllen.
Die TOP10 im Marathon der Männer 2015 (Quelle: IAAF)
1. Eliud Kipchoge KEN 2:04:42 London, 26.April
2. Wilson Kipsang KEN 2:04:47 London, 26. April
3. Berhanu Lemi ETH 2:05:28 Dubai, 23. Januar
4. Mark Korir KEN 2:05:49 Paris, 12. April
5. Dennis Kimetto KEN 2:05:50 London, 26. April
6. Lelisa Desisa ETH 2:05:52 Dubai, 23. Januar
7. Endeshaw Negesse ETH 2:06:00 Tokyo, 22. Februar
8. Deribe Robi ETH 2:06:06 Dubai, 23. Januar
9. Wilson Erupe KEN 2:06:11 Seoul, 15. März
10. Moses Mosop ETH 2:06:19 Xiamen, 3. Januar
Die TOP10 im Marathon der Frauen 2015 (Quelle: IAAF)
1. Mare Dibaba ETH 2:19:52 Xiamen, 3. Januar
2. Aselefech Mergia ETH 2:20:02 Dubai, 23. Januar
3. Gladys Cherono KEN 2:20:03 Dubai, 23. Januar
4. Lucy Kabuu KEN 2:20:21 Dubai, 23. Januar
5. Shure Demise ETH 2:20:59 Dubai, 23. Januar
6. Aberu Kebede ETH 2:21:17 Dubai, 23. Januar
7. Mulu Seboka ETH 2:21:56 Dubai, 23. Januar
8. Eunice Kirwa KEN 2:22:08 Nagoya, 8. März
9. Tatjana Shmyrko UKR 2:22:09 Osaka, 25. Januar
10. Mariya Konovalova RUS 2:22:27 Nagoya, 8. März