Eliud Kipchoge (KEN) sowie Brigid Kosgei (KEN) sorgten bei der 39. Ausgabe des Virgin money London Marathon für einen kenianischen Doppelerfolg. Kipchoge gewann das Rennen in der britischen Hauptstadt zum vierten Mal und stellte mit 2:02:37 einen neuen Kursrekord auf. Ferner ist diese Zeit nach seinem Weltrekord von 2:01:39 die zweitschnellste jemals gelaufene Zeit. Bei den Frauen siegte Kosgei in 2:18:20 und steigerte damit ihre persönliche Bestleistung um 15 Sekunden.Da der stürmische Wind vom Vortag weit schwächer wehte, herrschten bei Temperaturen um 10°C und einem Taupunkt von 4°C gute Bedingungen.
Das Rennen der Frauen nahm mit zwei sehr unterschiedlichen Hälften einen kuriosen Verlauf. Mit drei Tempomacherinnen, Halbmarathon-Weltrekordlerin Joyciline Jepkosgei (hatte den vollen Marathon in Hamburg abgesagt), Dorcas Tuitoek und Edith Chelimo (alle KEN) sollte die erste Hälfte in 68:30 Minuten angelaufen werden. Doch schon auf den ersten Metern war der Pulk der Eliteathletinnen nicht willens, das vorgegebene Tempo mitzugehen, so dass die drei Läuferinnen in “Sträflingskleidung” schnell allein auf weiter Flur waren. Schon nach wenigen Kilometern lagen die Tempomacherinnen etwa 100 m vor dem Elitefeld, in dem sich zumindest Sinead Diver (AUS) in Ansätzen auf die Verfolgung machte. Der Erfolg war aber mehr als bescheiden, und der Rückstand der Topläuferinnen wuchs weiter an. 5 km wurde von der Elite in 16:56, 10 km in 33:40 und 15 km in 50:45 passiert, womit man sich auf Kurs zu einer Zeit von 2:22:43 befand.
An dieser Konstellation änderte sich zunächst wenig, bei 20 km auf der Tower Bridge zeigten die Uhren 1:07:38, während die weitere Elite erst nach 1:08:13 diesen Punkt erreichte. Bei der Hälfte in 1:11:22 führte Diver noch mit einem Vorsprung von 16 Sekunden, die Favoritinnen Kosgei, Mary Keitany (KEN), Vorjahressiegerin Vivian Cheruiyot (KEN), Berlin-Siegerin Gladys Cherono (KEN) und Roza Dereje (ETH) brauchten bis hier 1:11:38. Nach 25 km lagen in 1:24:08 noch sieben Frauen zusammen, die nun schnell zu den zwei verbliebenen Tempomacherinnen aufschlossen, die bald darauf ihre Dienste quittierten. Das Rennen wurde nun mit km-Abschnitten um 3:05 Minuten sichtbar schneller, und Vivian Cheruiyot setzte sich nun zusammen mit Kosgei im Schlepptau von dem Trio Keitany, Cherono und Dereje ab.
Brigid Kosgei auf dem vorletzten Kilometer zum Ziel. (c) H. Winter
Nach 30 km in 1:39:44 hatte sich Kosgei knapp vor Cheriuyot setzten können, das Verfolgertrio lag etwa eine halbe Minute zurück. Dieser Rückstand wuchs bis 35 km auf eine volle Minute an, und nachdem Cheruiyot noch einmal kurz zu Kosgei aufschließen konnte, griff Kosgei erneut rennentscheidend an. Der Vorsprung der jungen Kenianerin, die zuletzt bei einem Nacht-Halbmarathon in 1:05:28 Jahres-Weltbestleistung lief, wuchs schnell an und bei 40 km auf dem Embarkment hatte sie in 2:11:19 bereits über eine Minute zwischen sich und Cheruiyot gelegt. Das Verfolgertrio lag gut zwei Minuten dahinter immer noch zusammen.
Für Aufregung hatte der Verpassen der Trinkflasche von Kosgei bei 30 km und 35 km gesorgt, wozu sie aber auf der Pressekonferenz äußerte: “Ich hatte leichte Magenprobleme und mich deshalb entschlossen, keine weiteren Getränke mehr zu mir zu nehmen”. Ihre Leistung hat dieser Zwischenfalls aber in keiner Hinsicht gemindert.
Die besten Frauen beim London Marathon 2019: Dereje, Cheruiyot und Kosgei (v.l.). (c) H. Winter
Kosgei konnte im Finale nochmals zulegen, lief den Schlusspart von der 40 km-Marke bis ins Ziel in 7:01 Minuten und gewann den London Marathon in 2:18:20. Die beachtliche Siegerzeit kam nur durch eine sehr schnelle zweite Hälfte zustande, nach 71:38 für den ersten Part legte die Siegerin den zweiten Teil in großartigen 66:42 zurück. Selbst Mary Keitany war bei ihrem spektakulären Rennen in New York City im Novemeber 2018 “nur” 66:58 gelaufen. Nach aktuellen Unterlagen dürfte Kosgei die schnellste Hälfte in der Geschichte des Marathon gelaufen sein, selbst Paula Radcliffe schaffte auf der gleichen Strecke bei ihrem Weltkord den zweiten Teil in 67:23.
Welche außergewöhnliche Leistung die 25-jähige Kenianerin im Schlusspart zeigte, spiegelt auch der Vergleich mit den Splits von Sir Mo Farah wider, der für die 5 km von 35 km nach 40 km 15:41 Minuten brauchte, Brigid war hier mit 15:32 9 Sekunden schneller. Und im Schlusssegment von 40 km ins Ziel war Kosgei in 7:01 sogar 16 Sekunden schneller als der britische Superstar.
Platz 2 ging an die Vorjahressiegerin Vivian Cheruiyot in 2:20:14 und den Kampf um die Plätze des Verfolgertrios gewann Roza Dereje (ETH) in 2:20:51. Dann folgten auf den Plätzen die Stars Gladys Cherono (KEN) in 2:20:52 sowie die Favoritin im Vorfeld Mary Keitany (KEN) in 2:20:58. Ein tolles Debüt legte auf Platz 6 Emily Sisson (USA) aufs Londoner Pflaster und Sinead Diver (AUS) verbesserte ihren Hausrekord in 2:24:11 um eine gute Minute. Beachtlich war auch die Leistung der kleinen Britin Charlotte Purdue (GBR), die in 2:25:38 auf Platz 10 einlief.
Im Rennen der Männer lag der Fokus auf dem Duell zwischen Eliud Kipchoge und dem Londoner Mo Farah (GBR), der mit seinem Sieg in Chicago im vergangenen Oktober in der Europarekordzeit von 2:05:11 Stunden die erweiterte Weltspitze erreicht hatte. Doch am Ende lief der britische Superstar der Langlaufszene der Spitze hinterher und erreichte das Ziel nur an Position 5, wobei er in 2:05:39 seinen Europarekord recht deutlich verfehlte. Bis zum Halbmarathon sah es für den Briten noch gut aus, mit drei Tempomachern erreichte über 14:23 bei 5 km, 29:01 bei 10 km und 43:42 bei 15 km eine neunköpfige Gruppe mit allen Topläufern 20 km in 58:25 und den Halbmarathon nach 1:01:37, man lag somit in den Regionen des Kursrekords von 2:03:05.
Die Spitzengruppe der Männer nach 25 km. (c) S. Hartnett
Es war nun vor allem Kipchoge der für eine massive Temposteigerung sorgte, die km-Abschnitte nach 22 km wurden in 2:49, 2:50, 2:50,2:52 und 2:48 zurückgelegt. Und diese Steigerung des Tempo zeigte Wirkung. Dabei war es neben den London-Siegern Daniel Wanjiru (KEN) und Ex-Weltrekordler Wilson Kipsang (KEN) auch überraschend Mo Farah, der der Spitzengruppe nicht mehr zu folgen vermochte, in der neben Kipchoge noch der Vorjahreszweite Shura Kitata (ETH), Mosinet Geremew (ETGH), Leul Gebresilasie (ETH) und Mule Wasihun (ETH) zu finden waren. 25 km passierte man in 1:12:38 und bei 30 km in 1:27:03 war Gebresilasie zurückgefallen und lief mit Farah zusammen.
An der Spitze bahnte sich nach 35 km in 1:41:55 ein Ausscheidungsrennen an, in dem Kipchoge bis auf Geremew bis 40 km in 1:56:20 Wasihun und Kitata loswerden konnte. Mit einem schnellen Kilometer von 2:48 konnte auch Geremew, der schon in Chicago im Oktober 2018 dem Sieger bis zur Schlussphase Paroli bot, nicht mehr mitgehen und Kipchoge gewann souverän in 2:02:37. Nur Kipchoge selbst war bei seinem Weltrekord einmal schneller gelaufen. Auch der Zweite Geremew schaffte noch mit 2:02:55 eine Zeit von unter 2:03 Stunden, womit er den äthiopischen Landesrekord von Kenenisa Bekele steigern konnte. Wasihun wurde in 2:03:16 Dritter.
Eliud Kipchoge gewann den London Marathon zum vierten Mal. (c) H. Winter
Hinter dem Vorjahreszweiten Kitata in 2:05:01 kam als Fünfter Mo Farah ins Ziel, womit der Ausnahmeläufer auf der Bahn sicher nicht ganz zufrieden sein konnte. Wie weit auch der Medienrummel um eine Posse in einem äthiopischen Hotel, das Haile Gebreselassie gehört, bei der Konzentration auf das Rennen gestört haben mag, ist schwer auszumachen und auch von Farah selbst zu veranworten. Erwähnenswert ist sicher der belgische Rekord von Bashir Abdi (BEL) in 2:07:03 sowie die Steigerung von Callum Hawkins (GBR) auf 2:08:14, womit er Platz 10 belegte. Nach letzten Informationen haben 42.549 Finisher das Ziel auf The Mall erreicht, von denen sich sicher schon wieder viele für die Lotterie für die 40. Jubiläumsausgabe im kommenden Jahr in dieser Woche anmelden werden.
In alter Tradition wurden die Sieger am Morgen nach dem Rennen vor der Tower Bridge präsentiert: Eliud Kipchoge und Brigid Kosgei. (c) H. Winter
Durch die flotten Zeiten des Siegertrios verbesserte sich das Mittel der zehn schnellsten Zeiten in London auf großartige 2:03:51,6 Damit verdrängte man im weltweiten Ranking bei den Männern Dubai mit 2:04:02 vom zweiten Platz. Aktuell uneinholbar liegt hier der Berlin Marathon mit 2:03:14 einsam an der Spitze. Beim Zehnermittel der Frauen baute der London Marathon seine Führung mit 2:18:08 weiter aus. Hier folgen auf den Plätzen Dubai in 2:19:10 und der Berlin Marathon mit 2:19:19.
Ergebnisse Marathon der Männer: | |||
1. | Eliud Kipchoge | KEN | 2:02:37 |
2. | Mosinet Geremew | ETH | 2:02:55 |
3. | Mule Wasihun | ETH | 2:03:16 |
4. | Shura Kitata | ETH | 2:05:01 |
5. | Mo Farah | GBR | 2:05:39 |
6. | Tamirat Tola | ETH | 2:06:57 |
7. | Bashir Abdi | BEL | 2:07:03 |
8. | Leul Gebresilasie | ETH | 2:07:15 |
9. | Yassine Rachik | ITA | 2:08:05 |
10. | Callum Hawkins | GBR | 2:08:14 |
11. | Daniel Wanjiru | KEN | 2:08:40 |
12. | Wilson Kipsang | KEN | 2:09:18 |
Ergebnisse Marathon der Frauen: | |||
1. | Brigid Kosgei | KEN | 2:18:20 |
2. | Vivian Cheruiyot | KEN | 2:20:14 |
3. | Roza Dereje | ETH | 2:20:51 |
4. | Gladys Cherono | KEN | 2:20:52 |
5. | Mary Keitany | KEN | 2:20:58 |
6. | Emily Sisson | USA | 2:23:08 |
7. | Sinead Diver | AUS | 2:24:11 |
8. | Carla Rocha | POR | 2:24:47 |
9. | Birhane Dibaba | ETH | 2:25:04 |
10. | Charlotte Purdue | GBR | 2:25:38 |
11. | Linet Masai | KEN | 2:26:06 |
12. | Molly Huddle | USA | 2:26:33 |