Jörg Peter hält seit gut 27 Jahren den deutschen Marathonrekord. Der Dresdener, der am heutigen Freitag seinen 60. Geburtstag feiert, lief 1988 in Tokio 2:08:47 Stunden. Beim Frankfurt-Marathon wird nun am Sonntag Arne Gabius versuchen, diese Zeit zu unterbieten. Im Interview erinnert sich Jörg Peter, der mit seiner Familie eine Recycling-Firma betreibt, an seinen Rekordlauf und gibt eine Einschätzung zu Arne Gabius.
Wie kam es damals zu Ihrer deutschen Rekordzeit in Tokio, war das geplant?
Jörg Peter: Mein Ziel war damals einzig, die Olympianorm für die Spiele in Seoul 1988 zu erreichen. Der Rekord war kein Thema. Ich hatte im Herbst 1987 den Kosice-Marathon gewonnen. Dadurch bekam ich die Möglichkeit, noch im Dezember in Fukuoka zu starten. Dort aber verpasste ich mit einer Zeit von 2:11:22 Stunden die Olympianorm um 37 Sekunden. Da es zwischen der DDR und Japan einen Austausch gab, durfte ich in Tokio noch einen Versuch starten. Eigentlich sollte ich mit Michael Heilmann zusammen dort laufen, aber ich wartete am Flughafen vergeblich auf ihn – er war krank und kam nicht, so dass ich alleine nach Tokio flog. Es ging mir dort nur um die Norm von 2:10:45.
Das Tempo war aber ziemlich schnell, es lief auf 2:07 Stunden hinaus.
Jörg Peter: Ich bin das Tempo mitgelaufen, war aber nach 20 Kilometern etwas hinter der Spitze auf Position 30. Fünf Kilometer später war die Gruppe deutlich kleiner, und nach 35 km waren wir nur noch zu Viert: Juma Ikangaa, Abebe Mekonnen, Rob de Castella (drei der größten Namen im Marathon der 80er Jahre, d. Red.) und ich.
Wann merkten Sie, dass der damalige DDR-Rekord, den Michael Heilmann mit 2:09:03 hielt, möglich sein würde?
Jörg Peter: Ich war nur auf die Norm aus. Nach 35 Kilometern merkte ich, dass es schnell wird und fühlte mich gut. Doch zwei Kilometer später bekam ich Seitenstechen und musste die anderen drei ziehen lassen. Ich war mir sicher, dass ich die Norm laufen würde und dachte, das könnte eine 2:09er-Zeit werden. Ich habe die mitlaufende Zeit auf dem Führungsfahrzeug gesehen und bin auch wieder herangekommen. Eingangs der Zielgeraden konnte ich Rob de Castella überspurten, doch die anderen beiden waren zu weit weg.
Ihre Rekordzeit von 2:08:47 Stunden hat jetzt 27 Jahre gehalten. Arne Gabius wird versuchen, die Marke am Sonntag beim Frankfurt-Marathon zu unterbieten. Was trauen Sie ihm zu?
Jörg Peter: Ich habe Arne in Hamburg kennen gelernt. Er ist ein sympathischer, bodenständiger Kerl und weiß was er will. Zurzeit ist er der einzige deutsche Läufer, der die Voraussetzungen mitbringt, den Rekord zu verbessern. Man muss über 10.000 Meter schon um 28 Minuten herum laufen können, um eine Marathonzeit unter 2:09 Stunden zu erreichen. Arne hat diese Grundschnelligkeit, das hat er mehrmals gezeigt. Es geht dann um Ausdauer, man muss genügend lange Läufe machen. Ich hatte etwas Bedenken, da Arne bei der WM über 10.000 Meter gelaufen ist. Das könnte knapp werden, aber vielleicht reicht es und er hat genügend lange Läufe machen können.
Was würden Sie Arne Gabius für Frankfurt empfehlen?
Jörg Peter: Ich würde eher nicht auf eine 2:07-Stunden-Zeit anlaufen sondern auf 2:09. Wenn es dann gut läuft, kann er die 13 Sekunden auf den letzten fünf Kilometern herausholen. Entscheidend ist aber, ob er genügend Ausdauer trainieren konnte. Wenn nicht, kann es in die Hose gehen, wenn er zu schnell anläuft. Dann bricht er weg und schafft am Ende nicht einmal die 2:09 Stunden. Hat er genügend Ausdauer trainiert, ist es gut – dann muss es funktionieren. Als ich früher in Japan gelaufen bin, wurde oft ein 2:06-Stunden-Tempo eingeschlagen, was damals ja Weltrekord war. Ich bin das mitgelaufen, aber irgendwann brichst du weg und kommst dann mit 2:10 oder 2:11 ins Ziel.
Wären Sie traurig, wenn Sie den Rekord am Sonntag verlieren?
Jörg Peter: Ja, ich wäre traurig, denn mein Rekord wäre dann ja weg. Aber wenn Arne es schafft, gönne ich es ihm von Herzen.