Nur zwei Tage nach dem Fabel-Weltrekord im 10.000 m-Lauf der Frauen durch Sifan Hassan (NED) in 29:06,82 steigerte heute abend die äthiopische Ausnahmeläuferin Letesenbet Gidey (ETH) diese Marke um weitere gut 5 Sekunden auf 29:01,03. Damit sorgte die Weltrekordlerin über 5000 m für das absolute Highlight bei den äthiopischen Olympia-Ausscheidungen über die Bahnlangstrecken auf der schnellen Bahn im niederländischen Hengelo, bei denen es eine Flut von Weltklasse-Leistungen gab. Eine Zeit in dieser Dimension bei einem Qualifikationsrennen war im Vorfeld nicht unbedingt zu erwarten, andererseits hat die 23-jährige Äthiopierin schon mehrmals ihr außergewöhnliches Potential zeigen können. Zuletzt hatte sie im Oktober 2021 in Valenica den Weltrekord über 5000 m auf 14:06,61 steigern können. Fast noch hochwertiger ist ihr Rekord beim Zevenheuvelenloop über 15 km in Nijmegen, wo sie grandiose 44:20 lief. In der Scoring Table des internationalen Leichtathletikverbandes skaliert ihre Leistung über 15 km mit einer 10.000 m-Zeit von 28:45 Minuten.
Bis 5 km konnte Ababel Yeshaneh mit Letesenbet Gidey mithalten. Das (grüne) Wave Light gab eine Zeit von 29:30 Minuten vor. (c) Livestream/Screenshot
Bei idealen äußeren Bedingungen waren 15 Frauen um 21:10 Uhr als letzter Wettbewerb des Tages gestartet worden, nachdem es schon zuvor großartige Zeiten in allen Rennen gegeben hatte. Mit Hilfe der Tempomacherin Jackline Rotich (KEN), die schon zwei Tage zuvor für Sifan Hassan die Pace gemacht hatte, wurden die ersten Kilometer in gleichmäßigen 2:57, 2:58 und 2:57 zurückgelegt. Bei 3000 m in 8:52 Minuten lagen Gidey und vier weitere Läuferinnen nur 4 Sekunden hinter der Drchgangszeit von Hassan. Hier stieg Rotich aus und bald darauf war Gidey nur noch mit der (noch) amtierenden Halbmarathon-Weltrekordlerin Ababel Yeshaneh (EH) im Schlepptau an der Spitze des Feldes. Die Hälfte der Distanz bei 5000 m erreichte das Duo nach 14:44, man war auf Kurs zu einer Zeit von sehr guten 29:28.
Man lag im direkten Vergleich 5 Sekunden hinter der Durchgangszeit beim Weltrekord zurück, in Anbetracht der Temposteigerung von Hassan im zweiten Part war an einen Rekord eigentlich nicht mehr zu denken. Doch als Yeshaneh bei dem flotten Kilometer von 5 km nach 6 km in 2:54 den Anschluss verlor, kam der Weltrekord immer mehr in Reichweite. Unterstützt vom Wave Light lief Gidey mit 20:33 bei 7 km und 23:28 bei 8 km die km-Abschnitte in 2:55 und befand sich mit einem Rückstand von nur noch 2 Sekunden in Schlagdistanz zum Rekord. Die Grundlage zu diesem legte sie dann auf dem Part nach 9 km in 2:49, den sie 6 Sekunden schneller als Hassan lief und damit im direkten Vergleich nun vier Sekunden vor Hassan lag!
Die Äthiopierin Letesebet Gidey steigerte nur zwei Tage nach dem Weltrekord über 10.000 m durch Sifan Hassan die globale Bestmarke auf 29:01,03. (c) Livestream/Screenshot
Hassan war den letzten Kilometer in grandiosen 2:45 Minuten gelaufen, somit war der Rekord kein Selbstläufer. Doch Gidey zeigte hier ihr außergewöhnliches Potential und konnte das Tempo weiter steigern. Eingangs der letzten Runde in 27:59 war der Rekord schon fast geschafft und mit einer letzten Runde in 62 Sekunden erreichte sie das Ziel nach 29:01,03 – neuer WELTREKORD! Den letzten Kilometer war Gidey in 2:44 gelaufen, die letzte Runde in 62 Sekunden (schafft manche 800 m-Läuferin nicht). Ihre bisherige persönliche Bestzeit von 30:21.23 hatte sie bei der WM in Doha im September 2019 erzielt, damals wurde sie hinter der Weltmeisterin Sifan Hassan Zweite. Kurios war ihr Finish auch deshalb, weil Ababel Yeshaneh auf der Zielgeraden verzweifelt gegen eine Überrundung wehrte und nach dem Ziel zusammenbrach. Dabei hätte sie noch eine weitere Runde laufen müssen. Die Konsequenz für Yeshaneh war damit ein DNF.
Gidey hat das Ziel erreicht und staunt ungläubig über die eigene Leistung, dahinter stürzt nach der Ziellinie die überrundete Ababel Yeshaneh und beendet das Rennen nicht regulär. (c) Livestream/Screenshot
Damit hat sich innerhalb von zwei Tagen der Weltrekord über die Königinnen-Distanz auf der Bahn von 29:17,45 ganz nahe an die 29 Minuten-Schallmauer entwickelt, die nach aktueller Einschätzung schon bald Geschichte sein dürfte. Sowohl Hassan aber auch Gidey haben eine 28er-Zeit in den Beinen. Im knappen Siegerinterview sagte Gidey, dass sie durchaus den Rekord von Hassan im Visier gehabt hatte und in der Zukunft noch unter 29 Minuten laufen möchte.
Dass auch hinter der neuen Weltrekordhalterin gleichfalls Topzeiten erreicht wurden, geriet angesicht der Leistung der Siegerin fast in Vergessenheit. Tsigie Gebreselama (ETH) in 30:06,01 und Tsehay Gemechu (ETH) in 30:19,29 sicherten sich mit den Plätzen 2 und 3 (vermutlich) die weiteren Plätze im äthiopischen Olympia-Team. Beachtlich war auch die Leistung der Halbmarathon-Spezialistin Yalemzerf Yehualaw (ETH), die in 30:20,77 Vierte wurde. Neben weiteren äthiopischen Läuferinnen nutzten Francine Niyonsaba (BUR) und Dolshi Tesfu (ERI) die Veranstaltung, um in 31:08,51 und 31:12,86 die Olympianorm von 31:25 zu erfüllen.
Ergebnisse 10.000 m der Frauen: | |||
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1. | Letesenbet Gidey | 29:01,03 WR |
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2. | Tsigie Gebreselama | 30:06,01 PB |
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3. | Tsehay Gemechu | 30:19,29 PB |
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4. | Yalemzerf Yehualaw | 30:20,77 PB |
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5. | Bosena Mulate | 31:01,54 PB |
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6. | Francine Niyonsaba | 31:08,51 PB |
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7. | Sutume Asefa Kebede | 31:09,56 PB |
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8. | Dolshi Tesfu | 31:12,86 PB |
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9. | Kidsan Alema | 31:35,20 PB |
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10. | Asnakesh Awoke | 31:39,67 PB |
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11. | Medhin Gebreslassie | 31:56,57 PB |
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12. | Gete Alemayehu | 32:19,51 |
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13. | Addiese Misiene | 32:36,79 | |
14. | Tsege Haileselassie | 32:39,00 | |
Ababel Yeshaneh | DNF | ||
Jackline Chep. Rotich | DNF |
Splits der führenden Läuferin: | ||||
Sifan Hassan (6.6.) |
Letesenbet Gidey | |||
1000 m | 2:56,12 | 2:56,12 | 2:57 | 2:57 |
2000 m | 5:52,19 | 2:56,07 | 5:55 | 2:58 |
3000 m | 8:47,91 | 2:55,72 | 8:52 | 2:57 |
4000 m | 11:43,33 | 2:55,42 | 11:48 | 2:56 |
5000 m | 14:38,75 | 2:55,42 | 14:44 | 2:56 |
6000 m | 17:34,44 | 2:55,69 | 17:38 | 2:54 |
7000 m | 20:30,37 | 2:55,93 | 20:33 | 2:55 |
8000 m | 23:25,85 | 2:55,48 | 23:28 | 2:55 |
9000 m | 26:21,05 | 2:55,20 | 26:17 | 2:49 |
10000 m | 29:06,82 | 2:45,77 | 29:01,03 | 2:44 |
2. 5000 m | (14:28,07) | (-0:10,68) | (14:17) | (-0:27) |
Entwicklung des Weltrekords 10.000 m Frauen: | ||||
31:35,3 | Mary Tabb (Decker) | USA | Eugene | 16.7.1982 |
31:35,01 | Ljudmila Baranowa | URS | Krasnodar | 29.5.1983 |
31:27,58 | Raisa Sadrejdinowa | URS | Odessa | 7.9.1983 |
31:13,78 | Olga Bondarenko | URS | Kiew | 24.6.1984 |
30:59,42 | Ingrid Kristiansen | NOR | Oslo | 27.7.1985 |
30:13,74 | Ingrid Kristiansen | NOR | Oslo | 5.7.1986 |
29:31,78 | Wang Junxia | CHN | Beijing | 8.9.1993 |
29:17,45 | Almaz Ayana | ETH | Rio | 12.8.2016 |
29:06,82 | Sifan Hassan | NED | Hengelo | 6.6.2021 |
29:01,03 | Letesenbet Gidey | ETH | Hengelo | 8.6.2021 |
Die schnellsten Zeiten über 10.000 m der Frauen: | ||||
29:01,03 | Letesenbet Gidey | ETH | Hengelo | 8.6.2021 |
29:06,82 | Sifan Hassan | NED | Hengelo | 6.6.2021 |
29:17,45 | Almaz Ayana | ETH | Rio | 12.8.2016 |
29:31,78 | Junxia Wang | CHN | Beijing | 8.9.1993 |
29:32,53 | Vivian Cheruiyot | KEN | Rio | 12.8.2016 |
29:36,67 | Sifan Hassan | NED | Hengelo | 10.10.2020 |
29:39,42 | Gudaf Tsegay | ETH | Maia | 8.5.2021 |
29:42,56 | Tirunesh Dibaba | ETH | Rio | 12.8.2016 |
29:50,77 | Kalkidan Gezahegne | ETH | Maia | 8:5.2021 |
29:53,51 | Alice Nawowuna | KEN | Rio | 12.8.2016 |
29:53,80 | Meselech Melkamu | ETH | Utrecht | 14.6.2009 |
29:54,66 | Tirunesh Dibaba | ETH | Beijing | 15.8.2008 |
29:59,20 | Meseret Defar | ETH | Birmingham | 11.7.2009 |