Zum 35. Jubiläum des Frankfurt Marathon am kommenden Sonntag ist es den Organisatoren gelungen, die Serie sehr gut besetzter Elitefelder am Main fortzusetzen. Im letzten Jahr hatte Renndirektor Jo Schindler und der sportliche Leiter Christoph Kopp auf die deutschen Karten gesetzt. Ein Konzept, das durch die Leistung von Arne Gabius sich bestens bewährte. Denn nach 28 Jahren gelang mit 2:08:33 eine Verbesserung des Uralt-Rekords des Dredners Jörg Peter um 14 Sekunden, obwohl es für Arne nach flottem Beginn am Ende noch einmal recht knapp wurde und nur eine enorme Willensleistung auf den Schluss-Kilometern den neuen Rekord sicherte.
Solch ein Highlight lässt sich natürlich nicht jedes Jahr wiederholen, zumal der deutsche Marathon-Rekordler aktuell verletzt ist und eine recht durchwachsene Saison 2016 bereits leistungssportlich beendet hat. Ursprünglich hatte Gabius auch vor, in New York City an den Start zu gehen. Und leider wird nun eine andere Topverpflichtung gleichfalls an der Startlinie fehlen.
Peres Jepchirchir (KEN) wurde etwas überraschend im Frühjahr im walisischen Cardiff Weltmeisterin über die Halbmarathondistanz und absolvierte danach eine mehr als eindrucksvolle Saison. Erst am letzten Sonntag gewann sie ebenfalls einen Halbmarathon in Valencia in guten 2:07:09 und schlug dort den anderen Shooting Star der Saison 2016 Violah Chepchumba um mehr als eine Minute. Die weniger erfreuliche Nachricht, die schon vor einigen Wochen die Frankfurter Organisatoren erreichte, war die Absage von Jepchirchir wegen fehlender Fitness für ein viel versprechendes Debüt über die volle Marathondistanz.
Renndirektor Jo Schindler und sportlicher Leiter Christoph Kopp haben auch zum Jubiläum wieder erstklassige Elitefelder nach Frankfurt an die Startlinie bringen können. (c) H. Winter
Der stärkste Mann im Elitefeld der Männer ist der Äthiopier Tadesse Tola, der seine Bestzeit 2013 lief, als er als Dritter im Nebel von Dubai in 2:04:49 einer von fünf Läufern unter 2:05 Stunden war. 2014 gewann er in Warschau in 2:06:55, danach waren seine Auftritte weniger überzeugend. Im Januar 2015 lief er beim Xiamen Marathon 2:10:30, im Juli 2016 gewann er den Halbmarathon in Bogota in 1:05:16, allerdings auf 2400 m Seehöhe.
Erhebliche Konkurrenz wird ihm vor allem von zwei Kenianern erwachsen, die sich durch Siege beim Paris Marathon auszeichnen konnten. Mark Korir gewann in Paris im Jahr 2015 in persönlicher Bestzeit von 2:05:49 und in diesem Jahr war Cybrian (Cyprian) Kotut in 2:07:11 vorne. Der 24jährige Bruder des ehemaligen Topstars Martin Lel hat sicher sein Potential noch nicht ausgeschöpft, wie auch seine Zeiten auf den Unterdistanzen belegen. Beim Delhi Halbmarathon lief er im November 2014 59:12, im Jahr darauf bei den City-Pier-City in Den Haag 59:28. In diesem Jahr schaffte er in Paris und bei der WM in Cardiff jeweils 1:01:04. Er möchte den Lauf auf der schnellen Frankfurter Strecke zu einem weiteren Leistungssprung über die Marathondistanz nutzen.
Cyprian Kotut (KEN) gilt als Anwärter auf einen vorderen Platz in Frankfurt. (c) Veranstalter
Ferner am Start ist der Zweite des letzten Jahres Lani Rutto, der in Frankfurt mit 2:06:34 seine mit Abstand beste Zeit im Marathon realisierte. Im Frühjahr wurde er in Rotterdam in einem (zu) schnell angelaufenen Rennen am Ende nur Siebter in 2:11:58. Weitere Starter mit Bestzeiten unter 2:10 Stunden sind Weldu Gebretsadik (ETH) mit 2:09:14 (Rotterdam 2014) sowie Birhanu Achamie mit 2:09:27, die er im Frühjahr als Zweiter beim Rom Marathon lief. Im Juli war er an der australischen Gold Coast dabei, wurde dort in 2:15:22 aber nur Achter.
Und die Rolle eines “dark horse” könnte Moses Masei (KEN) spielen, der als Weltklasse-Bahnläufer u.a. Dritter über 10000 m bei der WM 2009 in Berlin in 26:57,39 wurde, im Jahr zuvor wurde er Olympia-Vierter in Beijing. Dieses Potential von den Unterdistanzen konnte er mit einer Bestzeit von 2:10:36 als Fünfter 2014 in Düsseldorf nie auf den Marathon übertragen. Vielleicht bringt der Lauf in Frankfurt für den mittlerweile 30-jährigen Kenianer die Wende. Zusätzlich sollte ihn motivieren , dass seine Ehefrau Doris Changeywo bei den Frauen dabei ist. Vielleicht gelingt den Beiden ein ähnliches Husarenstück wie vor drei Wochen den Kipketers beim Chicago Marathon, wobei man Moses eine schnellere Zeit wünscht als bei der Jogging Tour der Männer durch Chicago.
Eine gute Rolle könnte Leonard Langat (KEN) spielen, der kaum an seinen 2:14:08 beim Rom Marathon im Jahr 2014 zu messen ist. Langat hat sich auf den Unterdistanzen in den letzten Jahren enorm gesteigert, wie Platz 2 bei Rom – Ostia belegt. Seine Zeit von 59:18 ist eine der schnellsten des Jahres (wobei allerdings der Kurs Rom – Ostia als Punkt-zu-Punkt-Strecke nicht regelkonform ist). Langat trägt in diesem Jahr in Frankfurt die Startnummer “7”, was belegt, dass der sportliche Leiter Christoph Kopp den Kenianer hoch einschätzt.
Durch das Fehlen von Arne Gabius ist der Kampf bei den Deutschen Meisterschaften recht offen. Gute Aussichten auf den Titel sollte Jonas Koller von der LG Telis Finanz Regensburg haben, der nach Platz 3 bei den Deutschen Meisterschaften über die halbe Distanz in 1:05:25 am Sonntag sein Marathon-Debüt gibt.
Bei den Frauen ist durch die Absage von Jepchirchir ein äthiopisches Trio zu den Favoritinnen zu zählen. Die Frankfurt-Siegerin von 2011 Mamita Daska (ETH) in Bestzeit von 2:21:59 weist die schnellste Vorleistung auf. Im Frühjahr konnte sie aber weder in Dubai als 9. in 2:28:52 noch in Boston als 10. in 2:37:31 überzeugen. Dinknesh Mekash Tefera (ETH) lieferte sich im letzten Jahr ein spannendes Finale bis zur Ziellinie und wurde in 2:23:12 Zweite. Im Frühjahr wurde sie in 2:28:11 Dritte in Paris. Sutume Asefa Kebede (KEN) wurde im Januar in Dubai in 2:24:00 Vierte. Eine eindrucksvolle Leistung zeigte sie auf den Straßen Berlins, wo sie bei den BIG25 Berlin über 25 km in 1:21:55 äthiopischen Rekord lief. Der Streckenrekord der Frauen steht seit 2012 bei 2:21:01 durch Aselefech Melkamu (ETH).
Die deutschen Teilnehmerinnen Fate Tola und Mona Stockhecke zusammen mit der Topfavoritin Mamita Daska (ETH). bei der Pressekonferenz. (c) H. Winter
Aus deutscher Sicht steht Fate Tola nach ihrer Einbürgerung im Juni im Fokus des Interesses. Ihr wird der deutsche Meistertitel kaum zu nehmen sein, vielleicht sogar mit einer Steigerung ihrer persönlichen Bestzeit von 2:25:14. Mona Stockhecke will ihre Bestzeit um zwei bis drei Minuten verbessern und hofft auf einen Platz auf dem Podium – bzgl. der nationalen Meisterschaft wohl gemerkt.
Elitefeld Männer: Tadesse Tola ETH 2:04:49 Mark Korir KEN 2:05:49 Lanu Rutto KEN 2:06:34 Cyprian Kotut KEN 2:07:11 Weldu Gebretsadik NOR 2:09:14 Birhanu Achamie ETH 2:09:27 Moses Masai KEN 2:10:36 Robert Curtis USA 2:11:20 Mitku Seboka ETH 2:11:44 Frank de Aleida BRA 2:12:03 Leonard Langat 2:14:08 Samson Gezahai ERI Debüt |
Elitefeld Frauen: Mamitu Daska ETH 2:21:59 Dinknesh Tefera ETH 2:23:12 Sutume A. Kebede ETH 2:24:00 Fate Tola GER 2:25:14 Sarah Chebet KEN 2:27:59 Gladys Tejeda PER 2:28:12 Kumeshi Deressa ETH 2:28:42 Doris Changeywo KEN 2:31:50 Emma Stepto GBR 2:32:40 Lindsay Flangan USA 2:33:12 Mona Stockhecke GER 2:33:43 |