Die Weltmeisterschaften über die Halbmarathon-Distanz am 26. März 2016 im walisischen Cardiff erfüllten in allen Belangen die hohen Erwartungen im Vorfeld. Bei vorhergesagten äußeren Bedingungen, wie sie widriger kaum sein können, zeigten die Aktiven großartige Leistungen. Es wäre in der Tat mehr als interessant gewesen, zu erleben, was ohne strömenden Regen und heftige Windböen auf dem schnellen Kurs möglich gewesen wäre. Von Beginn an war das Tempo bei den früher gestarteten Frauen als auch bei den Männern hoch, wobei bei den Männern zunächst der Äthiopier Ayele aufs Tempo drückte und sich etwas absetzen konnte.
Gleich zu Beginn gab es eine Schrecksekunde, denn der Titelverteidiger und Topfavorit Geoffey Kamworor stürzte an der Startline und wurde dabei von den nachdrängenden Hobbyläufern regelrecht überrannt. Dass man in einem WM-Lauf unmittelbar ein Rennen der Massen integriert hat (so einen Schwachsinn hatte man auch schon bei der Marathon-WM im August 2015 in Beijing inszeniert), ist ja schön und gut. Dass man diese aber mit der Elite an einer Startlinie zusammen auf die Reise schickte, ist schlichtweg unfassbar! Für den sportlichen Ablauf kann man nur froh sein, dass Kamworor schnell auf die Beine kam und in kürzester Zeit wieder vorne im Elitefeld agierte.
Schon nach 2 Meilen in 9:04 und 4 km in 11:15 deutete ein Tempo auf 59:20 darauf hin, dass man ein schnelles Rennen anpeilte. 5 km wurde in 14:10 von einer 13-köpfigen Spitzengruppe passiert, die kurz danach auseinanderfiel. Vor allem Superstar Mo Farah lag am Ende der Gruppe und hatte zunehmend Probleme, dem noch schneller werdenden Tempo zu folgen. An der 6 Meilen-Marke in 27:03 lagen nur noch die Kenianer Maworor, Muchiri und Cheprot sowie der Äthiopier Tola vorne. Nach schnellen 5 km in 13:49 erreichte man 10 km in 27:59, hier waren noch Komworor, Mitfavorit Muchiri und Tola vorne, Farah lag hier schon 35 Sekunden zurück.
Nun wurde das Rennen sogar noch schneller und Tola fiel nach 41 Minuten aus dem Führungstrio. Kamworor und Muchiri passierten nach einem 5 km Abschnitt von unglaublichen 13:42 die 15 km nach 41:41. Damit lagen die Beiden auf Kurs zu 58:38 (Weltrekord 58:23), kaum jemand an der Stecke konnte eine solche Fabelzeit unter derartigen Bedingungen begreifen. Und die ganz Eifrigen konnten schnell überschlagen, dass ein weiterer 5 km Abschnitt dieser Qualität die Spitze in etwa 55:23 nach 20 km gebracht hätte. Dann wäre sogar ein Weltrekord in Reichweite gewesen.
Doch es kam (leider) anders. Als ob eine höhere Gewalt mit aller Macht eine solche Entwicklung verhindern wollte, begann es wie aus Kübeln zu regnen und dazu gesellten sich stürmische Böen, die alle nicht ausreichend befestigten Dinge durch die Luft wirbelten. Aber auch angesichts dieser Kapriolen des Wetters passierte Mo Farah die 15 km zwar 22 Sekunden hinter der Spitze, seine Durchgangszeit von 42:03 sind auf ein neuer Europarekord. Und dies bei derartigen Bedingungen!
Der Lauf wurde nun für alle Beteiligten zu einer Tortur, bei der der Titelverteidiger die Oberhand behielt. Bei 20 km nach 56:05 hatte Kamworor 8 Sekunden Vorsprung auf Muchiri, musste aber mit einem 5 km Abschnitt von 14:24 dem Unwetter Tribut zollen. Auf den nachfolgenden Plätzen hatte sich eine Vierergruppe mit Mo Farah gebildet, die hier 50 Sekunden hinter der Spitze lag.
Der alte und neue Weltmeister über die Halbmarathon-Distanz heisst Geoffrey Kamworor (KEN). (c) IAAF/Veranstalter
Unangefochten gewann Kamworor den WM-Titel in herausragenden 59:10 vor Muchiri in 59:36. Im Sprint um Bronze war Farah nicht zu schlagen und belegte zeitgleich mit dem Äthiopier Ayele Platz 3 in 59:59. Alle diese Leistungen waren angesichts der Randbedingungen herausragend. Und solche Fabelzeiten wurden in einem Meisterschaftsrennen ohne Tempomacher erzielt. Es steht außer Frage, dass Kamworor als ein erster Anwärter auf den Weltrekord im Halbmarathon erscheint. Doch zuvor dürfte er sich jetzt wohl auf die Bahnrennen bei Olympia in Rio konzentrieren, wo er ein Double über 5000 m und 10000 m plant. Das Duell gegen Mo dürfte eines der Highlights der Leichtathletik-Wettbewerbe im August werden. Am Karsamstag waren die Verhältnisse mehr als irregulär. Es ist aber interessant, dass Mo in der Schlußphase in 3:04 von 20 km ins Ziel eine Sekunde schneller war als der alte und neue Weltmeister.
Erwartungsgemäß ging der Team-Titel an Kenia vor Äthiopien und Eritrea, das ohne ihre Stars wie Tadese, Tsegay und Ghebreslassie angetreten war. Deutsche Läufer waren in Cardiff nicht am Start.
Bei den Frauen belegte Kenia alle Plätze auf dem Podium, was natürlich auch zum Team-Titel führte. In diesem Wettbewerb ging es moderat los, 14 Läuferinnen passierten 5 km nach 16:31. Dann zog das Tempo stark an, über 32:34 bei 10 km lag bei 15 km in 48:14 (letzten 5 km in 15:40) noch eine Sechsergruppe beieinander. In der Schlussphase setzten sich die beiden Kenianerinnen Limo und Jechirchir ab, wobei die weltjahresschnellste Limo einen kleinen Vorsprung herauslaufen konnte. Im Finale wurde sie aber von Peres Jechirchir passiert, die in 1:07:31 vor Cynthia Limo in 1:07:34 gewann. Platz 3 ging an ihre Landsfrau Mary Wacera in 1:07:54.
Ergebnisse Halbmarathon WM der Männer: | ||||
1. | Geoffrey Kipsang Kamworor | KEN | 59:10 | SB |
2. | Bedan Karoki Muchiri | KEN | 59:36 | SB |
3. | Mohamed Farah | GBR | 59:59 | SB |
4. | Abayneh Ayele | ETH | 59:59 | PB |
5. | Tamirat Tola | ETH | 1:00:06 | PB |
6. | Simon Cheprot | KEN | 1:00:12 | SB |
7. | Abrar Osman | ERI | 1:00:58 | SB |
8. | Mule Wasihun | ETH | 1:01:11 | SB |
9. | Edwin Kiprop Kiptoo | KEN | 1:01:21 | |
10. | Stephen Mokoka | RSA | 1:01:27 | SB |
11. | Teshome Mekonen | ETH | 1:01:39 | SB |
12. | Edwin Kipyego | KEN | 1:01:52 | |
13. | Nguse Amlosom | ERI | 1:01:54 | |
14. | Paul Pollock | IRL | 1:02:46 | SB |
15. | Callum Hawkins | GBR | 1:02:51 | |
16. | Guye Adola | ETH | 1:03:26 | |
17. | Hiskel Tewelde | ERI | 1:03:26 | SB |
18. | Ayad Lamdassem | ESP | 1:03:29 | SB |
19. | Sidi-Hassan Chahdi | FRA | 1:03:30 | SB |
20. | Michael Shelley | AUS | 1:03:33 | SB |
Splits des führenden Läufers: | |||
5km | 14:10 | 59:47 | |
10 km | 27:59 | 13:49 | 59:03 |
15 km | 41:41 | 13:42 | 58:38 |
20 km | 56:05 | 14:24 | 59:10 |
Ziel | 59:10 | 3:05 |
Ergebnisse Halbmarathon WM der Frauen: | ||||
1. | Peres Jechirchir | KEN | 1:07:31 | |
2. | Cynthia Jerotich Limo | KEN | 1:07:34 | |
3. | Mary Wacera Ngugi | KEN | 1:07:54 | |
4. | Netsanet Gudeta | ETH | 1:08:01 | SB |
5. | Genet Yalew | ETH | 1:08:15 | |
6. | Gladys Chesir Kiptagelai | KEN | 1:08:46 | |
7. | Pascalia Chepkorir Kipkoech | KEN | 1:09:44 | SB |
8. | Dehininet Demsew | ETH | 1:10:13 | PB |
9. | Gladys Tejeda | PER | 1:10:14 | AR |
10. | Yuka Ando | JPN | 1:10:34 | |
11. | Janet Cherobon-Bawcom | USA | 1:10:46 | SB |
12. | Eloise Wellings | AUS | 1:10:47 | |
13. | Milly Clark | AUS | 1:10:48 | PB |
14. | Miho Shimizu | JPN | 1:10:51 | |
15. | Sara Hall | USA | 1:10:58 | |
16. | Veronica Inglese | ITA | 1:10:59 | SB |
17. | Mizuki Matsuda | JPN | 1:11:00 | |
18. | Cassie Fien | AUS | 1:11:13 | PB |
19. | Kellys Arias | COL | 1:11:21 | PB |
20. | Lanni Marchant | CAN | 1:11:26 | SB |