Schweren Herzen mussten auch die Veranstalter der 40. Ausgabe des Valencia Marathon am 6. Dezember 2020 diesen Lauf absagen, zu dem 30.000 Läufer vorangemeldet waren. Das Event ist nun als ein reines Rennen der Leistungseliten geplant, zum dem eine Schar von Läufern der absoluten Weltklasse in der Metropole an der spanischen Mittelmeerküste erwartet wird. Seit einigen Jahren gehört Valencia in Sachen Straßenlauf zu den allerersten Adressen auf dem Globus und bestehen kaum Zweifel, dass die rührigen Macher um Race Director Paco Borao den Weg in die Weltspitze konsequent fortsetzen werden. Dazu passt dann die Ankündigung von Elitethleten auf den Startlisten, die so gut wie alle Superlative sprengen.
Dabei profitiert man zwar von den sehr eingeschränkten Startmöglichkeiten für Topläufer in Zeiten der Corona-Pandemie, andererseits ist eine organisatorische Meisterleistung, Starterfelder dieser Klasse und vor allem auch Leistungsbreite nach Valencia zu bekommen. Ohne Übertreibung muss man feststellen, dass man sogar dem Platzhirschen der Szene, dem London Marathon, in allen Belangen Paroli bieten kann. Vom Elitesegment ist man schon seit einiger Zeit der vermeintlichen Topliga der World Marathon Majors mehr als ebenbürtig.
Die Strecken für den halben und vollen Marathon. (c) Veranstalter
Neben dem (schmerzlichen) Verzicht auf die Läufermassen hat das Corona Virus auf einen Einfluss auf den Streckenverlauf gehabt, der maßgeblich modifiziert werden musste. Die Basis der beiden Läufe über die halbe und volle Distanz besteht nun aus einer Halbmarathon-Runde, die an den Kurs bei der WM in Valenica im Jahr 2018 angelehnt ist und für den Marathon zweimal zu durchlaufen ist. Unverändert bleibt das spektakuläre Finish an den Wasserbecken des städtischen Science Museums.
Birhanu Legese ist einer der Topstars beim Valenica Marathon. (c) Veranstalter
Um 8:30 Uhr Ortzeit wird am 6. Dezember der Marathon gestartet, beim dem ein hochklassiges Elitefeld mit fast unglaublichen 25 Läufern mit PBs von unter 2:07 Stunden auf die Jagd nach Topzeiten gehen wird. Bei den Frauen stehen 5 Athletinnen mit PBs von unter 2:20 Stunden auf der Startliste, 9 waren bereits nach 2:21:01 im Ziel eines Marathonlaufs. Mit der Startnummer #1 wird der Vorjahressieger Kinde Atanaw (ETH) ins Rennen gehen, der den Kursrekord in Valencia auf 2:03:51 schraubte. Seit seinem Sieg hat Atanaw kein weiteres Rennen mehr bestritten. Sein Streckenrekord dürfte eines der Minimal-Ziele im Rennen der Männer sein, am Ende – sollte es nach Willen der Organisatoren gehen – erwartet man bei entsprechenden Bedingungen eine noch weit schnellere Zeit.
Daran könnte der Mann mit der besten Vorleistung im Männerfeld, Birhanu Legese (ETH), maßgeblich beteiligt sein, der sich beim Kampf gegen Lauflegende Kenenisa Bekele (KEN) als Zweiter beim Berlin Marathon 2019 auf großartige 2:02:48 steigerte und dabei durch renntaktische Fehler am Ende wertvolle Zeit einbüßte. In diesem Jahr gewann er am 1. März überlegen den als reines Eliterennen ausgetragenen Tokyo Marathon in 2:04:14, womit er aktuell immer noch der Welt-Jahresschnellste 2020 im Marathon der Männer ist. In den letzten Wochen waren Gerüchte zu lesen, dass auch Kenenisa Bekele plant, in Valencia an den Start zu gehen. Dies hätte dem Lauf noch einen besonderen Twist verpasst, als sich die Beiden im letzten Jahr in Berlin in die Nähe des Weltrekords von 2:01:39 durch Eliud Kipchoge trieben.
Lawrence Cherono ist einer der Topfavoriten. (c) Veranstalter
Wie aber vor einigen Tagen zu erfahren war, ist Bekele nach Auskurieren seiner Verletzung zum Zeitpunkt des London Marathon erst wieder ins Training eingestiegen, konkrete künftige Pläne gibt es noch nicht. Aber auch ohne den Superstar der Laufszene ist die weitere Besetzung des Elitefeldes herausragend. Leul Gebreselasie (ETH) lief seine schnellsten Zeiten im Jahr 2018, zunächst als Zweiter in Dubai mit 2:04:02 und im Dezember schraubte er als Sieger beim Valencia Marathon den damaligen Streckenrekord auf 2:04:31. Zu den derzeit besten Topläufern gehört zweifellos auch Lawrence Cherono (KEN), der sich mittlerweile zu einem Siegerläufer ersten Ranges entwickelt hat. 2017 gewann er in Amsterdam in 2:05:09 und Honolulu in 2:08:27, ein Jahr später siegte er erneut in Amsterdam mit PB von 2:04:06, um dann 2019 die WMM-Läufe von Boston und Chicago zu gewinnen. In diesem Jahr hat der Kenianer bisher noch keinen Wettkampf bestritten.
Die Liste der weiteren Topläufer ist lang, mit “Europa-Rekordler” Kaan Kigen Özbilen (TUR) (PB 2:04:16), Hayle Lemi (ETH) (PB 2:04:33), Reuben Kiprop (KEN) (PB 2:04:40), dem amtierenden Weltmeister Lelisa Desisa (ETH) (PB 2:04:45), Abebe Negewo (ETH) (PB 2:04:51), Evans Chebet (KEN) (PB 2:05:00) und Philemon Rono (KEN) (PB 2:05:00) sind sieben weitere Läufer mit PBs bis 2:05 Stunden dabei. Geringere Aussichten auf eine Topplatzierung dürfte da der Ex-Doppel-Weltmeister Abel Kirui (KEN) haben, der seine PB von 2:05:04 bereits im Jahr 2009 als Dritter beim Rotterdam lief. Gespannt sein darf man auf das Debüt von Jemal Yimer (ETH), der sich in Valencia bereits bestens auskennt. 2018 gewann er dort den Halbmarathon mit Landesrekord von 58:33, 2019 wurde er dort Dritter in 59:09. Im Januar dieses Jahres siegte er bei dem schnellen Rennen in Houston in 59:25.
Richard Ringer absolvierte vor dem Start in Valencia einen erfolgreichen Test im Halbmarathon in Dresden. (c) H. Winter
Auf alle Läufer kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, dazu ist das Starterfeld in Valencia vor allem auch in der Leistungsbreite einmalig besetzt. Allein 35 Athleten sind in ihrer Karriere schon unter 2:10 Stunden gelaufen. Vier deutsche Läufer sind in Valencia im Marathon dabei, wobei es hier aber um zeitliche Dimensionen von 2:10 Stunden und darüber geht. Allen voran könnte Amanal Petros (GER) von derTV Wattenscheid diese Marke “knacken”, der sich im letzten Jahr an gleicher Stelle auf 2:10:29 verbessern konnte. Auch Debütant Richard Ringer (GER) vom LC Rehlingen hat im Vorfeld ähnliche Ziele benannt, wobei er das Rennen in ca. 65:30 konservativ anlaufen will. Und um die Erfüllung der Olympia-Norm (2:11:30) wird es bei Philipp Pflieger (GER) vom LT Haspa Marathon Hamburg (PB 2:12:50) und dem Deutschen Meister der letzten beiden Jahre Tom Gröschel (GER) von TC Fiko Rostock (PB 2:13:49) gehen.
Ruti Aga ist die Frau mit der besten Vorleistung aller Läuferinnen. (c) Veranstalter
Bei den Frauen sind fünf Läuferinnen schon unter der Schallmauer im Marathon der Frauen von 2:20 Studen gelaufen. Ruti Aga (ETH) erreichte vor zwei Jahren beim Berlin Marathon 2:18:34. Im Jahr 2019 gewann sie in Tokyo in 2:20:40. Bei der WM in Doha stieg sie aus, in New York City wurde sie danach in 2:25:51 Dritte. In diesem Jahr ist ihre Bilanz bislang wenig überzeugend, im Januar wurde sie Houston im Halbmarathon in 1:08:25 nur Sechste – fast zwei Minuten hinter der japanischen Siegerin Niiya – und beim Tokyo Marathon im März gab sie auf.
Ihre Landsfrau Birhane Dibaba (ETH) hat mit 2:18:35 fast die gleiche PB, die sie erst im März in Tokyo lief. Im letzten Jahr wurde sie in Valencia Dritte in 2:18:46 und 2018 gewann sie den Tokyo Marathon in 2:19:51. Auch die weiteren sub-2:20-Läuferinnen kommen aus Äthiopien. Degitu Azimeraw (ETH) gewann im letzten Jahr den Amsterdam Marathon in 2:19:26, Zeineba Yimer (ETH) wurde im letzten Jahr in Valencia Fünfte in 2:19:28 und belegte bei der Halbmarathon-WM in Gdynia im Oktober in flotten 1:05:39 Platz 4. Tigist Girma lief ihre Bestzeit als Zweite beim Amsterdam Marathon 2019 in 2:19:52, in diesem Jahr finishte sie in Tokyo als Fünfte in 2:21:56.
Im weiteren Teilnehmerfeld sind die frisch gebackene Weltmeisterin im Halbmarathon Peres Jepchirchir (KEN) zu nennen, deren PB von 2:23:50 als Siegerin bei ihrem Debüt in Saitama (Tokyo) sicher nicht ihr aktuelles Leistungsniveau widerspiegelt. In diesem Herbst zeigte sie mit HM-Zeiten von 1:05:34 in Prag und von 1:05:16 bei der WM in Gdynia großartige Form mit jeweils Nur-Frauen-Weltrekorden. Ähnlich dürfte die Sache bei Fancy Chemutai (KEN) gelagert sein, die in Valencia zum ersten Mal auf die volle Marathondistanz geht. 1:04:52 ist ihre PB im Halbmarathon, die sie 2018 in Ras Al Khaimah erzielte. Gute Aussichten auf eine vordere Platzierung sind auch Helen Tola (ETH) zuzutrauen, die im letzten Jahr in Tokyo 2:21:01 und dann in Berlin als Vierte 2:21:36 schaffte. Im September zeigte sie bei den Berlin 10K Invitational mit 30:59 eine gute aktuelle Form.
Von deutscher Seite sind Anja Scherl (GER) von der LG Telis Finanz Regensburg mit einer PB von 2:27:50 und Deborah Schöneborn (GER) (PB 2:31:18) sowie ihre Zwillingsschwester Rabea (GER) von der LG Nord Berlin dabei. Die sensationelle Vize-Weltmeisterin im Halbmarathon Melat Kejeta (GER) vom Laufteam Kassel musste krankheitsbedingt ihren Start in Valencia absagen. Auch bei den Frauen ist die Leistungsbreite sehr beeindruckend, 27 Frauen im Starterfeld haben PBs von unter 2:30 Stunden.
Birhanu Legese (ETH) 2:02:48
Kinde Atanaw (ETH) 2:03:51
Leul Gebreselasie (ETH) 2:04:02
Lawrence Cherono (KEN) 2:04:06
Kaan Kigen Ozbilen (TUR) 2:04:16
Hayle Lemi (ETH) 2:04:33
Reuben Kiprop (KEN) 2:04:40
Lelisa Desisa (ETH) 2:04:45
Abebe Negewo (ETH) 2:04:51
Evans Chebet (KEN) 2:05:00
Philemon Rono (KEN) 2:05:00
Abel Kirui (KEN) 2:05:04
Betesfa Getahun (ETH) 2:05:28
Amos Kipruto (KEN) 2:05:43
Andualem Belay Shiferaw (ETH) 2:06:00
Ashenafi Moges (ETH) 2:06:12
Abdi Nageeye (NED) 2:06:17
Tsedat Ayana (ETH) 2:06:18
Geoffrey Kirui (KEN) 2:06:27
Chalu Deso Gelmisa (ETH) 2:06:29
Daniel Kemboi (KEN) 2:06:31
Lani Rutto (KEN) 2:06:34
Okubay Tsegay (ERI) 2:06:46
Jemal Yimer (ETH) Debüt
Elitefeld Marathon der Frauen:
Ruti Aga (ETH) 2:18:34
Birhane Dibaba (ETH) 2:18:35
Degitu Azimeraw (ETH) 2:19:26
Zeineba Yimer (ETH) 2:19:28
Tigist Girma (ETH) 2:19:52
Meskerem Assefa (ETH) 2:20:36
Purity Rionoripo (KEN) 2:20:39
Jordan Hasay (USA) 2:20:57
Helen Tola (ETH) 2:21:01
Helalia Johannes (NAM) 2:22:25
Abeba Gebremeskel (ETH) 2:22:29
Joyciline Jepkosgei (KEN) 2:22:38
Madai Perez Carrilo (MEX) 2:22:59
Hawi Feysa (ETH) 2:23:36
Valeria Straneo (ITA) 2:23:44
Peres Jepchirchir (KEN) 2:23:50
Fancy Chemutai (KEN) Debüt