Der Olympische Marathon endete am letzten Sonntag mir dem eindrucksvollen Sieg des aktuell wohl besten Akteurs der globalen Szene über diese Distanz: Eliud Kipchoge (KEN). Auch hinter dem überragenden Athleten der letzten Zeit sorgten die Gewinner der Silber- und Bronzemedaille für Furore: Feyisa Lelisa (ETH) vor allem durch seine Geste mit gekreuzten Oberarmen beim Zieleinlauf, womit er auf die Verfolgung seiner Volksgruppe in Äthiopien aufmerksam machen wollte; Galen Rupp (USA), der mit Olympischen 10000 m in den Knochen fast sogar noch Platz 2 erspurtet hätte.
Doch eine nicht minder ereignisreiche Story wurde bald nach dem Ende der Veranstaltung bekannt, die auch eine Erklärung gab, warum die kenianischen Läufer, abgesehen von Kipchoges Sieg, als Mannschaft wieder recht enttäuschend agierten. Denn als die Tempojagd an der Spitze um 30 km begann, waren die lange an vorderster Front agierenden Kenianer Stanley Biwott und Wesley Korir nicht mehr zu sehen und auch im Ziel wartete man auf die Beiden vergebens, da sie aufgaben und in der Ergebnisliste unter den wenigen “DNFs” zu finden waren.
Dies war für die Kenner der Szene mehr als irritierend, zumal das Tempo bis 25 km mit 5 km Abschnitten von 15:31, 15:37, 15:45, 15:34 und 15:45 mehr als moderat war. Auch die ungünstigen Bedingungen konnten das Ausscheiden der Topläufer kaum schlüssig erklären, hatte doch Stanley Biwott im Vorfeld zu Olympia beim Halbmarathon in Olmütz Ende Juni 2016 bei brütendenter Hitze in gut einer Stunde die hochkarätige Konkurrenz in Grund und Boden gelaufen. Und auch Wesely Korir hatte immer wieder demonstriert, dass er insbesondere bei ungünstigen Bedingungen zu außergewöhnlichen Leistung fähig war/ist.
Die schon bald nach dem Rennen durch Rios Straßen zu erfahrende Erklärung für das Ausscheiden für Kipchoges Mitstreiter im Team verschlug einem dann aber fast die Sprache, zumal nur durch viel Glück Kipchoges Erfolg nicht beeinträchtigt wurde. Die “simple” Erklärung des Problems lag in der Unfähigkeit der kenianischen Offiziellen, die Versorgung ihrer Athleten während des Wettkampfs sicher zu stellen. Das hat wohl im Falle von Kipchoge noch so halbwegs geklappt, aber Korir vermisste an drei Stellen seine Trinkflaschen und bei 30 km wurde seine Flasche mit der seines Landsmanns Biwott vertauscht. Die bittere Konsequenz dieser tristen Story: Sowohl Korir als auch Biwott bekamen durch den Genuss der ungewohnten Mixtur erhebliche Magenprobleme und mussten vor Erreichen des Ziels im Sambadrom das Rennen aufstecken.
Wenn man das Prestige des Marathonlaufs und die Bedeutung des Sieges bei Olympischen Spielen für die Läufernation Kenia bedenkt, kann man ermessen, was die kenianischen Betreuer und Offizielen da angerichtet haben. Die Sache wird sicher ein (internes) Nachspiel haben, zumal Wesely Korir als Miglied des kenianischen Parlaments für den Cherangany Distrikt und als Kapitän des kenianischen Olympia-Teams über erheblichen Einfluss in seinem Land verfügt. Die Aufarbeitung dieser unfassbaren Geschehnisse dürfte spannend werden.
Eliud Kipchoge gibt seinem Landsmann Wesely Korir seine Wasserflasche während des Olympischen Marathon in Rio de Janeiro. (c) The Standard
Und hier noch einige Original-Zitate, wie sie sich in den sozialen Netzwerken finden: “I am OK. The water mix-up at 30km where the officials mixed up my personal drink with Stanley Biwott, where I was given Stanley’s and he was given mine. That caused both of us to have some serious stomach problems! I missed my drinks three times due to poor Kenyan officials manning the water points and had to borrow Eliud’s, which too made me throw up in the middle of the race! But all in all, I am happy to have had the opportunity to represent my country in Olympics and help my country man Eliud win the Gold! Thanks to all who supported me and prayed for me! To God be the glory all the time.”
“Today we ran as a team and for the first half of the race, I believed that we were going to accomplish something special; a Kenyan sweep of the podium. Our team was setting the pace and I knew that our training had prepared all three of us for a strong finish. An unfortunate mishap on the course derailed these aspirations for Biwott and me.”
Dazu Stanley Biwott: “We prepare special drinks that have different tastes. My bottle and that of Wesley were of the same colour except each had our names written on them. My special water usually has a sugary taste. On reaching 30km, they gave me drinks which had citric taste instead.The Kenyan officials can’t even get water handling right!!! Very pissed off right now!!! Me was later handed another wrong bottle when he approached the 35km mark and when he could not withstand the pain, he pulled out.”
Das Ende der Geschichte ist bekannt: GOLD – Kipchoge, SILBER – Lelisa, BRONZE: Rupp. Die nächste Gelegenheit, dies “besser” zum machen, besteht im Sommer 2020, in der japanischen Hauptstadt Tokyo.
Als kleines Trostplaster für Stanley kam heute die Nachricht, dass er ab heute zusammen mit Eliud Kipchoge den Weltrekord über 30 km auf der Straße hält. 1:27:13 war die Durchgangszeit beim London Marathon am 24. April 2016, womit die Beiden die Zeit von 1:27:37 von Emmanuel Mutai (KEN) beim Berlin Marathon am 28. September 2014 steigerten. Damit ist im übrigen auch die Zwischenzeit von 1:27:20 vom Dubai Marathon vom Januar 2016 überholt, die aber vor dem London Marathon 2016 keine offizielle Anerkennung erhielt. Wie dem auch sei: 1:27:13 ist nun das Maß der Dinge.