Mit beachtlichen Zeiten konnte am Sonntag der Vodafone Istanbul Halbmarathon aufwarten. Bei den Männern wurde zwar das erklärte Ziel einer Zeit von unter einer Stunde mit der Siegerzeit von 1:00:09 (das ist übrigens auch der Streckenrekord beim Osterlauf in Paderborn) durch Ismail Juma (TAN) knapp verfehlt, dafür gab es bei den Frauen angesichts der äußeren Bedingungen durch Ruth Chepngetich in 1:06:19 eine Weltklassezeit. Als sich um 8:45 Uhr die Eliteläufer auf dem Kurs an der Küste von Bosperus und Golden Horns auf die Strecke machten, sorgte bereits die Sonne und Temperaturen um 19°C (im Schatten) sowie ein strammer Wind für erschwerte Bedingungen.
Bei den Männern liefen die beiden Tempomacher Vicent Chemweno sowie Benjamin Kiplagat eine Pace von knapp über einer Stunde. Mit einer Zwischenzeit von 14:21 bei 5 km lagen etwa 10 Läufer in einer Spitzengruppe, aus sich bald darauf Vicent Yator (KEN) lösen konnte, der bereits 2015 in Yangzhou 59:55 gelaufen war. Bei 10 km in 28:32 lag der wackere Kenianer etwa 5 Sekunden vor einer achköpfigen Verfolgergruppe, die den Ausreißer bald nach 10,5 km auf dem Wendepunkt-Kurs wieder einholte.
Der spätere Sieger Ismail Juma (TAN) lief nach 15 km an der Spitze. (c) H. Winter
Bei 15 km in 42:50 hatte sich an der Spitze mit Juma, Terefa Debela (ETH) und Edwin Rotich ein Trio gebildet, das mit einer Projektion von 1:00:15 praktisch auf Kurs des Streckenrekords von 1:00:13 aus dem Vorjahr durch Ali Kaya (TUR) lag. Kaya hatte leider verletzugsbedingt kurzfristig absagen müssen, und ein weiterer aus Kenia stammender Läufer mit türkischem Pass, Mike Kigen, hatte nicht seinen besten Tag, fiel bereits nach 10 km zurück und wurde am Ende in 1:00:51 nur Fünfter. An der Spitze wurde nun zunehmend taktiert, so dass mit km-Splits von 14 km bis 17 km in 2:53, 2:54, 2:56 und 2:54 die Stunde außer Reichweite geriet.
Zwar konnte Yuma nach 17 km mit Splits von 2:47, 2:48 und 2:50 die für die Stunde nötigen km-Zeiten von 2:50 Minuten unterbieten und sich deutlich von der Kunkurrenz absetzen. Aber für die Stunde kam dieser Antritt etwas zu spät. In 1:00:09 überquerte er die Ziellinie und verbesserte damit sowohl den erst ein Jahr alten Kursrekord als auch den türkischen All-Comers-Rekord. Platz 2 ging an Terefa Debela (ETH) in 1:00:22 und Dritter wurde Edwin Rotich (KEN) in 1:00:37. Mit Adugna Bikila (ETH) in 1:00:45 und Kaan Kigen (TUR) in 1:00:51 liefen immerhin 5 Läufer unter 61 Minuten, ein auch in der Leistungsbreite recht überzeugendes Ergebnis.
Die Erstplatzierten Läufer beim Istanbul Halbmarathon: Debela (2), Juma (1) und Rotich (3). (c) H. Winter
Der 26-jährige Überraschungssieger Juma war eigentlich bei keinem Experten auf der Liste. Der vom italienischen Manager Gianni Demadonna betreute Athlet war bisher vor allem bei Rennen in Südamerika gestartet und verbesserte seinen Hausrekord von 1:02:44 bei seinem ersten Start auf europäischem Boden um gut 2 1/2 Minuten. In der Saison 2017 belegt er aktuell mit dieser Zeit im weltweiten Ranking Platz 15.
Für eine erfreuliche Überraschung sorgten die Frauen, bei denen sich schnell unter Führung des Tempomachers David Chemweno ein Zweikampf zwischen der Favoritin und Silbermedaillen-Gewinnerin im Marathon von Rio 2016, Eunice Kirwa (BRN), und Ruth Chepngetich (KEN) entwickelte. Das Trio legte von Beginn an mächtig los und lag nach 5 km in 15:17 mit einer Projektion von 1:04:29 auf Weltrekordkurs. Bei 10 km nach 31:08 war zwar eine Fabelzeit außer Reichweite, aber man war immer noch im Regime einer Zeit von 65 Minuten. Bis 15 km konnte man die Fahrt halbwegs aufrecht erhalten, lag nun aber schon auf einer Zeit im Ziel von über 66 Minuten.
Die Erstplatzierten bei den Frauen: Kirwa (2) Chepngetich (1) und Degefa (3). (c) H. Winter
Bald nach 15 km fiel dann die Entscheidung um den Sieg. Chepngetich, die in diesem Jahr bereits Halbmarathonläufe in Paris und Mailand gewinnen konnte, zog mit dem Tempomacher davon, hatte bei 20 km in 1:02:57 einen Vorsprung von 15 Sekunden auf Kirwa herausgelaufen und siegte in der hochklassigen Zeit von 1:06:19. Damit liegt die Kenianerin, die ihre Bestzeit von 1:07:42 deutlich steigern konnte, auf Platz 12 der ewigen Weltbestenliste im Halbmarathon der Frauen und verdrängte damit die Lauflegende Lornah Kiplagat, die als Repräsentation der IAAF vor Ort war, von dieser Position. Auch Kirwa lief auf Platz 2 in 1:06:46 eine Topzeit, die für sie gleichfalls Bestzeit (vorher 1:08:06) und Landesrekord für Bahrein ist. Auf Platz 3 landete die Starterin mit der besten Vorleistung von 1:06:14, Worknesh Degefa (ETH) in 1:08:55.
Insgesamt waren bei der bestens organisierten Veranstaltung gut 5000 Teilnehmer dabei, die zu gleichen Teilen im Halbmarathon und einem 10 km-Lauf auf die Strecke gingen. Das nächste Highlight in Sachen Laufsport wird in der 15 Millionen-Stadt Istanbul der volle Marathon am 12. November 2017 sein.
Die Zwischenzeiten des führenden Läufers: | ||||
distance | split | last km | last 5 km | projection |
1 km | 2:51 | 2:51 | 1:00:08 | |
2 km | 5:44 | 2:53 | 1:00:29 | |
3 km | 8:38 | 2:57 | 1:00:04 | |
4 km | 11:45 | 3:04 | 1:01:58 | |
5 km | 14:21 | 2:36 | 14:21 | 1:00:33 |
6 km | 17:16 | 2:55 | 1:00:43 | |
7 km | 20:04 | 2:48 | 1:00:29 | |
8 km | 22:54 | 2:50 | 1:00:23 | |
9 km | 25:43 | 2:49 | 1:00:17 | |
10 km | 28:31 | 2:48 | 14:10 | 1:00:10 |
11 km | 31:23 | 2:52 | 1:00:12 | |
12 km | 34:15 | 2:52 | 1:00:13 | |
13 km | 37:03 | 2:48 | 1:00:08 | |
14 km | 39:56 | 2:53 | 1:00:11 | |
15 km | 42:50 | 2:54 | 14:19 | 1:00:15 |
16 km | 45:46 | 2:56 | 1:00:21 | |
17 km | 48:40 | 2:54 | 1:00:24 | |
18 km | 51:27 | 2:47 | 1:00:18 | |
19 km | 54:15 | 2:48 | 1:00:14 | |
20 km | 57:05 | 2:50 | 14:15 | 1:00:13 |
21 km | 59:53* | 2:48 | 1:00:10 | |
HM | 1:00:09 | 0:16 |
Die Ergebnisse wurde unmittelbarer nach dem Einlauf auf einer großen Video-Wand angezeigt.