Scheinbar mühelos gewann heute der Kenianer Eliud Kipchoge den Marathon der Männer am Schlusstag der Olympischen Spiele in Rio in der angesichts der Bedingungen hervorragenden Zeit von 2:08:44. Damit setzte sich wie bei den Frauen der Champion des London Marathon dieses Jahres durch. Nach Sammy Wanjiru in Beijing im Jahr 2008 gab es somit wieder einen Olympiasieger aus Kenia über die prestigeträchtige Laufstrecke. Eliud rettete ferner die Ehre der Läufernation #1, da die Mitstreiter in seinem Team, Stanley Biwott und Wesley Korir, das Ziel nicht erreichten. Dazu ist anzumerken, dass die beiden sehr aussichtreichen Kenianer wegen des Vertauschens von Trinkflaschen durch Betreuer Magenprobleme bekamen und in bester Position aufgeben mussten. Eine fast unfassbare Geschichte, nur gut, dass Eliud immer seine (eigenen) Flaschen bekam …
Mit leichtem Regen, Temperaturen um 25°C sowie erheblicher Luftfeuchtigkeit (Taupunkt 21°C!) herrschten keine guten Bedingungen für eine Ausdauerdiziplin, entsprechend vorsichtig wurde das Rennen nach einem flotten Anfangskilometer in 2:58 angelaufen. Danach wurde die Fahrt deutlich langsamer und 5 km wurden nach 15:31 von einem großen Läuferpulk passiert, man lag auf Kurs von 2:11 Stunden. Daran änderte sich auch auf den zweiten 5 km wenig, über 50 Aktive erreichten 10 km nach 31:08 oder knapp darüber. Die beiden deutschen Teilnehmer gingen den Lauf noch konservativer an, Philipp Pflieger brauchte 32:26, Julian Flügel 32:39.
Ein großer Läuferpulk lag in der ersten Hälfte an der Spitze zusammen, hier nach 1,5 km. (c) ZDF-Screenshot
An dieser Konstallation änderte sich zunächst wenig, berichtenswert war hier die Aufgabe von Europameister Meucchi (ITA), der Probleme mit seinen Schuhen zu haben schien. Bis nach 25 km änderte sich an der Fahrt vorne wenig, über 46:53 bei 15 km und 1:02:27 bei 20 km ging es in 1:05:55 zum Halbmarathon, wo noch immer etwa 50 Läufer in einem Zeitintervall von 10 Sekunden zusammenlagen. Diese Zahl dezimierte sich auf ca. 20 bei 25 km in 1:18:12.
Wurden bis 25 km die 5 km-Segmente in 15:31, 15:37, 15:45, 15:37 und 15:45 zurückgelegt, sorgten nun Lemi Berhanu, Wesley Korir, Feyisa Lelisa, Eliud Kipchoge sowie Galen Rupp für das Tempo an der Spitze, so dass 30 km bereits nach 1:33:15 erreicht wurden (letzten 5 km in 15:03). Nach dem Verpflegungspunkt fiel eine Vorentscheidung durch eine massive Temposteigerung, bei der zunächst 7 dann 4 Läufer vorne übrigblieben. Beindruckend die km-Splits, die nach 30 km 2:47, 2:53, 2:54, 2:58, 2:53 betrugen. Wie rasant die Läufer an der Spitze nun liefen, zeigen die 14:25 Minuten für das Segment von 30 km nach 35 km.
Nach 30 km fiel eine Vorentscheidung. Kipchoge, Berhanu, Lelisa und Rupp setzten sich ab. (c) ZDF-Screenshot
An der Spitze agierte man trotz der ungünstigen Bedingungen im Bereich eines Weltrekord-Tempos, wobei zunehmend nur noch Kipchoge an der Spitze lief. Für einige Zeit agierte vorne ein Trio, aus dem zuerst Galen Rupp und nach 36 km auch Lelisa herausfiel, Kipchoge hielt mit km-Splits von 2:55, 2:58, 2:57, 2:58, 2:56 das Tempo hoch, so dass niemand von den Verfolgern wieder aufschließen konnte. Bei 40 km in 2:02:24 hatte der Kenianer bereits einen Vorsprung von 36 Sekunden auf Lilesa und 48 Sekunden auf Rupp. Dahinter wurde die Reihung gewaltig durcheinander gewirbelt, auf Platz 4 bei 40 km lag nun der amtierende Weltmeister Ghirmay Ghebreslassie mit 1:47 Rückstand.
Eliud Kipchoge (KEN) nach gut 40 km allein an der Spitze. (c) H. Winter
Hätte nun nur noch ein Schwächeanfall Kipchoges oder ein Sturz auf der Regen nassen Straße den Triumph des Kenianers stoppen können, so konnte man miterleben, wie Kipchoge das Tempo nochmals anzog und den Schlusspart von der 40 km Marke ins Ziel in phänomenalen 6:20 Minuten herunterspulte. Durch eine zweite Hälfte in 1:02:49 (erste Hälfte in 1:05:55) mit einem massiven “negativen Split” erreichte Kipchoge in 2:08:44 sogar noch eine Zeit von unter 2:09 Stunden. Seine Leistung war dann trotz der moderaten ersten Hälfte noch die fünftschnellste je bei Olympia erzielte Zeit. Dazu der neue Olympische Champion: “It was a championship and it was a bit slow so I decided to take over. Maybe it was the rain, maybe not. Everyone wants a medal. I was coming here for gold. This is history, the first time the women and the men win (from the same nation at the same Olympics) and it is the best moment of my life.”
Wie großartig die Leistung Kipchoge besonders im Schlussteil war, zeigt sein Split bei 20 Meilen von 1:39:37. Von dort sind es noch 10008 Meter bis ins Ziel, die er in unglaublichen 29:07 zurücklegte. Dies entspricht einem Tempo über die volle Marathondistanz von 2:02:45 …. das liegt unter dem aktuellen Weltrekord von 2:02:57 von Dennis Kimetto.
Platz 2 ging and den Äthiopier Feyisa Lelisa, der in 2:09:54 gut eine Minute später ins Ziel kam. Warum er dabei seinen Oberarme kreuzte erklärte er nach dem Rennen als Protest gegen die lebensbedrohlichen Zustände in seinem Land, die es ihm vermutlich nach Olympia nicht möglich machen, wieder in die Heimat zurückzukehren. Und am Ende kam Galen Rupp in seinem zweiten Marathon noch gewaltig auf und gewann in 2:10:05 die Bronzemedaille.
Die Medaillengewinner beim Olympischen Marathon in Rio. Von links nach rechts: Feyisa Lelisa (Silber), Eliud Kipchoge (Gold) und Galen Rupp (Bronze). (c) ZDF-Screenshot
Weltmeister Ghirmay Ghebreslassie (ERI) wurde Vierter nach 2:11:04 vor Alphonce Simbu (TAN) in 2:11:15 und Jared Ward (USA) in 2:11:30 rundete ein großartiges Resultat für die US-Läufer ab. Dann kam auf Platz 7 schon der “Schweizer” Tadesse Abraham in 2:11:42 ins Ziel, Titelverteidiger und Weltmeister 2013 Stephen Kiprotich (UGA) spielte im Rennen nie eine Rolle und landete in 2:13:32 auf Platz 14. Achtbar mit einem Rückstand von 10:12 Minuten auf den Sieger belegte Philipp Pflieger Platz 55 in 2:18:56 und knapp 2 Minuten später kam Julian Flügel auf Platz 71 in 2:20:47 ins Ziel. Bis zur Hälfte in 1:08:08 bzw. 1:08:56 hatten Beide noch in den Regionen um Platz 100 gelegen. Nach ihren Vorleistungen sind diese Leistungen recht zufriedenstellend.
Die Distanz zur Weltspitze ist groß – das wusste man aber schon zuvor. Und die repräsentiert aktuell in beeindruckender Weise Eliud Kipchoge. Spätestens nach seinem großartigen Lauf beim London Marathon im April 2016, wo er in 2:03:05 den Weltrekord von Dennis Kimetto (2:02:57) denkbar knapp verpasste, ist der Kenianer das Maß der Dinge im Marathonlauf der Männer. Nach der Goldmedaille in Rio dürfte nun als nächstes Ziel der Weltrekord auf seiner Liste stehen. Es bestehen kaum Zweifel, dass dies ein sehr realistisches Ziel des Ausnahmekönners aus den Höhen Kenias ist. Nächste Möglichkeiten in dieser Mission: Dubai oder London im kommenden Jahr.
Inoffizielle Splits des führenden Läufers
Ergebnisse Marathon der Männer: | ||||
1. | Eliud Kipchoge | KEN | 2:08:44 | |
2. | Feyisa Lilesa | ETH | 2:09:54 | |
3. | Galen Rupp | USA | 2:10:05 | PB |
4. | Ghirmay Ghebreslassie | ERI | 2:11:04 | |
5. | Alphonce Felix Simbu | TAN | 2:11:15 | |
6. | Jared Ward | USA | 2:11:30 | PB |
7. | Tadesse Abraham | SUI | 2:11:42 | |
8. | Munyo Solomon Mutai | UGA | 2:11:49 | SB |
9. | Callum Hawkins | GBR | 2:11:52 | |
10. | Eric Gillis | CAN | 2:12:29 | |
11. | Abdi Nageeye | NED | 2:13:01 | |
12. | Mumin Gala | DJI | 2:13:04 | PB |
13. | Lemi Berhanu | ETH | 2:13:29 | |
14. | Stephen Kiprotich | UGA | 2:13:32 | |
15. | Paulo Roberto Paula | BRA | 2:13:56 | SB |
16. | Satoru Sasaki | JPN | 2:13:57 | |
17. | Kaan Kigen Ozbilen | TUR | 2:14:11 | |
18. | Bayron Piedra | ECU | 2:14:12 | PB |
19. | Sondre Nordstad Moen | NOR | 2:14:17 | |
20. | Oleksandr Sitkovskyy | UKR | 2:14:24 | |
21. | Amanuel Mesel | ERI | 2:14:37 | |
22. | Koen Naert | BEL | 2:14:53 | |
23. | Reid Coolsaet | CAN | 2:14:58 | |
24. | Lusapho April | RSA | 2:15:24 | |
25. | Thanackal Gopi | IND | 2:15:25 | PB |
26. | Kheta Ram | IND | 2:15:26 | PB |
27. | Chol Pak | PRK | 2:15:27 | |
28. | Evans Kiplagat Barkowet | AZE | 2:15:31 | |
29. | Guojian Dong | CHN | 2:15:32 | |
30. | Ihor Olefirenko | UKR | 2:15:36 | |
31. | Liam Adams | AUS | 2:16:12 | |
32. | Paul Pollock | IRL | 2:16:24 | |
33. | Mebrahtom Keflezighi | USA | 2:16:46 | |
34. | Anuradha Indrajith Cooray | SRI | 2:17:06 | |
35. | Abdi Hakin Ulad | DEN | 2:17:06 | |
36. | Suehiro Ishikawa | JPN | 2:17:08 | |
37. | Marius Ionescu | ROU | 2:17:27 | |
38. | Ruggero Pertile | ITA | 2:17:30 | |
39. | Artur Kozlowski | POL | 2:17:34 | |
40. | Nicolás Cuestas | URU | 2:17:44 |