Auch die 17. Ausgabe des Standard Chartered Dubai Marathon am letzten Freitag (22. Januar 2016) brachte in Leistungsspitze sowie -breite wieder herausragende Resultate, die die Laufveranstaltung in einer Wüstenregion zu einer der schnellsten Marathonläufe auf globaler Skala machen. Spätestens mit dem dreimaligen Auftritt eines der Superstars der Szene, dem Äthiopier Haile Gebrselassie, in den Jahren 2008 bis 2010 hat sich der Dubai Marathon in der Weltspitze etabliert.
Dies belegt schon eindrucksvoll das Mittel der zehn besten Zeiten einer Veranstaltung, wo Dubai weit vorne zu finden ist (s. unten). Es wird im restlichen Verlauf des Jahres für die anderen Veranstaltungen nicht einfach sein, die Siegerzeiten vom Freitag von 2:04:24 bei den Männern und 2:19:41 bei den Frauen zu unterbieten. Dies zeigt schon die Tatsache, dass im gesamten letzten Jahr jeweils nur ein Mann (Kipchoge 2:04:00) und eine Frau (Cherono 2:19:25) diese Marke unterbieten konnten.
Damit ist und bleibt der Dubai Marathon ein Phänomen, dessen Rezeption in der (Welt-)Öffentlichkeit zwischen Erstaunen und ungläubigen Zweifeln angesiedelt ist. Es ist sicher lohnenswert, einige Aspekte zur Thematik zu analysieren und etwas genauer zu diskutieren. Überzeugende Erklärungen für die Entwicklungen dort lassen sich aber nur bedingt finden.
Erst seit den Auftritten von Haile Gebrselassie auf der schnellen Strecke im Emirat hatte man in der globalen Laufszene den Exoten registriert. Durch unvergleichlich hohe Preisgelder (200.000 USD) und einen Weltrekord-Bonus von damals 1 Millionen USD (wurde in den letzten Jahren auf 100.000 USD abgesenkt) war ein Start durchaus attraktiv. Offiziell zahlt man keine Antrittsgelder, wobei die Starts von Haile und im letzten Jahr von Kenesisa Bekele kaum ohne diese zu realisieren gewesen sein dürften. Das Preisgeld wird bis Platz 10 gezahlt, bei Männern sowie Frauen gibt es dafür noch beachtliche 10.000 USD. Das bedeutet in Dubai allerdings wenig, denn am 27. Januar 2012 musste man 2:06:29 (!) laufen, um dieses Geld zu bekommen. Mit einer solchen Zeit gewinnt man im Rest der Welt die meisten Marathonläufe.
Haile scheiterte zwar dreimal, den Weltrekord nach Dubai zu holen, was aber grundsätzlich nicht gegen ein solches Unternehmen sprach. Ihm fehlte bei allen seinen Starts auch etwas das Glück. 2008 lag der Rekord lange in der Luft, bis die Hitze im Schlussteil seinen zu schnell begonnenen Sololauf zur Tortur machte und er zudem nach 41 km von einem Fahrzeug behindert wurde. Beim Finale konnte er seinen Weltrekord von damals 2:04:26 auf der Uhr im Ziel sehen, es fehlte eine halbe Minute. Im Jahr danach brachte ihn strömender Regen um eine bessere Zeit als 2:05:29, und 2010 behinderten ihn kurzfristige Rückenbeschwerden, mehr als 2:06:09 waren nicht drin. Das Kapitel Weltrekord in Dubai war damit zunächst abgeschlossen.
Haile Gebrselassie (ETH) gab dem Dubai Marathon durch seine drei Auftritte eine wichtige Starthilfe. 2008 war er dicht dran, am (eigenen) Weltrekord von 2:04:26. (c) H. Winter
Hailes Erben agierten im Jahr danach (2011) sehr ungewöhnlich, als der vermeintlich stärkste Läufer im Feld wegen eines Kontraktes mit dem Rotterdam Marathon nach 31 km unvermittelt ausstieg. Danach quälte sich David Barmasai in 2:07:14 durch und landete damit den einzigen kenianischen Sieg in den letzten 10 Jahren. Wer allerdings nun den Abstieg des Dubai Marathon auf ein Mittelmaß erwartete, der wurde in den Folgejahren eines Besseren belehrt. Der Aufstieg von Dubai in die Spitze der globalen Marathonszene nahm danach erst richtig Fahrt auf.
Im Jahr 2012 – man startete nun für zwei Jahre am Fuße des höchsten Gebäudes der Welt, dem Burj Khalifa – überraschte Dubai mit einer Flut von Weltklasse-Leistungen. Der unbekannte Ayele Abshero (ETH) gewann in 2:04:23 und verbesserte Hailes Streckenrekord aus 2008 von 2:04:53 sehr deutlich. Der Weltrekord von Makau stand damals bei 2:03:38 (Berlin 2011). Noch grandioser war die Leistungsdichte, vier Läufer unterboten die 2:05 Stunden und z.B. Moses Kigen (KEN) schaffte es mit 2:07:45 Stunden auf Platz 12 nicht ins Preisgeld zu kommen. Ein Jahr später gewann wieder ein Nobody, Lelisa Desisa (ETH), in 2:04:45 und schleppte damit im dichten Nebel sogar fünf Leute unter 2:05 Stunden. Einmalig!
“Five in a row”, der einmalige Einlauf im dichten Nebel von Dubai im Jahr 2013. (c) H. Winter
Und wie bekannt, ging das “Festival der Nobodies” in den Folgejahren weiter: 2014 gewann Tsegae Mekonnen (im Jahr zuvor übrigens in Dubai schon als “Hase” vor Ort) in 2:04:32, 2015 nutze Lemi Berhanu die Aufgabe Kenenisa Bekeles zum Sieg in 2:05:28 und am letzten Freitag gewann Tesfaye Abera, auch aus Äthiopien, in gleichfalls großartigen 2:04:24. Drei Läufer blieben auch 2016 wieder unter 2:05 Stunden.
Eine derartige Flut von Topzeiten hat natürlich auch Konsequenzen im internationalen Ranking, wo sich das Mittel der zehn besten Zeiten auf einem Kurs als Vergleichsstandard etabliert hat. Hier liegt Berlin mit dem Monopol auf den Männer-Weltrekord mit dem unfassbaren Mittel von 2:03:49,2 einsam an der Spitze, danach wir es aber eng. Chicago konnte gerade noch mit 2:04:39,8 Platz 2 gegenüber Dubai mit nun 2:04:40,4 verteidigen, wobei vor zwei Jahren Dubai schon kurzfristig Platz 2 belegte.
Im Emirat will man mehr. Aber so “einfach”, wie sich das höchste Gebäude der Erde errichten ließ, ist ein Weltrekord im Marathon kaum zu haben, zumal mittlerweile diese Marke durch Dennis Kimetto bei seinem Fabellauf in Berlin im Jahr 2014 mit 2:02:57 in kaum noch zu steigernde Dimensionen entrückt zu sein scheint. Um in dieses zeitliche Regime zu kommen, muss in der Tat alles stimmen. Und zwar ALLES!
In der nachfolgenden Diskussion essentieller Parameter für Ausnahmeleistungen wird schnell klar, dass in der aktuellen Konstellation der Dubai Marathon am Limit agiert. Einen Weltrekord in Dubai wird man mittelfristig unter den aktuellen Randbedingungen kaum erwarten können. Zu diesem Schluss kommt auch ein Bericht, den der race-news-service vor wenigen Tagen veröffentlichte.
Eine wichtige Voraussetzung für schnelle Zeiten ist die “Strecke”, und da ist der Kurs in Dubai international sicherlich optimal. Das Gerüst der Strecke in Dubai stellt die Jumeirah Beach Road dar, die bis auf eine leichte Biegung am Nobelhotel Burj Al Arab schnurgerade verläuft. Viel wichtiger ist aber, dass der (noch neue) Straßenbelag in perfektem Zustand ist. Spurrillen oder Schlaglöcher wie in Berlin oder vor allem Chicago wird man dort vergeblich suchen. Auch das Höhenprofil ist weltweit einmalig. Auf der Jumeirah Beach Road bewegen sich Höhendifferenzen im Bereich von unter einem Meter.
Ein nenneswertes Gefälle gibt es nur im Start- und Zielbereich auf der Umm Suqeim Road, das durch unterschiedliche Positionen von Start und Ziel sogar genutzt wird. Die schnellen 2:47 auf dem letzten km wurden durch das leichte Gefälle im Schlusspart gefördert. Nach steten Modifikationen, die den regen Bautätigkeiten geschuldet waren, scheint sich in den letzten zwei Jahren eine längerfristige Lösung anzubahnen. Zweifel an der Streckenlänge können nicht bestätigt werden, mit Maurice Wintermann hat man vor Ort einen ausgewiesenen Fachmann verpflichtet. Durch den gradlinigen Verlauf sind Streckensegmente leicht überprüfbar, diverse Tests sind im Einklang mit einer exakten Vermessung des Kurses.
Das Zuschauerinteresse an Start und Ziel ist eindrucksvoll, allein die äthiopische Kolonie auf den Tribünen macht dort eine einmalige Stimmung. Das ist es dann aber auch schon, auf der Strecke verlieren sich wenige Zuschauer und spenden kaum Beifall. Ob dies Leistungen am Limit beeinflusst, ist wenig gesichert, obwohl dies von Athleten bei den etablieren Stadtläufen stets behauptet wird.
Zu einer Rekord trächtigen Strecke braucht es aber auch Athleten, die das nutzen können. Und da gibt es in Dubai Probleme. Bis auf Haile und einen nicht mit voller Fitness angereisten Kenenisa Bekele im letzten Jahr stehen weitgehend “Nobodies” in den Startlisten. Es ist immer wieder ein Phänomen, wie jedes Jahr neue Namen in den vorderen Rängen zu finden sind. In diesem Jahr waren etliche ehemalige Sieger und Siegerinnen nach Dubai zurückgekehrt. Dabei überrascht, dass sich die Top-Leistungen der fast ausnahmslos aus Äthiopien stammenden Sportler weitgehend auf Dubai beschränken.
Wie die nachstehende Tabelle (s. auch LetsRun.com) belegt, haben die meisten Eliteläufer mit 2:04er Zeiten in Dubai diese in der weiten Welt nicht in Ansätzen bestätigen können (Haile Gebreselassie ist einer der wenigen, der in Berlin schneller rannte als im Emirat).
Name | Dubai | außerhalb von Dubai |
Ayele Abshero | 2:04:23 (2012) | 2:06:31 (2014 London) |
Tesfaye Abera | 2:04:24 (2016) | 2:09:46 (2015 Mumbai) |
Tsegaye Mekonnen | 2:04:32 (2014) | 2:08:06 (2014 London) |
Hayle Lemi Berhanu | 2:04:33 (2016) | 2:07:57 (2015 Warschau) |
Lelisa Desisa | 2:04:45 (2013) | 2:09:17 (2015 Boston) |
Berhanu Shiferaw | 2:04:48 (2013) | 2:08:50 (2012 Taiyan) |
Dino Sefir | 2:04:50 (2012) | 2:09:13 (2013 Tokyo) |
Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren. Zunächst spielt sicher die Zusammensetzung des Elitefeldes eine große Rolle. Und da geht man die Dubai gesonderte Wege. Die Nähe zu Äthiopien macht es recht einfach, ohne großen finanziellen Aufwand junge Läufer ohne beachtliche Vorleistungen gleich im Bündel an die Startlinie zu bringen. Diese Klientel ist für die Veranstalter der etablierten Rennen in Europa oder den USA in der Regel zu “teuer” und zu risikoreich. In Dubai bildet die Gruppe der jungen “Wilden” die Basis der Elite, und die laufen dort sprichwörtlich “um ihr Leben”. Die Renntaktik besteht dann im Wesentlichen darin, mit extremem Risiko in hohem Tempo zu beginnen und damit jenen aus der Meute, die einen außergewöhnlichen Tag erwischt haben, internationale Topzeiten zu ermöglichen.
Eine solche “Harakiri”-Methode kann sich ein Veranstalter der etablierten Marathon-Großveranstaltungen kaum leisten, weil diese meistens das teuer bezahlte Elitefeld “zerlegt”, vor allem dann, wenn die Athleten nicht über die Klasse für ein Temporennen verfügen. Einige Läufe, wie vor allem Berlin, bilden da eine Ausnahme, weil hier das Rennen auf Athleten zugeschnitten ist, die solche Tempoläufe über die volle Distanz verkraften können. Die Rekordläufe sind dann auch renntaktisch entsprechend angelegt, wobei insbesondere dem letzten Drittel ohne Tempomacher eine besondere Rolle zukommt. Die Resultate einer solchen Planung sind vor allem beim Berlin Marathon sehr sichtbar. Den Weltrekord bei den Männern verwaltet man dort faktisch im Monopol.
Warum man in Dubai an solche Topzeiten nicht herankommt, zeigt auch der Vergleich der Rennentwicklung am letzten Freitag mit dem Weltrekordlauf von Dennis Kimetto in Berlin im September 2014 (2:02:57). Hier lag man in Dubai schon früh unter den Zeiten von Berlin, wobei man ab 25 km schneller als für ein gleichmäßiges Tempo zu Weltrekord war. Wie beeindruckend die Leistungen in diesem Abschnitt waren, zeigt z.B. die Durchgangszeit bei der Hälfte, die 16 Läufer unter 1:01:39 passierten. Damit stellt man die meisten etablierten Läufe über diese Distanz in den Schatten: beim Berlin Halbmarathon blieben von 2013 bis 2015 6, 6 und 8 Läufer unterhalb dieser Zeit, bei den City-Pier-City in Den Haag waren das 7, 5 und 7.
Und noch beeindruckender waren die Split bei 30 km, wo die ersten Läufer in 1:27:20 gestoppt wurden, 8 Läufer (!) liefen dort bis 1:27:27 durch. Der Weltrekord über 30 km wurde erst im September auf 1:27:37 durch Emmanuel Mutai (KEN) verbessert. Damit hätte Dubai nun seinen Weltrekord, wenn auch auf einer Unterdistanz. Ob der Rekord Anerkennung findet, wird sich zeigen müssen, denn vermutlich hatten die Organisatoren ein solches Ereignis kaum bedacht und entsprechende Maßnahmen im Vorfeld ergriffen. Übrigens auch der Split bei 25 km von 1:12:49 wurde in einem Marathon bisher noch nie erreicht (zuvor: Kebede 1:12:59).
An der 30 km Marke stiegen die letzten beiden Tempomacher, Edwin Koech und Amos Kipruto (beide KEN) aus, bis 25 km waren auch noch ihre Landsleute Ernest Ngeno und Aspel Kipsang im Geschäft. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nur Keniaer das Tempo für eine Meute fast ausschließlich äthiopischer Athleten machten. Dass dabei “Hasen” einen Weltrekord über eine Unterdistanz laufen müssen, zeigt auf welchem Niveau man in Dubai agiert.Projizierte Zeit im Ziel für ein gleichmäßiges Tempo beim Dubai Marathon 2016 (schwarze Punkte) im Vergleich zum Weltrekord beim Berlin Marathon 2014 in Berlin. Die gestrichelte Linie markiert den aktuellen Weltrekord von Dennis Kimetto von 2:02:57. (c) H. Winter
Was nach 30 km auch diesmal geschah, könnte man fast als “Dubai disease” bezeichnen, weil es für die Rennverläufe der letzten Jahren durchaus typisch ist: ein massives Nachlassen des Tempos jenseits der 30 km. Dieser massive Einbruch im Tempo, von 30 km nach 40 km lagen bis auf eine Ausnahme alle km-Abschnitte zum Teil deutlich über 3 Minuten, bereitete dem Unternehmen “Marathon-Weltrekord” ein schnelles Ende und kann zum Teil dadurch erklärt werden, dass die Akteure zuvor über ihren Möglichkeiten agiert hatten und nun keine Reserven mehr hatten.
Diese Erscheinung ist auch von vielen anderen Veranstaltungen bekannt, wo Läufer ihre Möglichkeiten überschätzen und dafür im Schlussteil “büßen” müssen. Selbst beim Berlin oder Chicago Marathon fallen nach flottem Start der Spitzengruppe eine ganze Reihe von Läufern aus dieser heraus, laufen moderate Zeiten oder geben sogar auf. Bei dem Fokus auf die (schnellen) Sieger stehen diese Abläufe aber nicht im Vordergrund, irritieren aber durch schwache Leistungsdichten in den Ergebnislisten.
Somit scheint das auch durch obige Tabelle implizierte fehlende Potential der Akteure in Dubai ein wesentlicher Grund zu sein, warum es mit dem Weltrekord einfach nicht klappen will. Sicherlich müsste man sehr viel mehr Geld investieren, um realistische Chancen zu haben. Aber wie das Beispiel des London Marathon demonstriert, sind auch einmalige Elitefelder keine Garantie für Weltrekorde. Die Siegerzeit von 2:04:24 in Dubai liegt sogar 5 Sekunden unter dem Kursrekord an der Themse vom Ex-Weltrekordler Wilson Kipsang.
Doch der deutliche Leistungsabfall in Dubai könnte noch weitere Gründe haben. Schaut man sich vor allem den Verlauf der Rennen in den letzten beiden Jahren an, so ist ein Taktieren an der Spitze nach dem Ausscheiden der Tempomacher nicht zu übersehen. Obwohl die Spitzengruppe immer noch eine gute kritische Masse hat, ist man dort nicht bereit zu kooperieren, wie es für eine Tempohatz am Limit zwingend erforderlich wäre. So lief man in einer breiten Reihe nebeneinander und wartete ab, was der Rivale (um das hohe Preisgeld) macht. Sporadische Zwischenspurts sind letztlich für eine gute Endzeit kaum förderlich, weil sie zusätzliche Ressourcen verschwenden. Dieses renntaktische Verhalten müsste zwingend abgestellt werden, wenn man in Dubai von den sehr schnellen Zwischenzeiten zuvor am Ende angemessen profitieren will. Dazu kam am Freitag für den Sieger hinzu, dass er den Schlusspart von der 40 km Marke in enorm schnellen 6:16 Minuten herunter spurtete, was auf Reserven schließen lässt, die er sinnvoller hätte einsetzen können.
Diese Einschätzung wird untermauert durch einen Vergleich der Halbmarathon-Zeiten ausgewählter Läufe zwischen Dubai und Berlin. Mit sehr ähnlichen Splits für die Hälfte, konnte man in Berlin das Tempo halten und lief am Ende in Weltrekorde.
Vergleich HM-Split – Marathon | ||
Dubai 2011 | 1:02:23 | 2:04:23 (CR) |
Dubai 2014 | 1:01:37 | 2:04:32 |
Dubai 2016 | 1:01:37 | 2:04:24 |
Berlin 2011 | 1:01:44 | 2:03:38 (WR) |
Berlin 2013 | 1:01:34 | 2:03:23 (WR) |
Berlin 2014 | 1:01:45 | 2:02:57 (WR) |
Einen ganz prominenten Faktor stellen die äußeren Bedingungen, sprich das “Wetter” dar. In Dubai wäre ein Lauf zu anderen Jahreszeiten durch die hohen Temperaturen und Luftfeuchte schlichtweg unmöglich. Der Winter ermöglicht aber – wie Dubai belegt – durchaus Laufsport auf höchstem Niveau. Bei der Einschätzung der äußeren Bedingungen aus reinen meteorologischen Daten muss man aber berücksichtigen, dass Temperaturen im Schatten ermittelt werden, im Dubai man aber durchgehend der Sonne ausgesetzt ist, sobald diese sich über dem Horizont zeigt.
Durch den auf 6:30 Uhr vorgezogenen Start hat man sicher ein gute Entscheidung getroffen, günstig wäre es zudem wie bei den frühen Ausgaben wieder den Termin in die ersten Hälfte des Januars zu legen. Denn während im Landesinnern – in der Tat in der Wüste – die Verhältnisse für den Laufsport ideal wären, verläuft die komplette Strecke in unmittelbarer Nähe zu den Stränden des Arabischen Golfs. Die damit verbundene Luftfeuchte ist nicht zu unterschätzen und liegt Ende Januar – wie auch am letzten Freitag – recht hoch. Somit sagen Temperaturen von 17°C – sicher eine obere Grenze für Marathonläufe am Limit – noch wenig über die realen Bedingungen aus, wenn man berücksichtigt, dass der Taupunkt konstant bei 14°C lag. Dies entspricht einer relativen Luftfeuchte von über 80 %, was bei diesen Temperaturen ohne Zweifel leistungsmindernd wirkt und recht ungünstig ist.
Während der Wind diesmal kaum ein Faktor war, war es im nach hinein fast erstaunlich, wie gut die Läufer(-innen) mit diesen Bedingungen zurechtkamen. Keine Frage, die Verlegung des Starts auf 6:30 Uhr war ein erster richtiger Schritt (hatte man schon einmal zu Hailes Zeiten), nun müsste man sich auch noch dazu durchringen, die Veranstaltung früher im Januar abzuhalten. Wie die Erfahrungen mit Berlin, Rotterdam und vor allem Chicago zeigen, ist das Wetter für schnelle Rennen eine unverzichtbare Komponente.
Ausgewählte Meteorologische Daten von Dubai am 22.1.2016 | ||||||
Zeit | Temp. | Taupkt. | rel.F | Luftdruck | WRichtung | v(Wind) |
6:00 | 17.0°C | 14.0°C | 82% | 1019 hPa | Süd | 1.5 m/s |
7:00 | 17.0°C | 14.0°C | 82% | 1019 hPa | Süd-SSO | 2.1 m/s |
7:04 | 17.0°C | 14.0°C | 82% | 1019 hPa | Süd | 2.6 m/s |
8:00 | 18.0°C | 15.0°C | 83% | 1020 hPa | wechselnd | 1.0 m/s |
9:00 | 19.0°C | 14.0°C | 73% | 1020 hPa | Süd-SO | 2.6 m/s |
9:14 | 19.0°C | 15.0°C | 78% | 1021 hPa | Süd-SO | 2.6 m/s |
10:00 | 20 °C | 15 °C | 66% | 1022 hPa | Süd-SO | 2.6 m/s |
Meteorologische Daten von Dubai am 22.1.2016. (c) wonderground.com
In der aktuellen Welt-Jahresbestenliste nimmt der Dubai Marathon die ersten neun Plätze ein. Das wird bis zum Ende einer langen Saison sicher nicht so bleiben, aber Dubai wir auch dann in vorderen Positionen zu finden sein. Und in der aktuellen Problematik von Rennen mit Tempomachern und der Präsenz von Eliteathleten hat Dubai eine wichtige Lanze gebrochen. Nach dem Desaster mit dem Verzicht auf “Hasen” beim Chicago Marathon 2015 (dort war man beim Halbmarathon fast 4 Minuten langsamer), hat Dubai widerlegt, dass bei Läufen mit Unterstützung von Tempomachern die Komponente des Wettkampfs zu kurz kommt. Am letzten Freitag wurde demonstriert, dass dies in keinem Fall zwingend so ist. Die Schlussphase in Dubai war extrem spannend mit Führungswechseln und (Wett-)Kampf bis am Limit. Spannender geht es doch kaum. Zudem war man fast genau 5 Minuten schneller als beim Chicago Marathon! Und der ist immerhin Mitglied der Eliteliga der World Marathon Majors. Allein für diese Erkenntnis muss man allen Beteiligten in Dubai ein dickes Lob aussprechen.
Und was ist sonst noch anzumerken? In diversen Aspekten macht man in Dubai weitere Fortschritte und nähert sich den internationalen Standards. Die TV-Übertragung, die im zweiten Jahr in den Händen von IEC lag (die nutzen ihr Equipment anschliend noch für einen Triathlon und ein Radrennen), genügt mittlerweile weitgehend den Ansprüchen. Das erratische Hin-und-her-Schalten in der Bildführung ist endlich vorbei. Paula Radcliffe machte es als Co-Kommentatorin im Livestream recht gut. Was allerdings in der Übertragung des lokalen Dubai-Sports-Channel der Kommentator in arabischer Sprache ohne jede Pause 3 Stunden lang zu berichten hatte, würde schon einmal interessieren. Vermutlich hat aber auch dieser – wie Paula und die Kameramänner – den Weltrekord bei 30 km schlichtweg verpasst.
Bei der Zeiterfassung, schon seit vielen Jahren in Händen einer deutschen Firma, hat man nun ausreichend Zwischenzeitmatten ins Emirat geschleppt. Während die Zwischenzeiten der ersten km in der “Live Leading Group” noch Probleme machten, erfolgten die Angaben der 5 km Splits problemlos und erlaubten es den Wettkampf nachzuvollziehen. Man ist also auf bestem Wege.
Und auch bei den Teilnehmerzahlen sieht das recht gut aus, weil man ansprechende Zahlen augenscheinlich stabilisieren konnte. Die in den Publikationen benannten 30000 Teilnehmer halten allerdings einer genaueren Analyse der Finisher kaum stand. 12548 (8732 Männer, 3816 Frauen) Teilnehmer erreichten im 10 km Lauf das Ziel, bei 75 USD Startgeld eine ganze Menge. 7997 Finisher finden sich in den Ergebnislisten für den 4 km Fun-Lauf.
Weniger eindrucksvoll sieht es aber beim Marathon selbst aus, hier wurden 2041 Aktive (1546 Männer, 495 Frauen) im Ziel registriert, das sind Zahlen wie etwa beim Marathon in Münster. Wenn man sich in der Grafik die Teilnehmerzahlen über die letzten 10 Jahre anschaut, stagnieren die Zahlen insbesondere im Marathon schon lange. Da man im Emirat aus verständlichen Gründen kaum eine ausreichende Klientel für die Marathondistanz rekrutieren kann, geht für eine weitere Steigerung nur der Weg über die globale Szene. Da ist man aber seitens der Veranstalter immer noch zu passiv. Der Dubai Marathon ist bis auf die Angebote weniger Laufveranstalter auf den Messen der großen Läufe nicht präsent, und auch die Webseite verschwindet schon kurz nach dem Termin im Januar in das Regime weitgehender Inaktivität. So bekommt man mehr Läufer aus fernen Ländern sicherlich nicht in die Wüste.
Die Teilnehmerzahlen beim Dubai Marathon in den letzten Jahren. Blau eingefärbter Balken: Marathon, rot eingefärbter Balken: 10 km. (c) Veranstalter/H. Winter
Inoffizielle Splits des führenden Läufers: | ||||
Split | 5 km | km-Abschnitte | Zielproj. | |
5 km | 14:38 | 2:57, 2:53, 2:57, 2:54, 2:57 | 2:03:29 | |
10 km | 29:15 | 14:37 | 2:58, 2:51, 2:55, 3:02, 2:51 | 2:03:25 |
15 km | 43:50 | 14:35 | 2:55, 2:53, 2:55, 2:58, 2:54 | 2:03:18 |
20 km | 58:26 | 14:36 | 2:56, 2:56, 2:55, 2:55, 2:54 | 2:03:17 |
HM | 1:01:37 | 2:03:14 | ||
25 km | 1:12:49 | 14:23 | 2:55, 2:53, 2:53, 2:50, 2:52 | 2:02:54 |
30 km | 1:27:20 | 14:31 | 2:56, 2:57, 2:55, 2:54, 2:49 | 2:02:50 |
35 km | 1:42:27 | 15:07 | 3:01, 3:02, 3:08, 2:57, 2:59 | 2:03:31 |
40 km | 1:58:08 | 15:41 | 3:13, 3:04, 3:08, 3:09, 3:07 | 2:04:37 |
Ziel | 2:04:24 | 6:16 | 2:56, 2:47 |