Die äthiopische Ausnahmeläuferin Letesenbet Gidey (ETH) machte ihre Ankündigungen im Vorfeld wahr und lief mit dem neuen Fabel-Weltrekord im Halbmarathon von 1:02:52 als erste Frau diese Distanz in unter 63 Minuten. Das Rennen der Männern gewann Abel Kipchumba (KEN) in 58:07, Amanal Petros (GER) verbesserte den deutschen Uralt-Rekord auf 1:00:09. Vor allem bei den Frauen erfüllte das Rennen die sehr hohen Erwartungen im Vorfeld in Sachen Weltrekord. Sowohl Gidey als auch die verhinderte Weltrekordlerin Yalemzerf Yehualaw (ETH) gingen den Lauf flott an und ließen keine Zweifel an sehr schnellen Zeiten im Ziel aufkommen.
Bereits nach ersten Kilometern in 2:56, 3:00 und 3:01 Minuten brachten sich Gidey und zunächst auch Yahualaw mit einem 3:00 Minuten/km-Schnitt auf Kurs zu 1:03:18. Als die beiden Tempomacher mit Gidey im Schlepptau die 5 km nach 15:00 passierten, konnte ihre Landsfrau schon nicht mehr folgen, und es entwickelte sich ein Kampf gegen die Uhr, die die 23-jährige Äthiopierin schon bald als vermeintliche Siegerin sah. Nur mit Stauen konnte man die (leider nicht offiziell bekannt gemachten) Splits registrieren. Mit einem 5 km-Abschnitt in 14:45 passierte sie die 10 km nach 29:45 – für sich gesehen schon eine Weltklassezeit – und absolvierte auch das kommende Teilstück in der gleichen Zeit mit einem 15 km-Split von 44:30.
Letesenbet Gidey auf dem Weg zu einem Fabel-Weltrekord im Halbmarathon der Frauen. (c) Veranstalter
Nur bei ihrem Weltrekord über diese Distanz 2018 in Nijmegen war sie mit 44:20 schon geringfügig schneller unterwegs gewesen. Mit 29:30 Minuten für die letzten 10 km war sie sogar schneller als der aktuelle WR über diese Distanz von 29:38 (Kalkidan Gezahegne, Genf, 3. Oktober 2021). Mit einer Projektion von 1:02:35 lag sie fast genau eine volle Minute unter der Durchgangszeit beim (noch nicht ratifizierten) Weltrekord von 1:04:02 durch Ruth Chepngetich im April 2021 in Istanbul. Die km-Splits stiegen nun etwa an, aber bei 20 km in 59:37 war ein neuer Fabel-Weltrekord so gut wie sicher. Gidey erreichte das Ziel nach 1:02:52, der ersten Zeit einer Frau unter 1:04 und sogar 1:03 Stunden, womit sie die Marke aus Istanbul um 1:10 Minuten steigerte.
Wie überlegen Gidey agierte belegt ein Vorsprung von einer vollen Minute auf die Zweite Yalemzerf Yahualaw, die aber in 1:03:51 gleichfalls noch unter der alten Weltrekordmarke blieb. In der vorläufigen Ergebnisliste wurde zunächst der Tempomacher Genetu Molalign (ETH) als Zweiter geführt, einer von etlichen Fehlern bei der Zeiterfassung im Ziel und bei den Zwischenzeiten.
Letesenbet Gidey nach ihrem sensationellen Weltrekord von 1:02:52 im Siegerinterview. (c) Livestream/Screenshot
Auch bei den Männern gab es hochklassigen Sport, wobei aber der Fabel-Weltrekord von 57:32, den Kibiwott Kandie im letzten Jahr an gleicher Stelle aufgestellt, zu keiner Frage zur Debatte stand. Kandie selbst wollte seinen Titel in Valencia nicht verteidigen und entschied sich für sein Debüt über die volle Marathon-Distanz Anfang November beim New York City Marathon. So avanchierte der 10 km-Weltrekordler Rhonex Kipruto (KEN) zum Topfavoriten, der bei seinem Halbmarathon-Debüt im letzten Jahr in Valencia 57:49 erreichte. Rhonex hatte sich allerdings vor dem Start seinen Fuß leicht verstaucht.
Ein Pulk von ca. 15 Läufern durcheilte die ersten Kilometer in 2:41, 5:24, 8:09 und erreichte 5 km nach 13:45. Zwölf Athleten agierten hier noch an der Spitze, was sich bei 10 km in 27:35 und 15 km in 41:16 noch nicht änderte. Im Vergleich zur Durchgangszeit zum Weltrekord lag man gut 20 Sekunden zurück und hatte nur noch schnellen Zeiten im Visier. Nach 16 km in 43:58 war es Abel Kipchumba, der mit einer Attacke das Feld auseinderriss und auf 4 Akteure reduzierte. Da waren neben Kipchumba und Kipruto noch Daniel Mateiko (KEN) sowie Kennedy Kimutai (KEN) mit dabei. Nach ca. 54 Minuten setzten sich aus dem Quartett Kipruto und Kipchumba ab, wobei Kipruto zunehmend das Geschehen vorne bestimmte.
Abel Kipchumba gewann den Halbmarathon in Valencia. (c) Livestream/Screenshot
Doch auch nach 20 km in 55:15 gelang es Kipruto nicht, seinen Landsmann abzuschüttelt, der wenige 100 m vor dem Ziel nach vorne ging, um den Lauf in der Weltklassezeit von 58:07 zu gewinnen. Kipruto in 58:09 und Mateiko in 58:26 vervollständigten das Podium. Mit Kimutai auf Platz 4 in 58:28 vor Philemon Kiplimo (KEN) in 58:34 sowie dem Weltmeister auf der Bahn in seinem zweiten Halbmarathon Muktar Edris (ETH) in 58:40 und Mathew Kimeli (KEN) in 58:43 blieben insgesamt sieben Läufer unter 59 Minuten. Das hat es in der Geschichte des Straßenlaufs noch nie gegeben.
Amanal Petros verbesserte den deutschen Rekord über die Halbmarathon-Distanz auf 1:00:09. (c) Livestream/Screenshot
In der Flut von Weltklasse-Leistungen ging der Lauf des deutschen Topläufers Amanal Petros vom TV Wattenscheid ein wenig unter. Der vor 10 Jahren aus Eritrea nach Deutschland gekommene Athlet konnte im letzten Jahr bereits an gleicher Stelle den deutschen Marathon-Rekord auf 2:07:18 verbessern, nun gelang ihm dies auch im Halbmarathon. In 1:00:09 steigerte er die Uraltmarke durch Carsten Eich aus dem Jahr 1993 von 1:00:34 gleich um 25 Sekunden. Eigentlich war dieses Unterfangen bereits im April in Istanbul geplant, aber da reichte seine Form nicht aus und er kam soeben vor der damals Weltrekord laufenden ersten Frau Ruth Chepngetich ins Ziel.
Am Sonntag erwischte Petros einen wesentlich besseren Tag – Valencia scheint für den 26-jährigen Läufer ein sehr gutes Pflaster zu sein – und lief sein Rennen hinter der Spitzengruppe souverän durch. Zwar lag er bei 10 km schon fast eine Minute zurück und wurde am Ende “nur” Zwölfter, aber bei dem außergewöhnlichen Niveau in der “Ciudad del Running” reichte das für einen nationalen Rekord trotzdem deutlich aus. 14:11 und 28:31 waren seine Splits für 5 km und 10 km. Insgesamt lief er mit 5 km-Splits von 14:11 – 14:20 – 14:16 und 14:16 ein beachtlich gleichmäßiges und wohl kontrolliertes Rennen. Sollte er auf diesem Niveau weiter agieren können, sind ihm schon in Kürze weitere Steigerungen im Halbmarathon sowie dem vollen Marathon durchaus zuzutrauen.
Die schnellsten Zeit im Halbmarathon der Frauen: | |||||
1. | 1:02:52 | Letesenbet GIDEY | ETH | Valencia | 24.10.2021 |
2. | 1:03:51 | Yalemzerf YEHUALAW | ETH | Valencia | 24.102021 |
3. | 1:04:02 | Ruth CHEPNGETICH | KEN | Istanbul | 4.4.2021 |
4. | 1:04:31 | Ababel YESHANEH | ETH | Ras Al Khaimah | 21.4.2020 |
5. | 1:04:40 | Yalemzerf YEHUALAW | ETH | Istanbul | 4.4.2021 |
6. | 1:04:46 | Yalemzerf YEHUALAW | ETH | Delhi | 29.112020 |
7. | 1:04:49 | Brigid KOSGEI | KEN | Ras Al Khaimah | 21.2.2020 |
8. | 1:04:51 | Joyciline JEPKOSGEI | KEN | Valencia | 22.102017 |
8. | 1:04:51 | Hellen OBIRI | KEN | Istanbul | 4.4.2021 |
10. | 1:04:52 | Joyciline JEPKOSGEI | KEN | Prag | 1.4.2017 |
Die schnellsten Zeit im Halbmarathon der Männer: | |||||
1. | 57:32 | Kibiwott KANDIE | KEN | Valencia | 6.12.2020 |
2. | 57:37 | Jacob KIPLIMO | UGA | Valencia | 6.12.2020 |
3. | 57:49 | Rhonex KIPRUTO | KEN | Valencia | 6.12.2020 |
4. | 57:59 | Alexander MUTISO | KEN | Valencia | 6.12.2020 |
5. | 58:01 | Geoffrey KAMWOROR | KEN | Kopenhagen | 15.9.2019 |
6. | 58:07 | Abel KIPCHUMBA | KEN | Valencia | 24.10.2021 |
7. | 58:09 | Rhonex KIPRUTO | KEN | Valencia | 24.10.2021 |
8. | 58:11 | Philemon KIPLIMO | KEN | Valencia | 6.12.2020 |
9. | 58:23 | Zersenay TADESE | ERI | Lissabon | 21.3.2010 |
10. | 58:26 | Daniel MATAIKO | KEN | Valencia | 24.10.2021 |
Splits der führenden Läuferin (Letesenbet Gidey) | |||
distance | split | LAP | projected pace |
1 km | 2:59 | last km: 2:59 | proj: 1:02:57 |
2 km | 6:00 | last km: 3:01 | proj: 1:03:18 |
3 km | 9:00 | last km: 3:00 | proj: 1:03:18 |
4 km | 11:59 | last km: 2:59 | proj: 1:03:12 |
5 km | 15:00 | last km: 3:01 | proj: 1:03:18 |
6 km | 17:58 | last km: 2:58 | proj: 1:03:11 |
7 km | 20:54 | last km: 2:56 | proj: 1:02:59 |
8 km | 23:54 | last km: 3:00 | proj: 1:03:02 |
9 km | 26:53 | last km: 2:59 | proj: 1:03:01 |
10 km | 29:45 | last km: 2:52 | proj: 1:02:46 |
11 km | 32:42 | last km: 2:57 | proj: 1:02:43 |
12 km | 35:40 | last km: 2:58 | proj: 1:02:42 |
13 km | 38:38 | last km: 2:58 | proj: 1:02:42 |
14 km | 41:34 | last km: 2:56 | proj: 1:02:38 |
15 km | 44:30 | last km: 2:56 | proj: 1:02:35 |
16 km | 47:30 | last km: 3:00 | proj: 1:02:38 |
17 km | 50:32 | last km: 3:02 | proj: 1:02:43 |
18 km | 53:32 | last km: 3:00 | proj: 1:02:45 |
19 km | 56:35 | last km: 3:03 | proj: 1:02:50 |
20 km | 59:37 | last km: 3:02 | proj: 1:02:53 |
21 km | 1:02:35 | last km: 2:58 | proj: 1:02:52 |
HM | 1:02:52 | last km: 2:58 | proj: 1:02:52 (WR) |