70. Fukuoka Marathon (Japan) am 4. Dezember 2016: Yemane Tsegay (ETH) gewinnt in 2:08:48

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Das leicht verregnete Jubiläum der Fukuoka International Open Marathon Championchips am heutigen Sonntag gewann der Äthiopier Yemane Tsegay in 2:08:48 und verhinderte damit den dritten Sieg von Patrick Makau (KEN) in Folge, für den diesmal nur Platz 2 neun Sekunden hinter dem Sieger blieb. Nach idealen Bedingungen am Vortag zog entgegen langfristiger Wettervorhersagen eine Warmfront heran. Bis kurz vor dem Start regnete es in Strömen und die Luftfeuchte erreichte Werte um die 90 % bei Temperaturen um 13°C. Für einen Marathon sicher keine guten Voraussetzungen. Dafür hielt sich der Niederschlag während des um 12:10 Uhr Ortszeit gestarteten Laufs in Grenzen und auch die in dieser Jahreszeit in der südjapanischen Hafenstadt typischen auffrischenden Winde hielten sich zurück.

fukuoka-mar-2016-startDer Start erfolgt traditionell um 12:10 Uhr, 10 Minuten zuvor beginnt die in Japan sehr beachtete TV-Übertragung des Laufs. (c) H. Winter

Mit vier Tempomachern an der Spitze wollte man den Topstar und Gewinner der beiden vorigen Ausgaben, Patrick Makau, bei seinem Hattrick und einer schnellen Zeit unterstützen. Dabei war es vor allem der Australier Collis Birmingham, der mit konstanten 3 Minuten/km-Abschnitten die Vorgaben perfekt umsetzte, ein Pulk von ca. 30 Läufern ereichte 5 km nach 15:01 und lag damit auf Kurs zu einer Zeit von knapp unter 2:07 Stunden. An dieser Lage änderte sich wenig bis 10 km in 30:10. Für eine erste Aufregung sorgte der Tempomacher Charles Ndirangu (KEN), der bereits nach 7 km wegen muskulärer Probleme seine Dienste quittieren musste.

fukuoka-mar-2016-leaders-18kDie Spitzengruppe kurz vor der 18 km Marke, der Tempomacher Birmingham war soeben aus dem Rennen gegangen. Mit der Startnummer 80 der japanische Hobbyläufer Yusuke Tobimatsu mit einer Bestzeit von 2:20 Stunden. (c) H. Winter

Die machte wie abgesprochen bis 15 km und dann sogar noch bis 17 km Birmingham. Danach wurde es mit der Tempogestaltung problematisch und die km-Splits rutschen von knapp über 3 Minuten auf typisch 3:08 Minuten. Dies hatte Konsequenzen auf die Durchgangszeit bei der Hälfte, wo eine ca. 30 Läufer starke Spitzengruppe in 1:04:24 nur noch auf Kurs zu einer Zeit von knapp unter 2:09 Stunden lag. Bereits vor 22 km war ein erster prominenter Ausfall zu beklagen. James Kwambai (KEN), mit 2:04:27 vom Rotterdam Marathon (allerdings schon 2009) der Mann mit der zweitbesten Vorleistung, stieg unvermittelt mit Fußbeschwerden aus.

Nach zwei km-Splits von 3:04 und 3:05 von 21 km nach 23 km wurde das Rennen schagartig flotter und km-Zeiten von 2:58, 2:54, 2:53 und 2:56 sprengten die etwa nach 25köpfige Gruppe bei 23 km in 1:10:15. Zunächst setzte sich vorne eine sechsköpfige Gruppe ab, Yared Asmeron (ERI), der spätere Sieger Yemane Tsegay, Melaku Abera (ETH), Tariku Bekele (ETH), Amanuel Mesel (ERI) sowie etwas unerwartet auch das japanische Lauf-Unikum und Vielstarter Yuki Kawauchi. Yuki litt nämlich in den Wochen vor diesem Lauf an einer Wadenverletzung, zu der sich noch am Vortag eine Knöchelprellung gesellte. Von vielen Seiten wurde ihm geraten, auf den Start in Fukuoka zu verzichten. Wie Yuki aber auf den Pressekonferenzen und bei der Abschiedsparty ausführte, wollte er unbedingt seine dem Veranstalter gegebene Zusage erfüllen.

Dass Yuki dann eine solche Leistung im Rennen abrufen konnte, grenzte schon an ein kleines Wunder und war sicherlich das Highlight der Veranstaltung. Sollte es noch japanische Landsleute geben, die keine hohe Meinung von ihrem unangepassten Landsmann haben, könnte sich das am Sonntag geändert haben. Mit einer auch durch das Fernsehen bestens in Szene gesetzten Energieleistung am Limit erreicht der Angestellte in einer Schuladmistration in Saitama nördlich von Tokyo in seinem Land mittlerweile Kultstatus. Woher dieser Mann Ressourcen holt, wenn jedes Limit schon überschritten scheint, bleibt auch nach dem Rennen in Fukuoka (s)ein Rätsel.

Und so kam auch seine Attacke nach 25 km in 1:16:07 mehr als unerwartet, die eine spannende Entscheidung des Laufs einleitete. Diesen Angriff konnte Abera nutzen, um sich seinerseits nach 26 km in 1:19:00 abzusetzen, wobei sich hinter dem Ausreißer eine sechsköpfige Gruppe formierte, zu der sich dann auch Makau nach kurzfristigem Rückstand gesellte. Bei 30 km in 1:31:03 hatte Abera einen Vorsprung von 18 Sekunden auf seine Verfolger herausgelaufen. Beim Wendepunkt nach 31,6 km war der Vorsprung mit 20 Sekunden noch etwas angewachsen. Abera hatte im Februar dieses Jahres den Marathon im nur unweit von Fukuoka gelegenen Städte-Duo Beppu und Oita in 2:09:27 gewinnen können.

In der Verfolgung zerfiel das Sextett in Zweigruppen. Makau mit Tsegay, Kawauchi mit Mesel und Bekele mit Asmeron. Tariku Bekele, der jüngere Bruder des äthiopischen Ausnahmeläufers Kenenisa, fiel aus dieser Gruppierung wegen Muskelproblemen heraus und stieg später nach 40 km aus, die er joggend mit einem 5 km-Abschnitt von 21:27 erreichte. Aus einem weiteren Duell Bekele gegen einen Ex-Weltrekordler wurde damit nichts, aber auch der (Makau) hatte Probleme vorne die mehrfachen Attacken von Tsegay mitzugehen, nachdem die Beiden den Ausreißer Abera einholen konnten.

fukuoka-mar-2016-winner-tsegay Yemane Tsegay (ETH) gewann den 70. Fukuoka Marathon. (c) H. Winter

Kurz nach der 40 km Marke in 2:02:05 war dann auch der Titelverteidiger mit seinen Kräften am Ende und musste Tsegay ziehen lassen, der unangefochten in 2:08:48 das Rennen vor Makau in 2:08:57 gewann. Damit gab es zum dritten Mal in Folge eine Siegerzeit im Bereich von 2:08 Stunden, womit man die einmal führende Rolle schneller Rennen in der 70jährigen Geschichte schon längere Zeit verloren hat. Auch Haile, Wanjiru, Kebede oder Makau haben diese Entwicklung nicht aufhalten können. Immerhin sind der Kursrekord durch Kebede aus dem Jahr 2009 mit 2:05:18 nach wie vor die schnellste Zeit auf japanischem Boden. Damit liegt man in der Liste der schnellsten Kurse nur auf Platz 10 (11), über 2 Minuten hinter Berlin. Das Jubiläum hat an diesen Dingen wenig ändern können, die Siegerzeit bedeuten selbst im internen Fukuoka Ranking nur Platz 40. Im weltweiten Raking des Jahres 2016 (Quelle: IAAF) rangiert die Siegerzeit in Fukuoka auf Platz 86, das sagt von leistungssportlicher Seite eigentlich alles.

Allerdings merkte nach dem Rennen der Sieger und amtierende Marathon-Vize-Weltmeister Tsegay an, dass er im Training vor Fukuoka die Form für eine Zeit um 2:05 Stunden hatte, die schwierigen Bedingungen am Sonntag mit hoher Luftfeuchte, Regen und Wind eine deratige Zeit aber nicht zugelassen hatten. Für Makau scheinen seine besten Jahren vergangen zu sein. Nur mit Mühe konnte er die frühen Attacken von Tsegay kontern, als der dann bei 40 km Ernst machte, hatte Makau dem Zwischenspurt des Äthiopiers nichts mehr entegen zu setzen.

Auch bei den Verfolgern herrschte erhebliche Dynamik im Rennverlauf. Nach 36 km wurde Abera gleichfalls von Kawauchi und Mesel passiert, wobei der Japaner kurz darauf seinen Mitstreiter zurücklassen konnte und sich nun in Richtung des Spitzenduos orientierte. Und obwohl Yuki in seiner typischen Manier noch einmal alles (und etwas mehr) mobilisierte, wurde das Tempo an der Spitze durch die Attacken Tsegays zu hoch gehalten, als das er noch aufschließen konnte.

fukuoka-mar-2016-finish-yukiYuki Kawauchi (JPN) glänzte nach einigen Rückschlägen mit einer Gala-Vorstellung und wurde in 2:09:11 Dritter. (c) H. Winter

Yuki wurde in sehr guten 2:09:11 wie schon einmal in Fukuoka Dritter und damit natürlich bester Japaner. Ob das am Ende für die Berücksichtung im japanischen Marathon-Team bei der WM2017 in London reichen wird, werden auch die beiden anderen Qualifikationsrennen im Frühjahr 2017 in Tokyo und Otsu zeigen. Verdient hätte Yuki eine Nominierung allemal, zumal er durch die wieder demonstrierten Kämpferqualitäten seine Eignung für Meisterschaftsrennen nachdrücklich unter Beweis stellen konnte. Besonders hatte er sich gefreut, dass er nach den 2:11:03 Ende September in Berlin nun zehnmal in seiner Karriere unter 2:10 Stunden blieb. Und bereits 20mal unterbot der Vielstarter 2:12 Stunden.

Eine Überraschung gab es auf Platz 4, den der weitgehend unbekannte Japaner Hayato Sonoda in 2:10:40 belegte und den er in einem wahrhaften Sturmlauf aus dem Mittelfeld errang. Sonoda war mit der Startnummer “72” ins Rennen gegangen und mit der Bestzeit von 2:17:40 zuvor notiert. Die hat er heute im wahrsten Sinne des Wortes “pulverisiert”. Dagegen verlief das Debüt von Paul Kuira (KEN) weniger eindruckvoll. Der Sieger des Marugame Halbmarathons im Jahr 2015 in 59:47 konnte nur bis gut 30 km das Tempo vorne mithalten und brach danach zunehmend ein. Splits von 22:22 für die 5 km von 35 km nach 40 km und 10:30 von dort bis ins Ziel belegen dies nachdrücklich. Platz 24 in 2:20:23 bedeuteten im Ziel nur Platz 24.

Das Ziel im Heiwadei Stadion erreichten von 400 Teilnehmern am Start nur 306, ein Indiz afür, dass die Bedingungen keinesfalls optimal waren. Deshalb ist es schon erstaulich, dass am Ende immerhin 105 Läufer unter der Schallmauer von 2:30 Stunden blieben, ein erstklassiges Resultat in der Breite. Insgesamt erlebte somit der Fukuoka Marathon ein ereignisreiches Jubiläum und glänzte ein weiteres Mal durch eine landestypische perfekte Organisation.

fukuoka-mar-2016-winner-ceremonyDie Erstplatzierten bei der aufwenig inszenierten Siegerzeremonie mit anschließender Abschiedsparty. (c) H. Winter

Nun folgt noch am kommenden Sonntag der Honolulu Marathon auf Hawaii, bei der ein starkes Feld u.a. mit dem Silbermedaillen-Gewinner von Rio, Feyisa Lelisa (ETH), bei allerdings schwierigen Bedingungen an der Start gehen wird. Damit ist dann ein ereignisreiches Marathonjahr 2016 vorüber.

fukuoka-mar-2016-newspaper-yukiAm Tag nach dem Rennen war Yukis Leistung in Fukuoka ein großer Aufmacher in der japanischen Presse. Der “Rest” incl. Ergebnisse finden sich in dem kleinen Kasten in der Mitte am rechten Rand.

fukuoka-mar-2016-museumHistorische Aufarbeitung zum 70. Jubiläum des Fukuoka Marathon: In den Katakomben des Heiwadai Stadions findet sich eine Ecke mit einer Tafel mit den Namen und Zeiten der Sieger der ersten 69 Ausgaben (links). Als Relikt aus der Historie gibt es die Schuhe, Hose und Laufhemd vom japanischen Sieger Atsushi Fujita aus dem Jahr 2000 (2:06:51). Nicht viel für eine Veranstaltung mit einer derartigen und langen Tradition. Fast alles aus diesen Zeiten ist unwiederbringlich verloren gegangen. (c) H. Winter

Detaillierte Splits des jeweils führenden Läufers

Die Splits des führenden Läufers:
 5 km 15:01
10 km 30:09 15:08
15 km 45:35 15:26
20 km 1:10:59 15:24
 HM 1:04:24
25 km 1:16:07 15:08
30 km 1:31:03 14:56
35 km 1:46:28 15:25
40 km 2:02:05 15:37
 Ziel 2:08:48 6:43
Ergebnisse 70. Fukuoka Marathon:
1. Yemane Tsegay ETH 2:08:48
2. Patrick Makau KEN 2:08:57
3. Yuki Kawauchi JPN 2:09:11
4. Hayato Sonoda JPN 2:10:40
5. Amanuel Mesel ERI 2:10:48
6. Henryk Szost POL 2:10:53
7. Reid Coolsaet CAN 2:10:55
8. Dmytro Baranovskyy UKR 2:11:39
9. Yared Asmeron ERI 2:11:57
10. Kazuhiro Maeda JPN 2:12:19
105. Naoki Matsuoka JPN 2:29:58