45. Bank of America Chicago Marathon am 8. Oktober 2023: Kelvin Kiptum läuft Weltrekord, Sifan Hassan mit europäischem Rekord

Bei sehr guten äußeren Bedingungen erfüllte die 45. Auflage des Bank of America Chicago Marathon die hohen Erwartungen an schnelle Zeiten in allen Belangen. Zunächst verbesserte der kenianische Ausnahmeläufer Kelvin Kiptum (KEN) mit 2:00:35 in seinem erst dritten Marathon den Weltrekord von 2:01:09 durch Eliud Kipchoge im Jahr 2022 in Berlin. Kurz darauf stellte die Siegerin bei den Frauen Sifan Hassan (NED) in 2:13:44 als zweitschnellste Frau aller Zeiten einen neuen Europarekord auf, indem sie die 20 Jahre alte Marke von 2:15:25 durch Paula Radcliffe um gut 1 1/2 Minuten verbesserte. Sehr ähnlich wie beim Berlin Marathon vor zwei Wochen gab es Abschnitte, wo Männer und Frauen auf Weltrekordkurs lagen, am Ende war er aber nur Kiptum, der in einem aberwitzig schnellen Finale den Weltrekord der Männer wieder nach Chicago holte.

Nach 5 km in 14:26 lag man bei 10 km mit 28:42 mit einer Projektion auf 2:01:04 auf Weltrekordkurs. Vorne hatten sich da schon Kiptum mit seinem Landsmann Daniel Mateiko (KEN) absetzen können, wobei Mateiko beim London Marathon im April 2023 noch als Tempomacher für Kiptum fungierte. Eine fünfköpfige Verfolgergruppe lag hier schon eine halbe Minute zurück. Das Führungsduo mit noch einem Tempomacher erreichte 15 km in 43:09 und 20 km in 57:39, kurz darauf den Halbmarathon in 1:00:48, womit man auf Kurs zu 2:01:36 lag und bereits hier deutlich hinter deen WR zurückgefallen war. Hier stieg der letzte “Hase” aus und die Konkurrenz war mit einem Rückstand von über 1 1/2 Minuten weiter zurückgefallen.

An dieser Konstallation änderte sich zunächst wenig, 25 km passierte die Spitze nach 1:12:04 und 30 km nach 1:26:31 mit Kurs zu einer Zeit von 2:01:41. Nach ca. 1:34 Stunden bei Meile 20 (ca. 32 km) zog Kiptum an und agierte wie in Valencia und London in einer anderen Liga, wobei er die 22. Meile in 4:16 absolvierte, was einem fast nicht zu glaubenden km-Split von 2:40 entspricht. Diese Tempohatz hatte Konsequenzen, denn in Chinatown bei 35 km in 1:40:22 war Kiptum auf Kurs zu einer Zeit von 2:00:59 und zum Weltrekord. Als er bei 40 km in 1:54:33 die letzten 10 km in 27:52 zurückgelegt hatte, war mit einer Projektion von 2:00:39 der Weltrekord schon fast Gewissheit, zumal Kiptum auch nicht die geringsten Anzeichen von Schwäche erkennen ließ.

Kelvin Kiptum erreicht die Ziellinie im Grant Park nach 2:00:35, neuer Weltrkord! (c) Livestream/Screenshot

Kiptum hielt das Tempo hoch und erreichte mit einem Finale ab 40 km in 6:12 Minuten das Ziel auf dem Colombus Drive in 2:00:35, womit er den WR von Eliud Kipchoge aus dem Jahr 2022 in Berlin um 34 Sekunden steigern konnte. In seinem erst dritten Marathon wurde er somit zum ersten Läufer, der die Marathondistanz in unter 2:01 Stunden zurückgelegt hat, und der Durchschnitt seiner bisherigen Auftritte im Marathon liegt bei einmaligen 2:01:18, nur er selbst sowie Kipchoge waren überhaupt einmal schneller gelaufen. Hinter dem strahlenden Sieger war sein Wegbegleiter zum Rekord Daniel Mateiko zunehmend eingebrochen und dann bei 35 km ausgestiegen.

Ob er ernsthafte Ambitionen auf ein Finish hatte oder als inoffizieller Tempomacher für Kiptum operierte, war bis zur Stunde noch nicht zu klären. So wurde der Vorjahressieger Benson Kipruto (KEN) in 2:04:02 diesmal Zweiter von dem Europrekordler Bashir Abdi (BEL) in 2:04.32. Auf den Plätzen 6 und 7 erfüllten die US-Läufer Connern Mantz (USA) in 2:07:47 und Clayton Young (USA) in 2:08:00 den Olympiastandard von 2:08:10, den die US-Stars Galen Rupp (USA) mit 2:08:48 und Sam Chelanga (USA) mit 2:08:50 allerdings verfehlten.

Im Rennen der Frauen ging es in diesem Jahr am Anfang moderater zur Sache als bei der Tempohatz im letzten Jahr, wo Ruth Chepngetich (KEN) mit 2:14:18 den Weltrekord von 2:14:04 am Ende knapp verfehlte. Zusammen mit drei Tempomachern passierten Chepngetich, Hassan sowie Joyciline Jepkosgei (KEN), Ababel Brihane (ETH) und Megertu Alemu (ETH) die ersten 5 km nach 15:42 mit Kurs auf 2:12:29, also deutlich über dem neuen Weltrekord von 2:11:53 vor 14 Tagen durch Tigst Assefa in Berlin. Dass änderte sich aber schon kurz darauf, als Chepngetich und Hassan davonzogen und bei 10 km in 31:05 auf Kurs zu 2:11:06 waren, woran sich auch bei 15 km in 46:36 (Kurs 2:11:05) wenig änderte.

Es war nun vor allem Chepngetich, die aufs Tempo drückte, wobei Hassan ein wenig zurückfiel. Über 20 km in 1:02:14 erreichte Chepngetich die Hälfte nach 1:05:42 und mit 2:11:24 lag sie über dem Weltrekord. Hassan hatte hier 6 Sekunden Rückstand, eine dreiköpfige Verfolgergruppe folgte dann nach gut 1 1/2 Minuten. Bei 15 Meilen konnte Hassan vorne wieder aufschließen und das Führungsduo passierte 25 km nach 1:18:06. Nach 1:25 Stunden konnte sich Hassan rennentscheidend von Chepngetich absetzen und hatte bei 30 km in 1:34:00 (Kurs zu 2:12:12) einen Vorsprung auf Chepngetich von 10 Sekunden sowie volle zwei Minuten auf das Duo Alemu und Jepkosgei. In Chinatown bei 35 km wurde Hassan mit 1:50:17 gestoppt (Kurs: 2:12:57), Chepngetich lag hier schon 30 Sekunden zurück.

Sifan Hassan lief bei den Frauen mit 2:13:44 einen neuen Europarekord. (c) Livestream/Screenshot

An einen Weltrekord war auf Grund der Ausnahmeleistung von Assefa in Berlin nicht mehr zu denken, aber über 2:06:36 bei 40 km erreichte Hassan das Ziel nach 2:13:44 und konnte damit den Uralt-Europarekord von 2:15:25 durch Paula Radcliffe massiv verbessern. Chepngetich folgte in 2:15:37 vor Alemu in 2:17:09. Mit Joyciline Jepkosgei auf Platz 4 in 2:17:23 erreichten vier Läuferinnen in unter 2:18 Stunden das Ziel.

  Ergebnisse Marathon der Männer:
1. Kelvin Kiptum KEN 02:00:35 WR
2. Benson Kipruto KEN 02:04:02
3. Bashir Abdi BEL 02:04:32
4. John Korir KEN 02:05:09
5. Seifu Tura Abdiwak ETH 02:05:29
6. Conner Mantz USA 02:07:47
7. Clayton Young USA 02:08:00
8. Galen Rupp USA 02:08:48
9. Sam Chelanga USA 02:08:50
10. Takashi Ichida JPN 02:08:57
  Ergebnisse Marathon der Frauen:
1. Sifan Hassan NED 02:13:44
2. Ruth Chepngetich KEN 02:15:37
3. Megertu Alemu ETH 02:17:09
4. Joyciline Jepkosgei KEN 02:17:23
5. Tadu Teshome Nare ETH 02:20:04
6. Genzebe Dibaba Keneni ETH 02:21:47
7. Emily Sisson USA 02:22:09
8. Molly Seidel USA 02:23:07
9. Rose Harvey GBR 02:23:21
10. Sara Vaughn USA 02:23:24
11. Gabriella Rooker USA 02:24:35
12. Dakotah Lindwurm USA 02:24:40
13. Emma Bates USA 02:25:04
14. Tristin Van Ord USA 02:25:58
15. Sutume Asefa Kebede ETH 02:26:49
16. Dominique Scott RSA 02:27:31
17. Desiree Linden USA 02:27:35
18. Maggie Montoya USA 02:28:22
19. Emeline Delanis FRA 02:31:29
20. Stacy Ndiwa KEN 02:31:34