Standard Chartered Singapore Marathon am 4. Dezember 2016: Lauf unter Bedingungen am Limit

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Es sei hier nicht weiter thematisiert, wie sinnvoll es ist, einen Marathon mit internationaler Spitzenbesetzung in der Hitze und Schwüle Singapurs zu veranstalten. Aber es ist doch bezeichnend, wie beim Standard Chartered Singapore Marathon – die IAAF hat dem Lauf sogar den Titel eines Gold Label Road Race zugestaden (hoffentlich ohne “Entscheidungshilfen”) – ein Klassefeld ostafrikanischer Athleten unter diesen Bedingungen nur recht bescheidene Zeiten erzielen konnte. Felix Kiptoo Kirwa (KEN) und Rebecca Kangogo Chesir (KEN) waren in 2:17:17 bzw. 2:43:03 vorne, mit solchen Resultaten gewinnt man in anderen Breiten kaum noch einen “Provinz-Marathon”, geschweige denn einen Lauf vom Kaliber eines “goldenen Labels”. Wenn das gesamte Elitefeld am Ende geschlossen über 10 Minuten oberhalb ihrer Möglichkeiten agiert, gibt das schon zu denken. Aber falls man auch in diesen klimatischen Zonen in Großveranstaltungen Marathon laufen will, muss man so etwas wohl akzeptieren. Der Honolulu Marathon, der am kommenden Sonntag wieder an der Start geht, lässt in dieser Sache grüßen.

Wie dem auch sei, beim frühen Start um 4:30 Uhr (da können die Organisatoren und Helfer wohl kaum noch zuvor zu Bett gegangen sein) herrschten Temperaturen von 26°C. Das viel größere Problem ist der Taupunkt von 25°C. Dass man bei der entsprechenden (relativen) Luftfeuchte von 94% einen Marathon läuft, ist in der Tat mehr als grenzwertig einzustufen. Eigentlich ist es sogar unverantwortlich, weil eine Regelung der Körpertemperatur über das Verdunsten von Wasser (Schweiß) kaum noch funktioniert. Schon beim Fukuoka Marathon am gleichen Tag wurde ein Taupunkt von 12°C als hinderlich empfunden, bei den letzten Ausgaben des Berlin Marathon lag dieser bei nahezu perfekten 4°C.

Entsprechend agierte die Elite an der Spitze sehr vorsichtig. Eine Gruppe von etwa 15 Läufern ging mit 16:05 für 5 km und 32:30 für 10 km das Rennen konservativ an. Eine Attacke des Masters-Weltrekordlers Kenneth Mungara dezimierte die Spitzengruppe kurzfristig auf 10 Läufer, doch über 48:28 bei 15 km und 1:05:30 bei 20 km lagen 18 Läufer bei Halbmarathon in 1:09:24 vorne. Zuvor hatte es nach 40 Minuten mit Sergiy Lebid (UKR) einen ersten prominenten Aussteiger gegeben, obwohl das Tempo vorne immer langsamer wurde

Die 5 km-Splits nach 20 km bzw. 25 km waren mit 17:01 und 17:20 fast im breitensportlichen Bereich und ließen keine gute Endzeit mehr erwarten. Aber wie TV-Kommentator Steve Cram richtig anmerkte, kommen die Spitzenläufer nach Singapore weniger wegen schneller Zeiten, sondern eher um zu gewinnen, verbunden mit attraktiven finanziellen Prämien. Nach 30 km in 1:39:00 begann die große Spitzengruppe endgültig auseinander zu fallen. Somit lagen bei 35 km in 1:55:03 nur noch 6 Läufer vorne: Felix Kirwa, Kenneth Mungara, Paul Kongogo, David Kipkorir, Robert Kiplimo sowie Luka Chelimo.

Nach knapp 2 Stunden waren Mungara und Chelimo die ersten Akteure, die aus der Spitzengruppe herausfielen. Bei 38 km nach 2:04:21 lag ein Quartett 10 Sekunden vor Mungara, der sich mühte den Anschluß wieder zu finden. Das war aber nicht von Erfolg gekrönt, vor allem auch deshalb weil vorne die Fahrt deutlich schneller wurde. Mit einem 5 km Abschnitt von 15:35 zur 40 km Marke nach 2:10:38 lief man das schnellste Segment des gesamten Rennens. Noch vor 41 km konnte sich Felix Kirwa aus einem verbliebenen Trio lösen und die Führung bis ins Ziel verteidigen, wobei er sich nach 2:17:17 noch dem Angriff des heranspurtenden Paul Kangogo erwehren musste, der mit 3 Sekunden Rückstand Zweiter wurde. Der Sieger kommt aus einer laufbegabten Familie, seine Schwester Eunice gewann bei Olympia in Rio die Silbermedaille. David Kipkorir landete in 2:17:32 auf Platz 3, erst dann erreichte Kenneth Mungara mit einer weiteren vollen Minute Rückstand als Vierter das Ziel.

singapore-mar-2016-winnerFelix Kirwa (KEN) gewann den Singapore Marathon in 2:17:17. Und wie man an der Zeitanzeige über der Ziellinie sieht, ging die auch in Singapore ganz schön daneben. (c) Veranstalter

Bei den Frauen war umgehend klar, dass die Siegerzeit sehr bescheiden ausfallen würde. Erst nach 19:26 Minuten passierte eine zehnköpfige Spitzengruppe 5 km, bei 10 km wurden 39:03 gestoppt, alles Zeiten im breitensportlichen Segment. Entsprechend wurde auch der Halbmarathon erst in 1:24:47 absolviert. Das lag sogar über einem 4 Minuten/km-Schnitt, was für ein Gold Label Race eigentlich indiskutabel ist, zumindest bei “normalen” Bedingungen. Die Spitze dünnte zunehmend aus, nach 30 km waren nur noch Rebecca Chesir, Viola Jelagat, Peninah Arusei und Jane Kiptoo vorne.

Nach 2:20 Stunden Laufzeit fiel Kiptoo zurück und knapp 10 Minuten später suchte Chesir die Entscheidung. Sie gewann in 2:43:03 vor Jelagat in 2:44:28 und Arusei in 2:44:53.

Die Splits des Siegers:
5km 16:06
10km 32:30 16:24
15km 48:28 15:58
20km 1:05:30 17:01
 HM 1:09:24
25km 1:22:50 17:20
30km 1:39:01 16:11
35km 1:55:03 16:02
40km 2:10:38 15:35
 Ziel 2:17:17  6:38
Ergebnisse Marathon der Männer:
1. Felix Kiptoo KIRWA KEN 2:17:17
2. Paul Kios KANGOGO KEN 2:17:20
3. David KIPKORIR RUTOH KEN 2:17:32
4. Kenneth Mburu MUNG’ARA KEN 2:18:38
5. Robert Kiplimo KIPKEMBOI KEN 2:18:57
6. Luka Kipkemoi CHELIMO KEN 2:19:53
7. John Ekiru KELAI KEN 2:20:02
8. Nicholas KAMAKYA KEN 2:20:50
9. Geoffrey BIRGEN KEN 2:21:02
10. Cosmas Mutuku KYEVA KEN 2:22:00
Ergebnisse Marathon der Frauen:
1. Rebecca Kangogo CHESIR KEN 02:43:03
2. Yator YATOR VIOLA JELAGAT KEN 02:44:28
3. Peninah Jerop ARUSEI KEN 02:44:53
4. Jane Jepkogei KIPTOO KEN 02:47:05
5. Penina Jepkoech KIGEN KEN 02:51:40
6. Nancy Chepngetich KIMAIYO KEN 02:51:48
7. Kiplimo JACQULINE NYETIPEI KEN 02:53:54
8. Edinah JERUTO KEN 02:56:04
8. Susan Jemutai KOSGEI KEN 02:57:03
9. Olena BURKOVSKA UKR 02:57:21