Mit knapp 500 Meldungen konnte der Marathon in der kenianischen Läuferhochburg Iten bei seiner zweiten Auflage die Zahlen von der Premiere im Jahr 2015 verdoppeln. Auf dem herausfordernden Wende-Kurs auf der (nicht gesperrten) Landstraße zwischen Iten und Eldoret auf 2400 m Seehöhe waren bis auf wenige Läufer die Afrikaner unter sich. In Anbetracht der äußeren Bedingungen waren die Leistungen in Spitze und vor allem Breite überaus beachtlich. Den Lauf über die Marathondistanz gewann der 24-jährige Evans Kipkemboi Biwott aus Iten nach 2:16:02, der sich jenseits der 30 km Marke aus einer 10-köpfigen Spitzengruppe von seinen Mitstreitern Evans Sambu (Uasin-Gishu) in 2:16:13 und Shadrack Kipkogei Tanui (Uasin-Gishu) in 2:16:37 lösen konnte. Biwott, der wie die Siegerin im Marathon im Kapkitony Trainingszentrum in Keiyo South trainert, wurde im letzten Jahr an gleicher Stelle bereits Vierter.
Mit (fast genau) einer Stunde Verspätung gingen die Läufer über die Marathondistanz auf die Reise von Iten nach Eldoret und zurück. (c) H. Winter
Wie diese in der Höhe erbrachten Leistungen einzuschätzen sind, mag ein Blick auf die Leistungen des Siegers aus dem Vorjahr veranschaulichen, wo Evans Kiplagat Chebet in 2:15:42 gewann. Im März 2016 wurde er in einem sehr schnellen Rennen in Seoul Zweiter in der Klassezeit von 2:05:33. Auch wenn man die Skalierung der Leistungen auf Stadtmarathons in Seehöhe weniger strikt handhabt, die Zeiten vom Sonntag entsprechen an der Spitze sicher Leistungen im sub-2:10 Stundenregime.
Nach gut 30 km fiel auf dem Rückweg von Eldoret die Spitzengruppe auseinander. Ganz rechts, leicht verdeckt der spätere Sieger Evans Biwott aus Iten. (c) Joe Kelbel
Auch in der Breite hat die noch junge Veranstaltung in Iten höchstes Niveau, immerhin 50 Aktive unterboten die 2:30 Stunden-Barriere. Da hält man schon jetzt trotz Streckenprofil und Höhenlage mit den Großen der Zunft mit. Und die dürften viele der meist jungen Nachwuchsläufer im Visier haben, zumal der Eindhoven Marathon dem besten Nachwuchsläufer die Chance eröffnet, sich mit einer Einladung für größere Aufgaben zu empfehlen. Dazu der Sieger: “This was my first win in a competitive race. I was prepared well and the weather was good.” In jedem Fall sollte man sich den Namen schon einmal merken. (Anmerkung: Biwott wird nach aktuellen Informationen bei einem prominenten Herbst-Marathon in Europa starten. Good luck, Evans!)
Evans Biwott (Iten) gewann in 2:16:02 die zweite Ausgabe des Iten Marathon. (c) H. Winter
Allerdings forderten die erschwerten Bedingungen für einen Marathon im “Home of the Champions” durchaus ihren Tribut. Von 140 gemeldeten Läufern über diese Distanz erreichten nicht einmal die Hälfte das Ziel. Bei den Frauen fiel der Sieg deutlicher aus. Hier gewann Joan Kigen nach 2:34:55 mit fast zwei Minuten Vorsprung auf Jane Chelagat Seurei (Nandi) in 2:36:42 und Purity Kimetto Kangogo (Elgeyo Marakwet) in 2:37:27. Die Siegerin Kigen ist bereits in der Laufszene etabliert, Mitte März 2016 gewann sie in 2:38:24 den Marathon in Jerusalem.
Joan Kigen gewann in 2:34:55 den Marathon bei den Frauen mit deutlichem Vorsprung. (c) H. Winter
In vielerlei Hinsicht sind die organisatorischen Abläufe kaum mit den fast industrialisiert-perfekten Gegebenheiten der Stadtmarathons in Europa oder den USA zu vergleichen, von denen sich der Iten Marathon wohltuend abhebt. Schlechthin undenkbar wäre anderswo eine Startverzögerung von genau einer Stunde, die dem Warten auf den sehr spät eintreffenden Govenor des Landkreises geschuldet war. Der hatte dann auch noch nichts Besseres zu tun, als sich ausgiebig mit seinem Mobiltelefon zu beschäftigen. Die Läufer nahmen dies anfangs noch geduldig hin, bis sich nach einer guten halben Stunde Unruhe breit machte und ultimativ die Umverteilung der Preisgelder (1. Platz ca. 5000 Euro) gefordert wurde. Es bedurfte dann des resoluten Einschreitens der Race Direktorin Celestine Saigut, um dieser Meuterei ein schnelles Ende zu bereiten.
Während des Wartens auf den Govenor und den Start begann eine Diskussion um die Preisgelder. Einer der Wortführer war der 43-jährige Francis Bouwen (#206), der in seiner Karriere dreimal einen Marathon unter 2:09 Stunden lief. (c) H. Winter
Die Läufer über die halbe Distanz wurden in einer abenteuerlichen Mission zur Wende in Richtung Eldoret gekarrt, um dort ihr Rennen zu starten. Hier hatte überraschend der Olympiasieger im Marathon des Jahres 2012 und Weltmeister 2015, Stephen Kiprotich (UGA), gemeldet, der diesen Lauf über die Unterdistanz als einen letzten Test vor dem Olympischen Marathon in Rio de Janeiro sah. Entsprechend ging Stephen, der sein Training für Rio in der Höhe von Iten und Eldoret realisiert, das Rennen nicht mit letzter Konsequenz an und wurde am Ende in 1:06:08 Zehnter des Laufs. Der Sieg ging in 1:04:50 an Gideon Kipketer aus Iten, Victor Kipchirchir Rotich (Uasin-Gushu) entschied den Spurt um Platz 2 in 1:05:00 ganz knapp vor Isaack Kipkoech (Kericho) in 1:05:01 für sich. Bei den Frauen war Eunice Cheebichi (Nandi) in 1:14:09 vorne, die weiteren Plätze gingen an Gladys Jepkorir Chesir (Iten) in 1:14:12 und Valary Jemeli Aiyabei (Iten) in 1:14:39.
Eunice Cheebichi gewann beim Iten Marathon den Lauf der Frauen über die Halbmarathon-Distanz in 1:14:09. Die Frauen waren 13:30 Minuten vor den Männern um 8:05:45 Ortszeit gestartet. (c) H. Winter
Olympiasieger Stephen Kiprotich (UGA war der prominenteste Läufer beim 2. Iten Marathon. (c) H. Winter
Mit 400 Finishern – allein im Halbmarathon wurden 298 Teilnehmer im Ziel registriert – war die 2. Ausgabe des Iten Marathon ein voller Erfolg. Die Zuschauer wurden während der gesamten Zeit von einem überaus aktiven Schwergewicht von Moderator bestens unterhalten und informiert. Sehr gut kam dabei sein “Wettlauf” gegen den Weltrekordhalter im Marathon der Männer Dennis Kimetto an, der in Iten wohnt und als Zuschauer dem Treiben mit Interesse zuschaute. Dennis wird am Ende des Monats beim Halbmarathon in Bogata an den Start gehen, wo er sicher von der Höhenanpassung in Iten profitieren wird.
Marathon-Weltrrekordler Dennis Kimetto war als Zuschauer vor Ort und lieferte sich einen “Wettlauf” gegen den Moderator der Veranstaltung. (c) H. Winter
Entsprechend positiv fiel auch das Fazit in den Ansprachen am Schluss aus. Und bis zur 3. Ausgabe im kommenden Jahr können Defizite – wie die Startnummern aus unbrauchbarem Fotopapier, das sich während des Laufs bei vielen schwitzenden Läufern auf deren Brust auflöste – sicher abgestellt werden. Dazu kann man sich wünschen, dass noch mehr als wenige versprengte Aktive aus weiten Ländern den Weg nach Iten finden. Ein Lauf im Zentrum der Weltelite des Laufsports ist in der Tat eine wohltuende Alternative zu der Abfertigung der Läufermassen bei den Großveranstaltungen in den Metropolen.
Renndirektorin Celestine Saigut konnte am Ende der Veranstaltung ein positives Fazit der 2. Ausgabe des Iten Marathon ziehen. (c) H. Winter
Ergebnisse Marathon der Männer: | |||
1. | Biwott, Evans Kipkemboi | Iten | 2:16:02 |
2. | Sambu, Evans | Uasin-Gishu | 2:16:13 |
3. | Tanui, Shadrack Kipkogei | Uasin-Gishu | 2:16:37 |
4. | Kemboi, Mathew | Elgeyo Marakwet | 2:17:09 |
5. | Rop, Nicholas Kipchumba | 2:17:15 | |
6. | Lokwanamai, Mand Korir | West Pokot | 2:17:26 |
7. | Kiptoo, Sammy Kiprop | Iten | 2:17:39 |
8. | Chebii, Douglas | 2:18:20 |
Ergebnisse Halbmarathon der Männer: | |||
1. | Kipketer, Gideon | Iten | 1:04:50 |
2. | Rotich, Victor Kipchirchir | Uasin-Gishu | 1:05:00 |
3. | Kipkoech, Isaack | Kericho | 1:05:01 |
4. | Kimutai, Mathew | Iten | 1:05:17 |
5. | Kipyego, Boaz | Elgeyo Marakwet | 1:05:21 |
6. | Elphas, Kipkesio | Uasin-Gishu | 1:05:24 |
7. | Koech, Frederick Kipyegon | Kericho | 1:05:44 |
8. | Mwok, Hosea | West Pokot | 1:05:59 |
9. | Kiprop, Henry | Iten | 1:06:01 |
10. | Kiprotich, Stephen | Uganda | 1:06:08 |