HAJ Hannover Marathon am 10. April 2016: Anna Hahner mit (fast) beiden Beinen in Rio

marathon-hannoverBei wunderschönem Frühlingswetter, bei dem nur ein zuweilen aufböender Wind störte, gingen bei 26. HAJ Hannover Marathon am Sonntag (10. April) über 20000 Aktive an den Start. Davon waren allerdings nur knapp 2500 Teilnehmer über die volle Marathondistanz unterwegs, von den 1857 (1518 Männer, 339 Frauen) das Ziel erreichten. Am Ende hießen die Sieger Lusapho April (RSA) in 2:11:27 und Edinah Kwambai (KEN) in 2:29:17. Von deutscher Seite waren natürlich die Hahner-Twins Anna und Lisa im Fokus des Interesses, das in der Tat groß war und von den beiden Strahlefrauen der Laufszene auch bestens bedient wurde. Schon seit 2 1/2 Jahren waren die beiden nicht mehr zusammen in einem Marathon gestartet, und in Hannover wollte vor allem Anna das Ticket zu Olympia in Rio endgültig buchen.

h-mar-2016-anna-kuchenAnna und Lisa (nicht im Bild) bekamen von den Organisatoren in Hannover eine Torte mit Hinweis auf Olympia überreicht.  (c) H. Winter

Als Zweitplatzierte in 2:30:35 erreichte sie am Ende vielleicht nicht ganz die Zeit, die sie im Vorfeld und nach einem forschen Start bei der Halbmarathon-Marke erwartete. Aber die Chancen in Rio die deutschen Farben zu vertreten, sind ausgesprochen hoch. Dabei war Anna nicht mit einer ersten Gruppe mitgelaufen, die die 10 km nach 34:23 erreichte (die “offiziellen” 10 km-Splits sind um etwa 5 Sekunden zu reduzieren, da die Matten für die Zeitnahme erst hinter der 10 km Marke ausgelegt waren). Hier lag Anna in 34:52 schon deutlich zurück, Lisa erreichte diesen Streckenpunkt sogar erst nach 35:36 und ließ es etwas vorsichtiger angehen als die Zwillingsschwester. Beim Halbmarathon lief die vierköpfige Spitzengruppe nach 1:12:53 durch, Anna folgte mit 1:13:48 fast eine Minute später. In Bezug auf Annas Bestzeit im Halbmarathon von 1:13:12, war das schon ein forscher Start im Regime ihrer Marathonbestzeit von 2:26:44 (Berlin 2014), der zu belegen scheint, dass das verstärkte Training mit Fokus auf die Unterdistanzen Früchte trägt.

Paradoxerweise war es gerade dieser Split bei der Halbdistanz, der Anna den Weg nach Rio ebnen könnte. Denn diese Zeit war als Leistungsnachweis ausreichend (Vorgabe für Leistungsbestätigung: 1:15 Stunden), nachdem der DLV auf Druck der Öffentlichkeit, insb. auch durch den Verbund der Laufveranstalter “German Road Races”, die Normen auf realistische Dimensionen angepasst hatte. Die Norm über die volle Strecke verpasste Anna mit 5 Sekunden sehr knapp, aber dies scheint mittlerweile eine Spezialität im Hause Hahner zu sein.

h-mar-2016-hahner-vor-zielAnna Hahner auf ihrem Weg zu Platz 2 beim Hannover Marathon 2016.  (c) H. Winter

Auf der zweiten Hälfte konnte aber keine Frau das hohe Tempo halten, außer der Litauerin Vaida Zusinaite, die am Ende mit perfekten Hälften von 1:16:27 und 1:16:23 in 2:32:50 Fünfte wurde. Bei 30 km in 1:44:11 lagen noch drei Läuferinnen vorne, Anna hatte in 1:46:01 Soboka Urge Dino (ETH) eingeholt und setzte die Verfolgungsjagd in Richtung Spitzengruppe fort. Die beiden Kenianeren Nancy Koech und Salome Biwott konnte Anna noch passieren, vorne lief aber Edinah Kwambai (KEN) in 2:29:17 einem ungefährdeten Erfolg entgegen. Dann erreichte nach 2:30:35 Anna das Ziel und Salome Biwott wurde in 2:30:47 Dritte. Schwester Lisa wurde Sechste in 2:34:56 und musste anschließlich vorsorglich medizinisch wegen sichtbarer Erschöpfungszustände berhandelt werden, erholte sich aber nach Aussagen des zuständigen Arztes recht schnell.h-mar-2016-winnter-womenEdinah Kwambai (KEN) gewann in 2:29:17 den Hannover Marathon 2016.  (c) H. Winter

Lisa ist als deutsche Meisterin 2015 und durch ihre Leistung beim Frankfurt für Olympia gesetzt. Für Anna ist die Teilnahme in Rio so gut wie sicher, es sei denn, Konkurrentinnen, wie z.B. Katharina Heinig, wachsen über sich hinaus und die Einbürgerung von Fate Tola geht in Kürze über die Bühne. Am 1. Mai werden wir in dieser Sache mehr wissen.

Bei den Männern ergab sich nach einem etwas ungleichmäßigen Beginn ein Rennen, in dem man zunehmend auf Kurs in Richtung Streckenrekord von 2:08:32 lag. Hier bestimmten Streckenrekordler Lusapho April (RSA) sowie die Kenianer Martin Kosgey sowie Moses Masai das Tempo. Früher als geplant stiegen die Tempomacher noch vor 25 km aus, was April zu einem Vorstoß schon nach 26 km nutzte. Bei der Halbdistanz lag die Dreiergruppe nach 1:04:26 noch zusammen und auf Kurs zu einer Zeit von 2:08:52. Dies änderte sich kaum bei 25 km in 1:16:19. Bei 30 km nach 1:31:37 war April schon lange allein, seine beiden Mitstreiter waren 13 Sekunden zurück. Mit einer Projektion von 2:08:52 hatte hier April und die beiden Kenianer eine Zeit von deutlich unter 2:10 Stunden im Visier. Doch auf den Schlußkilometern brachen die Drei gewaltig ein.

Selbst April rutschte auf Splits von 3:10, dann auf 3:20 und auf den letzten Kilometern sogar auf 3:30 ab. Die Konsequenz war ein Schlußabschnitt von den 40 km ins Ziel in nur noch 7:45, das ist für Läufer internationaler Klasse schon ausgesprochen schwach. Im Ziel wurde April in 2:11:27 gestoppt und hatte damit den Hannover Marathon zum dritten Mal gewonnen. Auch Kosgey war eingebrochen und wurde in 2:11:54 Zweiter. Und Moses Masai, der vor einigen Jahren zusammen mit seiner Schwester auf den Bahnlangstrecken zur Weltklasse gehörte, scheint sich mit dem Marathon einfach nicht anfreunden zu können. In für ihn indiskutablen 2:15:43 wurde Moses Masai nur Dritter.

h-mar-2016-winner-april Lusapho April (RSA) gewann den Hannover Marathon zu dritten Mal.  (c) H. Winter

Damit wurde aus der Jagd nach dem Streckenrekord in diesem Jahr nichts. Fehlende Form der Topathleten und eine Reihe von Absagen starker Elitemänner waren nicht zu kompensieren. Trotzdem erlebte Hannover ein stimmungsvolles Fest des Laufsports, in dem die meisten Teilnehmer auf den Unterdistanzen wie 10 km und Halbmarathon unterwegs waren. Das NDR Fernsehen war wieder live dabei und lieferte eine sehenswerte Sendung ab, in der sich Tim Tonder und Altmeister Jan Fitschen als großartige Kommentoren auszeichneten. In Zeiten, wo sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten so gut wie vollständig aus der Live-Berichterstattung von Laufveranstaltungen herausgezogen haben – beim Berliner Halbmarathon am vorletzten Sonntag wurde der Lauf beim lokalen Sender rbb nur am Rande erwähnt -, bildet Hannover eine der wenigen rühmlichen Ausnahmen. Man kann sicher sein, wenn der Laufsport so attraktiv präsentiert wird wie am Sonntag, findet sich auch die Zuseherschaft. Das müsste den Herren in der ARD doch Mut machen.

 Ergebnisse Marathon der Männer:
1. April, Lusapho RSA 02:11:27
2. Kosgey, Martin Kiprugut KEN 02:11:54
3. Masai, Moses Ndiema KEN 02:15:43
4. Habarurema, Jean Damascane FRA 02:16:33
5. Niyonkuru, Abraham BDI 02:16:33
6. Tello Zuniga, John Deivis COL 02:21:36
7. Jegorov, Andrej LIT 02:25:47
8. Jõesoo, Argo EST 02:29:10
9. Matsumoto, Takumi JPN 02:30:34
10. Simpson, Robert Michael GBR 02:30:39
11. Kurui, Dickson Kosgei KEN 02:30:39
12. Brasevicius, Ignas (LTU) LIT 02:32:50
  Ergebnisse Marathon der Frauen:
1. Kwambai, Edinah Jerotich KEN 02:29:17
2. Hahner, Anna GER 02:30:35
3. Biwott, Salome Jerono KEN 02:30:47
4. Koech, Nancy Jebet KEN 02:31:16
5. Zusinaite, Vaida LIT 02:32:50
6. Hahner, Lisa GER 02:34:56
7. Urge Diro, Soboka ETH 02:35:29
8. Sørensen, Mia DEN 02:51:04
Die Splits des führenden Läufers:
distance  split last km last 5 km projection
1 km 3:04 3:04 2:09:24
2 km  6:08 3:04 2:09:24
3 km  9:17 3:09 2:10:34
4 km  12:21 3:04 2:10:17
5 km  15:20 2:59  15:20 2:09:24
6 km  18:26 3:06 2:09:38
7 km  21: 26 3:00 2 :09:12
8 km  24:22 2:56 2:08:31
9 km  27:33 3:11 2:09:10
10 km  30:35 3:01  15:15 2:09:03
11 km  33:37 3:02 2:08:57
12 km  36:36 2:59 2:08:42
13 km  39:39 3:03 2:08:42
14 km  42:41 3:02 2:08:39
15 km  45:42 3:01  15:07 2:08:33
16 km  48:50 3:08 2:08:47
17 km  51:53 3:03 2:08:47
18 km  54:53 3:00 2:08:39
19 km  57:58 3:05 2:08:44
20 km 1:01:00* 3:02  15:18 2:08:42
21 km 1:04:08 3:08 2:08:52
HM 1:04:26 2:08:52
22 km 1:07:06 2:58 2:08:42
23 km 1:10:11 3:05 2:08:45
24 km 1:13:13 3:02 2:08:43
25 km 1:16:19 3:06  15:29 2:08:48
26 km 1:19:26 3:07 2:08:55
27 km 1:22:23 2:57 2:08:45
28 km 1:25:25 3:02 2:08:43
29 km 1:28:31 3:06 2:08:48
30 km 1:31:37 3:06  15:18 2:08:52
31 km 1:34:47 3:10 2:09:01
32 km 1:38:00 3:12 2:09:13
33 km 1:41:08 3:08 2:09:19
34 km 1:44:15 3:07 2:09:23
35 km 1:47:33 3:18  15:56 2:09:40
36 km 1:50:40 3:07 2:09:43
37 km 1:53:46 3:06 2:09:44
38 km 1:56:57 3:11 2:09:52
39 km 2:00:18 3:21 2:10:09
40 km 2:03.:42 3:24  16:09 2:10:29
41 km 2:07:13 3:31 2:10:55
42 km 2:10:45* 3:32* 2:11:21*
Marathon 2:11:27 0:42 7:45 2. half
1:07:01