Die hohen Erwartungen an das “The Marathon Projecte 2020” auf einer Pendelstrecke in Chandler in der Wüste Arizonas im Süden von Phoenix/Tempe erfüllten sich am heutigen Sonntagmorgen in allen Belangen. 19 Läufer im Ziel des Marathon mit Zeiten von unter 2:13 Stunden, 12 Läuferinnen mit Zeiten von unter 2:30 Stunden und die zweitbeste Zeit einer US-Läuferin von 2:20:32 durch Sara Hall (USA) belegen dies recht deutlich. In einer durch die Corona-Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogene Straßenlaufsaison 2020 gelang nach den sensationellen Ereignissen beim Valencia Marathon noch ein weiteres Highlight. Bei etwas zu kalten Temperaturen von ca. 7°C, aber einem Taupunkt um -3°C und kaum Wind herrschten auf der absolut ebenen Pendelstrecke fast ideale Bedingungen, die die ca. eingeladenen 100 Läufer aus den USA und einigen Nachbarländern zu vielen Bestzeiten nutzen konnten.
Der Streckenplan für das “The Marathon Project 2020”. (c) Veranstalter
Pünktlich um 8:00 Uhr wurden die Frauen und Männer vom Starter auf die Strecke geschickt, wobei jede Runde etwa 7 km lang war. Angeführt von den Tempomachern Mason Ferlic (USA) und Frank Lary (USA) passierte nach einer ersten Meile in 5:03 Minuten eine Gruppe von 19 Läufern die 5 km nach 15:29 und 10 km nach 30:43, wo man mit einer Projektion von 2:09:37 bereits auf Kurs zu einer Zeit von unter 2:10 Stunden lag. Die Vorgaben im Vorfeld lagen bei 2:09 Stunden, was die Tempomacher auch zusammen mit 15 Mitstreitern bei 15 km in 45:53 nahezu perfekt umsetzten, man lag auf Kurs zu einer Zeit von 2:09:04.
Der Start zum “The Marathon Project 2020” am heutigen Sonntag um 8 Uhr Ortszeit. (c) Veranstalter
Über 10 Meilen in 49:14 und 1:01:20 nach 20 km erreichten die beiden “Hasen” mit einem Pulk von 15 Läufern im Schlepptau die halbe Distanz in 1:04:28 und bei 25 km in 1:16:26 lag man auf die Sekunde auf den Vorgaben von 2:09:00. Elf Läufer blieben noch übrig, als bei 30 km in 1:31:44 die großartigen Tempomacher ihre Dienste quittierten. Nun war es zunächst der kanadische Landesrekordler Cameron Levins (CAN), der vorne agierte, bei 35 km in 1:46:55 lag der Kanadier aber dann am Ende einer 9-köpfigen Spitzengruppe, die sich danach zunehmend in Auflösung befand.
Die Spitzengruppe der Männer nach ca. 31 km. Vorne links Cameron Levins, rechts daneben Noah Droddy. (c) Veranstalter
Etwas überraschend war es Martin Hehir (USA), mit einer PB von 2:11:29 angereist, der sich vorne absetzen konnte und bald darauf an zweiter Position von Noah Droddy (USA) verfolgt wurde. Bei 40 km in 2:02:08 lag Hehir auf Kurs zu einer Zeit von 2:08:50, 10 Sekunden dahinter Droddy und weitere 10 Sekunden dahinter Colin Bennie (USA). Dies waren alles Läufer, die man im Vorfeld nicht unbedingt auf der Rechnung hatte, erst als Vierter in 2:02:38 passierte mit Scott Fauble (USA) einer der Favoriten die 40 km-Marke. Fauble war beim letzten Boston Marathon 2019 2:09:09 gerannt.
Martin Hehir gewann “The Marathon Project 2020” in Chandler (AZ) in 2:08:59. (c) Veranstalter.
In den Kampf vorne konnte er aber diesmal nicht eingreifen. Hehir zeigte keine Schwäche und schaffte in 2:08:59 soeben eine Zeit von unter 2:09 Stunden, womit er sich um 2 1/2 Minuten steigerte. Der für Reebok Boston TC startende Athlet lief übrigens in Schuhen von Adidas, wie auch die beiden Nächstplatzierten (Reekbok gehört mittlerweile zum Adidas-Konzern). Droddy wurde Zweiter in 2:09:09 vor Bennie in 2:09:38, auch dies waren massive PBs. Interessante Notiz am Rande: Droddy wurde in den Wochen zuvor dreimal auf das Corona Virus getestet, mit den Resultaten negativ – positiv- negativ … Er zeigte niemals Symptome und lief in Chandler dann ein grandiosen Rennen mit einer massiven Verbesserung seiner PB.
Erst dann erreichte Fauble in 2:09:42 das Ziel, das auch Ian Butler (USA) in 2:09:45, Scott Smith (USA) in 2:09:46 sowie Mick Icofano (USA) in 2:09:55 in Zeiten von unter 2:10 Stunden erreichten. Damit erreichten erstmals 7 US-Läufer in einem Rennen diese Schallmauer im Marathon. Einen schlechten Tag erwischte am Ende der kanadischen Mitfavorit Levins, der nach 35 km einbrach und völlig erschöpft erst nach 2:12:12 im Ziel einlief, deutlich über der Olympia-Norm der Männer von 2:11:30.
Die Spitzengruppe der Frauen nach 11 Meilen mit Hall und Taylor. (c) Veranstalter
Das Rennen der Frauen stand ganz im Fokus eines Angriffs der US-Topläuferin Sara Hall, die sich erst Anfang Oktober als Zweite beim London Marathon auf 2:22:01 steigern konnte, auf den US-Rekord von 2:19:36 durch Deena Kastor aus dem Jahr 2006. Geführt von bis zu vier Tempomachern lag Hall nach 5 km in 16:38 bei 10 km in 33:02 mit Kellyn Taylor (USA) im Schlepptau auf Kurs von 2:19:23 und damit unter der Landesrekord-Marke. Taylor, die 2018 den Grandmas Marathon in 2:24:29 gewann, klebte wie eine Klette an den Hacken von Hall und wurde über 49:29 bei 15 km und 1:06:03 bei 20 km mit 1:09:38 beim Halbmarathon gestoppt, deutlich unter dem Rekordtempo von Kastor.
Die weitere Konkurrenz mit dem Shooting Star der Saison Keira D’Amato (USA) mit einer PB von 2:34:24 lag hier schon zwei Minuten zurück. Dann ließen die Kräfte bei Taylor nach und bei 25 km für Hall in 1:22:43 war sie in 1:23:00 schon deutlich zurück. Mittlerweile lag Hall exakt auf Rekordkurs, der sich aber bei 30 km in 1:39:22 schon nicht mehr halten ließ. Bei 35 km in 1:56:09 reichte das Tempo von Hall “nur” noch zu einer Zeit von 2:20 Stunden, der Angriff auf den Rekord war hier schon zu Ende. Taylor war mittlerweile um 2 1/2 Minuten zurückgefallen und dahinter konnte D’Amato den Rückstand auf nur noch 10 Sekunden reduzieren.
Sara Hall gewann “The Marathon Project 2020” in 2:20:32, der zweitbesten Zeit einer US-Läuferin. (c) Veranstalter
Mit den zwei verbliebenen “Hasen” strebte Hall dem Ziel entgegen und über 2:13:06 bei 40 km wurde sie dort in 2:20:32 gestopppt. Mit einer Verbesserung ihrer PB um 1 1/2 Minuten wurde sie damit zur zweitschnellsten US-Läuferin aller Zeiten (siehe auch Tabelle am Ende des Beitrags). Zum hochklassigen Landesrekord fehlte ihr zwar fast eine volle Minute, wenn man aber bedenkt, dass die 36-jährige Hall noch vor zwei Jahren im Regime 2:26 bis 2:28 agierte, dann verschlägt einem die fulminante Leistungssteigerung schon die Sprache. Und die konnte auch Keira D’Amato als Zweite im Ziel in 2:22:56 kaum wiederfinden, die 36-jährige Läuferin steigerte ihre Bestzeit im Marathon von 2:34:24 um mehr als 11 Minuten!
In der Schlussphase hatte dabei D’Amato Kellyn Taylor noch passiert, die in 2:25:22 Dritte wurde und als eine der wenigen Läuferinnen keine PB erzielen konnte. 12 Läuferinnen schafften im Ziel eine Zeit von unter 2:30 Stunden, was eine eindrucksvolle Leistungsbreite bedeutet. Berücksichtigt man aus welchem Leistungs-Pool an Athleten der Lauf in Chandler schöpfte, dann kann man den Organisatoren in diesen schwierigen Zeiten für den Straßenlauf durch die Corona Pandemie nur hohe Anerkennung aussprechen. Die Aktion war in allen Belangen ein großer Erfolg. Die Resultate belegen auch wieder einmal sehr deutlich, dass in den Wintermonaten die Wüste Arizonas ein idealer Ort für sportliche Höchstleistungen im Ausdauerbereich darstellt.
Ergebnisse Marathon der Frauen: | |||
1. | Sara Hall | USA | 2:20:32 |
2. | Keira D’Amato | USA | 2:22:56 |
3. | Kellyn Taylor | USA | 2:25:22 |
4. | Emma Bates | USA | 2:25:40 |
5. | Natasha Wodak | CAN | 2:26:19 |
6. | Andrea Ramirez Limon | MEX | 2:26:34 |
7. | Paige Stoner | USA | 2:28:43 |
8. | Ursula Sanchez Garcia | MEX | 2:29:11 |
9. | Sarah Inglis | GBR | 2:29:41 |
10. | Bria Wetsch | USA | 2:29:50 |
Ergebnisse Marathon der Männer: | |||
1. | Martin Hehir | USA | 2:08:59 |
2. | Noah Droddy | USA | 2:09:09 |
3. | Colin Bennie | USA | 2:09:38 |
4. | Scott Fauble | USA | 2:09:42 |
5. | Ian Butler | USA | 2:09:45 |
6. | Scott Smith | USA | 2:09:46 |
7. | Mick Icofano | USA | 2:09:55 |
8. | Brandon Johnson | USA | 2:10:08 |
9. | Benjamin Preisner | USA | 2:10:17 |
10. | Will Baldwin | USA | 2:10:35 |
Die Splits von Sara Hall (USA): | |||
5 km | 16:38 | 16:38 | 2:20:22 |
10 km | 33:02 | 16:24 | 2:19:23 |
15 km | 49:29 | 16:27 | 2:19:12 |
20 km | 1:06:03 | 16:34 | 2:19:21 |
HM | 1:09:38 | 2:19:16 | |
25 km | 1:22:43 | 16:40 | 2:19:37 |
30 km | 1:39:22 | 16:39 | 2:19:46 |
35 km | 1:56:09 | 16:47 | 2:19:58 |
40 km | 2:13:06 | 16:57 | 2:20:24 |
Ziel | 2:20:32 | 7:26 |
Die besten Marathonläufe von Frauen aus den USA: (hr-measurement – J = Alter in Jahren, M = in Monaten) |
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Deena Kastor | 2:19:36 | London 23.04.2006 (1) |
33J 2M |
Sara Hall | 2:20:32 | Chandler 20.012.2020 (1) |
37J 8M |
Jordan Hasay | 2:20:57 | Chicago 08.10.2017 (3) |
26J 1M |
Shalane Flanagan | 2:21:14 | Berlin 28.09.2014 (3) |
33J 1M |
Deena Kastor | 2:21:16 | London 13.04.2003 (3) |
30J 2M |
Joan Benoit | 2:21:21 | Chicago 20.10.1985 (1) |
28J 5M |
Deena Kastor | 2:21:25 | Chicago 09.10.2005 (1) |
32J 8M |
Amy Cragg | 2:21:42 | Tokyo 25.02.2018 (3) |
34J 1M |
Sara Hall | 2:22:01 | London 04.10.2020 (2) |
37J 6M |
Sara Hall | 2:22:16 | Berlin 29.09.2019 (5) | 33J 5M |