Wie die Veranstalter des Standard Chartered Dubai Marathon heute morgen bekannt machten, wird der äthiopische Superstar der Laufszene Kenenisa Bekele am 20. Januar 2017 im Vereinigten Arabischen Emitrat (VAE) Dubai an den Start über die Marathondistanz gehen. Der dreifache Olympiasieger, mehrfache Weltmeister über die Bahnlangstrecken und im Crosslauf sowie Weltrekordkordler über 5000 m und 10000 m auf der Bahn (insgesamt 16 Titel) ist spätestens seit dem Berlin Marathon im September 2016 auch im Marathonlauf in der absoluten Weltspitze angekommen. In einer Zeit von 2:03:03 verpasste der Ausnahmeläufer im denkwürdigen Duell mit Wilson Kipsang den aktuellen Weltrekord von Dennis Kimetto um ganze 6 Sekunden und beendete damit eine mehr als zweijährige Phase, in der die Anpassung an die lange Strecke und vor allem hartnäckige Probleme im Achillessehnen-Bereich hochklassige Zeiten verhinderten.
Kenenisa Bekele (ETH) geht beim Dubai Marathon am 20. Januar 2017 auf die Jagd nach dem Marathon-Weltrekord. (c) H. Winter
Es steht außer Frage, dass – nach dem verletzungsbedingten Austieg beim Dubai Marathon vor zwei Jahren – nun ein realistischer Angriff auf die globale Bestmarke erfolgen wird. Im Gegensatz zu 2015 wird Bekele mit ungleich höherer Fitness, keinen gesundheitlichen Problemen und optimierten Trainingsabläufen am 20. Januar um 6:30 Uhr an der Startlinie stehen. Aktuell ist bereits Asefa Tsegaye Mekonnen vor einigen Wochen als einer seiner Konkurrenten bekannt gemacht worden, der als 18jähriger den Lauf im Emirat im Jahr 2014 in 2:04:32 gewann; das war damals bei der Premiere auf der neuen Strecke ein (inoffizieller) Junioren-Weltrekord. In letzter Zeit war allerdings das Leistungsprofil des jungen Äthiopiers durchwachsen, zuletzt musste er beim Berlin Marathon die Konkurrenz nach gut der Hälfte ziehen lassen und erreichte das Ziel nicht. Im letzten Jahr konnte er allerdings in Dubai das hohe Tempo bis kurz vor Schluss mitgehen und wurde in guten 2:04:45 Dritter.
In “guter” Tradition wird erwartungsgemäß wieder eine ganze Horde junger äthiopischer Nachwuchsläufer zusammen mit erfahrenen Tempomacher an den Start gehen und das Rennen von Anfang an in das Regime eines Tempos auf Weltrekordniveau bringen. Das war schon in den letzten Jahren mehrmals der Fall. In diesem Jahr besteht bei der Klasse von Bekele, wie er sie zuletzt in Berlin zeigte, die große Chance, dieses Tempo auch bis ins Ziel in der Umm Suqueim Road durchzuhalten. Damit könnte erstmals in der Geschichte des Marathonlaufs der Weltrekord der Männer (gibt es seit 2003) auf der Strecke außerhalb Berlins aufgestellt werden.
In der Pressemitteilung wird Kenenisa Bekele zitiert: “It was fantastic for me to get a personal best (in Berlin), but I’m still disappointed to have missed out on the world record. But I could see that I still had to make a couple of changes in my training”. Das Preisgeld in Dubai ist nach wie vor enorm, für den Sieg gibt es dort 200.000 US$. Die Prämie für einen Weltrekord wurde allerdings vor einigen Jahren von 1 Million US$ auf 100.000 US$ abgesenkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man in Dubai neben den Preisgeldern auch diesen Bonus auszahlen muss, sind in diesem noch jungen Jahr höher als jemals zuvor.
Ein Blick auf die bisherige Bilanz von Bekele im Marathonlauf ist durchwachsen, mit dem eindeutigen Höhepunkt beim letzten Berlin Marathon. Sein Debüt in Paris vor fast drei Jahren war angesichts der Randbedingungen sehr gut, nur durch schlechte Arbeit der Tempomacher und einen zu ungestümen Zwischenspurt von Bekele nach 25 km blieb der Ausnahmeläufer über 2:05 Stunden. Ein halbes Jahr später in Chicago mögen unzureichende Vorbereitung und erste gesundheitliche Probleme dazu beigetragen haben, dass er im Schlusspart Eliud Kipchoge & Co.nicht mehr folgen konnte. Bekele wurde am Ende Vierter in 2:05:51. Gleiche Gründe können für seinen Ausstieg in Dubai im Januar 2015 angeführt wurden, als eine Zerrung im Oberschenkel ein Weiterlaufen nach 29 km verhinderte. Bis dahin war er mit einer größeren Gruppe überwiegend äthiopischer Läufer auf Kurs zu einer Zeit von unter 2:04 Stunden. In jedem Fall hat er bei diesem Auftritt – wo er nach der Aufgabe wenige Anzeichen von Erschöpfung zeigte – eine gute Streckenkenntnis vor Ort bekommen. Im Gegensatz zu früheren Jahren scheint man in Dubai mittlerweile eine feste Strecke gefunden zu haben.
Beim London Marathon im April 2016 war Bekele nach wie vor nicht optimal vorbereitet und sollte nach Ansicht von Manager sowie Trainer nicht in der ersten Gruppe mitlaufen. Die Warnungen ignorierte er aber und zeigte bis ca. 30 km eine eindrucksvolle Vorstellung bei einem Tempo, das dort noch unter dem Weltrekord lag. In der Schlussphase verlor er dann aber deutlich auf den Sieger Kipchoge, der in 2:03:05 den Weltrekord bei keinesfalls optimalen Bedingungen nur knapp verpasste. Und das Rennen beim Berlin Marathon gehört schon heute zu den Läufen von historischer Dimension, mit einem einmaligen Kampf zwischen Bekele und Wilson Kipsang (KEN) um den Sieg und absoluten Topzeiten. Bei 2:03:03 blieben nach einem großen Finale die Uhren für Bekele stehen (die Uhr über der Ziellinie zeigte sogar noch eine Zeit von unter 2:03 Stunden an) und mit dieser Zeit hat sich Bekele endgültig in der Weltspitze etabliert. Sollten die (Wetter-)Bedingungen in Dubai auch nur in Ansätzen mitspielen (der Start wurde wegen der Sonneneinstrahlung auf 6:30 Uhr Ortszeit vorverlegt), könnte das Emirat neben dem Weltrekord des höchsten Gebäudes (Bur Khalifa) auch den im Marathon der Männer für sich reklamieren.
Am 20. Januar um 3:30 Uhr MEZ wird es ernst, und vor 5:33 MEZ sollte sich entscheiden, ob der Ausnahmeläufer einen weiteren Weltrekord für sich verbuchen konnte. Das wäre dann der erste “Weltrekord” bei den Männern, der außerhalb Berlins erzielt worden wäre.
Die bisherigen Marathonläufe von K. Bekele: | |||
Paris-Marathon | 2:05:04 | 1. | April 2014 |
Chicago-Marathon | 2:05:51 | 4. | Oktober 2014 |
Dubai-Marathon | bis 29 km | – | Januar 2015 |
London-Marathon | 2:06:36 | 3. | April 2016 |
Berlin-Marathon | 2:03:03 | 1. | September 2016 |
Dubai-Marathon | Januar 2017 |