Die hohen Erwartungen konnten die Elitefelder beim Scotiabank Marathon in der kanadischen Hauptstadt Ottawa nicht ganz erfüllen. Sowohl bei den Männern als auch Frauen lag man lange auf Kurs zu neuen Kursrekorden, aber Ende reichte es in beiden Fällen durch deutlich schwächere Hälften nicht zu den angestrebten Höchstleistungen. So blieb der neue Streckenrekord vom Vortag über die 10 km der Frauen das Highlight des Laufweekends in Ottawa, wo Gladys Cherono glänzende 30:56 Minuten lief. So schnell lief in der Saison 2015 noch keine Frau und auch im ganzen letzten Jahr war nur eine Frau schneller gewesen.
Der Sieger der Ottawa Marathon 2015: Girmay Birhanu (ETH) in 2:08:14. (c) Veranstalter
Das Renngeschehen der Männer entwickelte sich zunächst wie erhofft. Vom Tempomacher Langat bestens geführt, lagen 10 Männer bis 15 km in glatten 45 Minuten nach 5 km in 15:00 und 10 km nach 29:54 noch zusammen. Damit lag man mit 2:06:35 auf Kurs zu einer Zeit unter dem Steckenrekord von Yeman Tsegay, der letztes Jahr in Ottawa 2:06:54 erreichte. Dies änderte sich auch nicht bis zum Halbmarathon, den man in 1:03:16 nach 59:56 bei 20 km erreichte.
Hier brach dann die Spitzengruppe auseinander und nur noch Peter Kirui, Philip Kangogo (beide KEN) sowie der Favorit Girmay Birhanu (ETH) lagen mit dem Tempomacher an der Spitze. Bei 25 km wurde mit 1:14:25 vermutlich falsche Zwischenzeit gemeldet, realistischer war da 1:14:45. In jedem Fall lag man nun auf Kurs von einer Zeit von unter 2:06 Stunden., was auch noch bei 30 km nach 1:29:49 fast unverändert Gültigkeit hatte.
Nach etlichen taktischen Tempoeinlagen kam die rennentscheidende Entwicklung dann nach 35 km in 1:44:58, wo man immer noch deutlich unter dem Streckenrekord lag. Hier konnte sich der Favorit Birhanu absetzten, der in Ottawa bereits seinen vierten Marathon in 7 Monaten lief (alle deutlich unter 2:10 Stunden) und durch seine sehr späte Anreise gehandicapt war. Aber obwohl Birhanu schnell einen großen Vorsprung herauslief, wurde das Tempo zusehens langsamer. Ein aufkommender Wind (so später der Sieger) und nachlassende Kräft durch eine schnelle erste Hälfte forderten ihren Tribut.
Die belegt der Split bei 40 km in 2:00:54, Birhanu brauchte also für diese 5 km fast 16 Minuten (eine ganze Minute langsamer als für den Rekord notwendig gewesen wäre). Noch schlimmer erging es seinen Mitstreitern, die erst nach 2:01:45 (Kangogo) und 2:02:25 (Kirui) diese Marke (genauer Fahne) passierten. Die “Jungs” waren sprichwörtlich “platt”. Birhanu mühte sich sich noch das Drama in Grenzen zu halten und quälte sich sichtbar in 2:08:13 ins Ziel, allein der Schlusspart von 40 km in 7:19 besagt eigentlich alles. Dann folgte Philip Kangogo in 2:09:56 und von hinten kam Chele Dechasa in 2:09:59 herangestürmt, der die Tempojagd im ersten Teil nicht mitgemacht hatte. Gleiches galt für den Marokkaner Rachid Kisri, der in 2:10:18 sogar noch Peter Kirui in 2:10:23 abfing.
Mit 1:03:16 und 1:05:01 lief der Sieger zwei sehr unterschiedliche Hälften, ein wenig beeindruckender “positiver Split”.
Auch bei den Frauen erfüllte sich der Traum vom Steckenrekord nicht. Nach perfektem Timing im ersten Part über 33:31 nach 10 km, 50:40 nach 15 km und 1:11:53 bei der Halbdistanz war der Steckenrekord aus dem Vorjahr von 2:24:30 in Reichweite. Aber auch hier ließ das Tempo anschließend deultich nach. Jenseits der 35 km nach 2:00:09 musste überraschend die Topläuferin Meselech Melkamu eine Dreiergruppe ziehen lassen, aus der sich 1 km vor dem Ziel Aberu Zennebe (ETH) lösen und den Lauf nach 2:25:30 gewinnen konnte. Das war genau eine Minute langsamer als der bestehende Steckenrekord.