Der erst 19-jährige Jacob Kiplimo (UGA) gewann den WM-Titel im Halbmarathon der Männer im polnischen Gdynia in 58:49, womit er der schnellste und jüngste Weltmeister im Halbmarathon aller Zeiten wurde. Auf dem 5,5 km-Rundkurs mit Ziel am Strand der Stadt konnte sich der Youngster gegen die arrivierte Konkurrenz, incl. seinem hoch eingeschätzten Landsmann Yoshua Cheptegei (UGA), durchsetzen. Wer allerdings nach dem Feuerwerk an Fabelzeiten bei den Frauen ein schnelles Rennen bei den Männern erwartete, wurde im ersten Teil ein wenig enttäuscht. Gut 120 Läufer stellten sich gegen 12:30 Uhr dem Starter (Lord Coe?) und ein großer Pulk passierte den ersten Kilometer in 2:53, 2 km in 5:45 und 3 km in 8:37.
Die Vorstellung der Topathleten, darunter der Debütant Joshua Cheptegei. (c) Livestream/Screenshot
Europarekordler Julian Wanders (SUI) lief kurz vor der zahlreichen Spitzengruppe, die bei 4 km in 11:22 ca. 40 Akteure umfasste und bei 5 km in 14:19 auf Kurs zu einer Zeit von 1:00:25 lag. Erst danach zog das Tempo leicht an, wobei u.a. der Welt-Jahresbeste Kibiwot Kandie (KEN) und der Marathon-Topläufer Guye Adola (ETH) vorne agierten. Noch 24 Läufer lagen bei 10 km in 28:23 vorne zuammen, mit einem 5 km-Abschnitt in 14:04 war man erstmals auf Kurs zu einer Zeit im Ziel von unter einer Stunde (59:53). Danach waren es vor allem Kandie und Amdework Walelegn (ETH), die die Fahrt weiter erhöhten, wobei nach 38 Minuten Wanders zurückfiel.
Die Spitzengruppe der Männer nach 33 Minuten, kurz vor der 12 km-Marke. (c) Livestream/Screenshot
15 km wurden in 42:17 passiert, 11 Läufer vorne hatten die letzten 5 km in 13:54 mit Kurs auf 59:28 zurückgelegt und das Tempo wurde weiter gesteigert. Es waren nun Kandie, Kiplimo, Cheptegei und Walelegn, die sich nach gut 45 Minuten von der Konkurrenz absetzen konnten und eine Viertelstunde vor Schluss für eine Vorentscheidung sorgten. Doch nur eine Minute später gab es dann eine kleine Überraschung, als einem Antritt von Kiplimo mit etwas Verzögerung nur Kandie folgen konnte und Cheptegei sowie Walelegn zurückfielen.
Nach gut 16 km lagen Kandie und Kiplimo vor Cheptegei und Walelegn an der Spitze des Feldes. (c) Livestream/Screenshot
Einer anschließenden Attacke von Kiplimo konnte Kandie noch einmal folgen, doch nach 54 Minuten, ca. 1,5 km vor dem Ziel, konnte sich Kiplimo entscheidend absetzen und hatte bei 20 km in 55:55 eine Vorsprung von 3 Sekunden auf Kandie und 14 Sekunden auf Walelegn. Dem im Vorfeld hoch eingeschätzten Multi-Rekordler Cheptegei fehlte hier schon sichtbar die Substanz, er lag 20 Sekunden hinter seinem Landsmann Kiplimo, der die letzten 5 km in grandiosen 13:38 zurückgelegt hatte. Die letzten 10 km von 10 km nach 20 km war der Mitfavorit in beeindruckenden 27:32 Minuten gerannt, ein Halbmarathon-Tempo von 58 Minuten.
Jacob Kiplimo gewann den WM-Titel im Halbmarathon. (c) Livestream/Screenshot
Kiplimo ließ auch auf dem Schlusspart mit 2:54 von 20 km bis ins Ziel nicht nach und gewann den WM-Titel mit Meisterschaftsrekord von 58:49, den seit 2007 Altmeister Zersenay Tadese mit 58:59 hielt. Ein ganz unbeschriebenes Blatt war der Mann aus Uganda, der im Dezember erst 20 Jahr alt wird (deshalb auch kein Junioren-Weltrekord), nicht. Bei der Cross-WM 2019 im dänischen Aarhus wurde er hinter Cheptegei schon Zweiter vor dem Titelverteidiger Kamworor und im September war er die 5000 m in Ostrava in 12:48,63 gelaufen.
Kandie wurde Zweiter in 58:54, womit der Kenianer mit 3 Resulten im Jahr 2020 unter 59 Minuten eine neue Rekordmarke aufstellen konnte. Walelegn wurde in 59:08 Dritter vor Cheptegei in 59:21, der trotz eines gelungenen Debüts erkennen musste, dass er sich (und seinem Körper) nach den Tempohatzen der letzten Zeit auf der Bahn vermutlich doch etwas zuviel des Guten zugemutet hatte. Hier erscheint die Absage von Sifan Hassan bei den Frauen im Nachhinein mehr als verständlich.
Der neue Weltmeister im Halbmarathon: Jacob Kiplimo (UGA). (c) Livestream/Screenshot
Wie bei den Frauen gab es den Männern eine Flut von Rekorden und PBs, darunter ist auch die Leistung von Simon Boch (GER) von der LG Telis Finanz Regensburg zu zählen, der in 1:01:36 Platz 36 erreichte und sich um fast eine volle Minute im Halbmarathon steigerte. Weniger erfreulich verliefen die Meisterschaften für den deutschen Topläufer Amanal Petros (GER) von der TV Wattenscheid, der mit Steitenstechen keinen guten Tag erwischte und am Ende nur Platz 100 von 122 Startern in indiskutablen 1:05:22 belegte. Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass der deutsche Hoffnungsträger bei den Männern sogar langsamer war als die beste deutsche Frau Melat Kejeta, die in 1:05:18 eine sensationelle Vorstellung auf dem Kurs an der polnischen Küste hinlegte.
Simon Boch aus Regensburg lief auf Platz 36 mit 1:01:36 eine neue PB. (c) Livestream/Screenshot