Wir berichten hier eigentlich nur über die Lauferei und deren Umfeld. Aber nach den großen Sporterfolgen an diesem Wochenende halten wir den Kommentar von Peter Ahrens bei SPIEGEL online so passend und gelungen, dass wir den hier gerne auch zur Kenntnis geben wollen. Nach den vielen negativ besetzten Meldungen aus der Welt des (Spitzen-)Sports mit schier unfassbaren Stories aus dem Umfeld der Manager und Verbände, vom DLV über die IAAF bis zur FIFA, tut sowas wieder richtig gut. So schlimm die Dinge aktuell auch sind: Der Sport lebt! Danke ihr tüchtigen Handballer und Angelique Kerber.
Und hier der Kommentar von Peter Ahrens – (c) SPIEGEL online
An diesem Wochenende haben zwei Sportereignisse so geendet, wie sie eigentlich gar nicht hätten ausgehen dürfen. Angelique Kerber hat gegen die als unbesiegbar geltende Weltranglistenerste Serena Williams die Australian Open im Tennis gewonnen. Und noch ein Stück wundersamer: Die deutschen Handballer haben gegen alle Erwartungen den EM-Titel geholt. Sie haben im Endspiel Spanien besiegt, den Weltmeister von 2013.
Die Spanier sind eine Truppe gespickt mit Routiniers, sie haben schon jede Handballschlacht geschlagen, und die meisten auch für sich entschieden. Die deutsche Mannschaft dagegen reiste zum Turnier nach Polen ohne große Erwartungen der Öffentlichkeit. Geplagt damit, das einige der Besten schon vor dem Turnier verletzungsbedingt absagen mussten. Ohne den Kapitän Uwe Gensheimer, ohne den erfahrenen Patrick Groetzki, in der Hauptrunde verletzten sich dann noch Ersatzkapitän Steffen Weinhold und Rückraum-Ass Christian Dissinger. Wie sollte das gut gehen?
Und diese Mannschaft, beraubt ihrer Leistungsträger, steigerte sich von Spiel zu Spiel bis hin zum Finale, wo sie ihr Meisterstück abliefert und die Spanier so mürbe macht, dass sich die Favoriten schon Mitte der zweiten Halbzeit demoralisiert in ihre Niederlage ergeben haben. Und mit dem Torwart Andreas Wolff, der im Finale das Spiel seines Lebens abliefert, wird ein neuer deutscher Sportheld aus der Taufe gehoben.
Die Faszination, die Kraft des Sports, sie hat sich in den Erfolgen von Kerber und den Handballern gezeigt. Dieser Spitzensport, er ist diskreditiert bis ins Mark. Durch Doping, durch Korruption, durch Machtbesessenheit, durch die hohen Herren Funktionäre, die an wenig interessiert waren, als sich die eigenen Taschen zu füllen. Aber selbst Joseph Blatter, Michel Platini, der korrupte Leichtathletik-Boss Lamine Diack, Lance Armstrong und all die anderen Trickser, Doper und Betrüger, sie schaffen es nicht, die Wirkungsmacht solcher magischer Momente wie in den Endspielen von Melbourne und Krakau zu zerstören.
Wenn dem vermeintlichen Außenseiter Dinge gelingen, die er sich vielleicht selbst nicht zugetraut hat. Wenn Menschen über sich hinaus wachsen. Wenn Teamgeist keine hohle Phrase ist. Und “Die Mannschaft” kein gelackter Marketing-Brand, sondern gelebtes Zusammenspiel.
Man muss das überhaupt nicht überhöhen, man muss das nicht mit Pathos, schon gar nicht mit nationalem Pathos, zukleistern. Aber vielleicht ist der Sport dieses Wochenendes, sind Angelique Kerber und die deutschen Handballer, ja gar kein schlechtes Beispiel dafür, dass aus “Wir schaffen das” ein “Wir haben es geschafft” werden kann.