Paula Radcliffe bei ihrem Abschiedslauf beim London Marathon 2015. (c) H. Winter
Auch das 13. Jahr hat der Weltrekord im Marathon der Frauen unbeschadet überstanden. Am 13. April 2003 lief sich die britische Ausnahmeläuferin Paula Radcliffe in die Geschichtsbücher des Laufsports. Erst in den nachfolgenden Jahren wurde immer deutlicher, welche Fabelzeit Paula auf dem Pflaster der britischen Hauptstadt erzielte. Dabei wurde sie von den zwei männlichen Tempomachern Loywapet und Kandie (Hamburg Marathon Sieger) unterstützt, die aus acht verschiedenen Konfigurationen von “Hasen” ausgewählt wurden und als Vorgabe ein Tempo von 2:16 Stunden bekamen. Dass Paula am Ende mit 2:15:25 sogar nun unter dieser Zeit blieb, gehört zu ihrer einmaligen Leistung an diesem Tag.
Eine wichtige Basis für diese außergewöhnliche Zeit war sicher die Tatsache, dass Paula nicht eine Sekunde an renntaktischen Dingen verlor. Mit ersten Meilen von 5:10, 5:08 und 4:57 auf dem ersten leicht abschüssigen Teilstück (individuelle km werden in London erst seit dem letzten Jahr erfasst) war Paula sofort allein und konzentrierte sich vollständig auf die Zeit. Nur einmal soll sie kurz mit einem Motorradfahrer gesprochen haben, die Belästigung durch Abgase des Gefährts abzustellen. 10 km in 32:01 waren in der Tat schon außergewöhnlich, sie lag auf Kurs von glatten 2:15 Stunden.
Die nächsten 10 km in 32:27 waren etwas langsamer, aber immer noch ausreichend für einen Lauf weit schneller als jemals zuvor. Beim Halbmarathon in 1:08:02 lief Paula schon in neuen Dimensionen, man fragte sich nur, wann sie dem hohen Tempo Tribut zollen musste. Doch auf den kommenden 10 km legte sie mit 32:08 wieder zu und lag nach 1:36:36 bei 30 km auf Kurs zu 2:15:52. Zu diesem Zeitpunkt stand ihr Weltrekord vom Chicago Marathon im Jahr 2002 bei 2:17:18.
Mit einem schnellen Finale lief sie mit 1:07:23 die zweiten Hälfte sogar schneller als den ersten Part, ein in der Tat “negativer Split” von historischer Dimension. Nur ein Tempomacher konnte das hohe Tempo über die volle Distanz mitgehen, für die Paula am Ende 2:15:25 benötigte. Dabei lief sie z.B. den Schlusspart von der 40 km Marke bis ins Ziel in eindrucksvollen 6:56 und zeigte trotz ihres Kampfes am absoluten Limit kein Nachlassen im Tempo.
Die Konkurrentinnen liefen ein eigenes Rennen hinter der Britin. Die Ex-Weltrekordlerin Catherine Ndereba folgte als Zweite erst nach 2:19:55, lag also 4 1/2 Minuten zurück. Und in den folgenden Jahren zeigte sich erst, welche Ausnahmezeit Paula an jenem 13. April gelaufen war. In den letzten Jahren ist keine Läuferin, auch Paula selbst, nicht mehr annähernd in dieses Zeitregime vorgedrungen. In der ewigen Bestliste für den Marathon der Frauen hat Paula die besten drei Zeiten erzielt, erst dann folgt mit 2:18:37, also über 3 Minuten zurück, die Kenianerin Mary Keitany. Das besagt schon fast alles. Und auch die Jahresbesten der letzten Jahre liefen “nur” Zeiten von 2:19:57 (2013), 2:20:18 (2014) oder 2:19:25 (2015). Paula bleibt nach wie vor unerreicht.
In gewissen Grenzen könnte man Paulas Leistung, die schon kurz danach einen enormen Laufboom bei den Frauen auf der Insel auslöste, mit dem Sprung von Bob Beamon bei den Olympischen Spielen 1968 vergleichen. Auch hier wurde mit 8,90 m ein Fabel-Weltrekord aufgestellt, der lange hielt. Aber irgendwann werden auch solche Marken einmal übertroffen. Bei Beamons Rekord ist das bereits eingetroffen, bei Paula wird man noch warten müssen. Nach Lage der Dinge wohl eine ganze Weile. Dem 13. Geburtstag von Paulas Rekordmarke werden sehr sicher noch viele Ehrentage folgen.
Paula Radcliffes Splits am 13. April 2003:
Meile – letzte Meile – Split
1 – 5:10 – 5:10
2 – 5:08 – 10:18
3 – 4:57 – 15:15
4 – 5:07 – 20:22
5 – 5:10 – 25:32
6 – 5:22 – 30:54
10km – 32:01
7 – 5:12 – 36:06
8 – 5:11 – 41:17
9 – 5:18 – 46:35
10 – 5:13 – 51:48
11 – 5:10 – 56:58
12 – 5:16 – 1:02:14
20km – 1:04:28
13 – 5:16 – 1:07:30
Halbmarathon – 1:08:02
14 – 5:08 – 1:12:38
15 – 5:10 – 1:17:48
16 – 5:13 – 1:23:01
17 – 5:07 – 1:28:08
18 – 5:11 – 1:33:19
30km – 1:36:36
19 – 5:07 – 1:38:26
20 – 5:07 – 1:43:33
21 – 5:11 – 1:48:44
22 – 5:06 – 1:53:50
23 – 5:13 – 1:59:03
24 – 5:03 – 2:04:06
40km – 2:09:29
25 – 5:08 – 2:09:14
Marathon – 2:15:25