Mit einem neuen Weltrekord krönte der kenianische Ausnahmeläufer, Marathon-Weltrekordler und -Doppel-Olympiasieger Eliud Kipchoge (KEN) die 48. Ausgabe des BMW Berlin Marathon am 25. September. Mit einer über die Marathondistanz noch nie gesehenen Tempojagd, die bis 25 km auf Kurs zu einer Zeit von unter 2 Stunden lag, erreichte Kipchoge das Ziel nach 2:01:09 und war damit 30 Sekunden schneller als bei seinem Weltrekord an gleicher Stelle im Jahr 2018. Auch bei den Frauen gab es mit einer erheblichen Steigerung des Streckenrekords durch Tigist Assefa (ETH) auf 2:15:37 ein weiteres Highlight. Mit 45.000 angemeldeten Läufern lag das Teilnehmerfeld wieder auf den Zahlen von Zeiten vor der Corona bedingten Zwangspause und die äußeren Bedingungen mit Temperaturen um 13°C und kaum Wind waren beste Voraussetzungen für flotte Zeiten.
Und diese hatte der Topstar der Veranstaltung Eliud Kipchoge von Beginn am Visier und nach den ersten Kilometern in 2:49, 2:54, 2:51 und 2:49 wurde schnell klar, dass der Meister zusammen mit drei Tempomachern in der Tat schnell laufen wollte. Nach kurzer Zeit wagten es nur noch der vermeintliche Hauptkonkurrent und Vorjahressieger Guye Adola (ETH) sowie sein Landsmann Andamlak Belihu (ETH) das “Höllentempo” mitzugehen. Bei 5 km in 14:14 lag die Spitze auf Kurs von 2:00:04 und brachte sich ab 9 km in 25:34 ins Regime einer Endzeit unter 2 Stunden. Bei 10 km in 28:22 lag das Trio zusammen mit den drei Hasen auf Kurs zu einer Zeit von 1:59:41, das war fast exakt die Zeit, die Kipchoge im Jahr 2019 im Wiener Prater am Ende bei dem nicht Regel konformen Unterfangen erzielte. Die ersten Verfolger lagen hier in 28:55 schon eine gute halbe Minute zurück.
Auch auf den folgenden Kilometern blieb das Tempo abenteuerlich hoch. 13 km in 36:48 wurden mit km-Splits von 2:49, 2:47 und 2:50 erreicht. Damit ergab sich mit 1:59:26 die schnellste Projektion im gesamten Rennen, fast eine halbe Minute schneller als bei dem “Kirmesrennen” im Wiener Prater im Jahr 2019. Die Tempomacher (aus der Trainigsgruppe von Eliud) waren immer noch an Bord und führten die Spitze mit unvermindert hohem Tempo nach 20 km in 56:41 zur Halbmarathonmarke in 59:50. Auch nicht in Ansätzen ist jemals in einem (Regel konformen) Marathon eine derartige Zwischenzeit erzielt worden. Bei Kipchoges Weltrekord im Jahr 2018 mit 2:01:39 betrug der Split zur Hälfte 1:01:05, man war damals also 1:15 Minuten langsamer.
Diese Tempojagd hatte allerdings Konsequenzen für Eliuds Mitstreiter, vor allem für Guye Adola, der schon früh am Limit lief und nach 14 km endgültig die Segel streichen musste. Nach 24 km in 1:08:14 blieb noch Philemon Kiplimo (KEN) als Tempomacher über, der aber kurz darauf nach 25 km 1:11:07 (das war die erste Weltbestleistung an diesem Tag – WR Dennis Kimetto 1:11:18, Berlin 2012) seine Dienste quittierte und sich das Rennen auf die Akteure Kipchoge vs. Belihu konzentrierte. Doch schon bei 26 km in 1:13:59 war auch der wackere Äthiopier am Ende seiner Kräfte. Der 23-jährige Athlet mit Bestzeiten von 26:53,15 über 10.000 m und 58:54 im Halbmarathon fiel nun schnell zurück, konnte den Lauf aber am Ende in 2:06:40 auf einem achtbaren vierten Platz beenden.
Kipchoge zog unaufhaltsam davon, aber mit km-Splits von 2:57 nach 27 km und 2:59 nach 28 km rutschte seine Projektion mit 2:00:26 wieder über die 2-Stunden-Barriere, die bei 30 km in 1:25:39 weiter außer Reichweite geriet. Der Split bei 30 km selbst ist die schnellste jemals erreichte Zeit über diese Distanz. Nach einem “schwächeren” Kilometer von 2:58 nach 31 km fand der Meister sein Tempo wieder und absolvierte die nächsten Kilometer um 2:52/2:53 und erreichte damit die 35 km-Matten vor der Gedächtniskirche in 1:40:07. Mit einer Projektion von 2:00:41 hatte sich aber spätestens hier der Traum von der 2-Stunden-Barriere erledigt. Noch zweimal gab es nach 36 km in 2:59 und 38 km 3:02 die Gefahr den Weltrekord zu verpassen. Doch ab 39 km – wo der Marker sehr irritierend zu früh stand – hatte ´Kipchoge die Dinge unter Kontrolle.
Eliud Kipchoge steigerte beim Berlin Marathon seinen Weltrekord auf 2:01:09. (c) Livestream/Screenshot
Über 1:54:52 bei 40 km erreichte er mit zwei km-Splits von jeweils 2:52 das Ziel hinter dem Brandenburger Tor, das er nach knapp über 2 Stunden passierte, in 2:01:09. Damit steigerte er seinen eigenen Weltrekord um phänomenale 30 Sekunden und ist damit im Besitz der vier schnellsten von fünf Leistungen über die Marathondistanz. Im Gegensatz zum Rekord 2018 war diesmal durch das hohe Tempo in der ersten Hälfte an einen “negativen Split” nicht zu denken: Nach 59:50 für Part 1 absolvierte der Sieger die zweite Hälfte in 1:01:19 und stellte damit einen der wenigen Weltrekorde auf, die nicht auf einem negativen Split basierten. Zwischen 35 km und 40 km hatte sich der Kenianer Mark Korir (KEN) an Belihu vorbei geschoben und belegte am Ende in 2:05:58 mit fast 5 Minuten Rückstand auf Kipchoge Platz 2. Und auch Tadu Abate (ETH) konnte Belihu noch passieren und wurde in 2:06:28 Dritter. Erst auf Platz 4 erreichte dann Andamlak Belihu das Ziel nach 2:06:40, wobei er der Tempohatz mit Kipchoge in der ersten Hälfte am Ende noch erheblichen Tribut zahlen musste.
Erfreulich von deutscher Seite verlief der zweite Marathon für den erst vor wenigen Tagen eingebürgerten Haftom Welday (GER) vom Hamburger Laufclub, der nach 1:04:51 für die ersten Hälfte sogar noch zulegen konnte und in 2:09:06 auf Platz 11 im Ziel war. Nicht ganz nach Plan lief es für Johannes Motschmann (GER) vom Marathon Team Berlin, der im Schlußpart mit einem 5 km-Split von 35 km nach 40 km in 17:01 etwas einbrach und in 2:14:02 nur auf Platz 24 kam. Durch die schnelle Zeit des Siegers konnte Berlin sich im Zehnermittel auf 2:02:40 steigern und liegt damit über eine volle Minute vor London (2:03:46) und Valencia (2:03:54).
Unerwartet hochklassig verlief auch das Rennen der Frauen, in dem zunächst eine 14-köpfige Spitzengruppe, unterstützt von einer Armada an Tempomachern, die 5 km nach 16:21 passierte. Nach 10 km in 32:36 war aus der Spitze die Frau mit der besten Vorleistung Keira D’Amato (USA) herausgefallen, die nach 32:43 die Matten bei 10 km passierte. Dies wird auch daran gelegen haben, weil das Tempo der Spitze auf eine Zeit von 2:17:30 hinauslief. Über 48:44 bei 15 km und 1:04:43 bei 20 km erreichten fünf Läuferinnen vorne den Halbmarathon nach 1:08:13 und lagen damit auf Kurs zu einer Zeit von 2:16:23, also deutlich unter dem Streckenrekord von 2:18:11 durch Gladys Cherono aus dem Jahr 2018.
Tigist Assefa gewann den 48. Berlin Marathon mit Streckenrekord. (c) Livestream/Screenshot
Über 1:20:48 bei 25 km lag bei 30 km in 1:36:41 noch das Trio bestehend aus Tigist Assefa, Tigist Abayechew (ETH) und Sisay Gola (ETH) an der Spitze, aus der sich bald darauf die spätere Siegerin Assefa lösen konnte. Bei 35 km in 1:52:27 hatte sie schon einen Vorsprung von 20 Sekunden auf Abayechew und 50 Sekunden auf die von hinten aufkommende Debütantin Rosemary Wanjiru (KEN). Über 2:08:42 bei 40 km lief Assefa als Siegerin in 2:15:37 einen neuen großartigen Streckenrekord und lief dabei den Schlußpart ab 40 km in eindrucksvollen 6:55 Minuten.
Damit wurde die Äthiopierin, die ihre Laufkarriere über die 800 m auf der Bahn begann, hinter Brigid Kosgei und Paula Radcliffe zur drittschnellsten Marathonläuferin aller Zeiten. Erstaunlich ist dabei die kaum zu glaubende Leistungssteigerung der 28-jährigen Äthiopierin, die bei ihrem ersten Marathon im März 2022 in Riyad in 2:34:01 Siebte wurde und sich nun in die absolute Weltspitze katapultierte. Auch den Landesrekord von 2:17:23 durch Yalemzerf Yehualaw bei Hamburg Marathon im April pulverisierte Assefa. Mit der Startnummer F24 stand sie in der Startliste weit unten und sicher kaum jemand – vielleicht außer ihrem Manager Gianni Demadonna – hatte sie auf der Rechnung. Allerdings deuteten Siege in diesem Jahr beim Halbmarathon im April in Herzogenaurach in 1:07:28 und im Mai in Göteborg in 1:07:20 auf ihre großes läuferisches Potential und ihre akute Form hin.
Mit großem Abstand kam dann Rosemary Wanjiru ins Ziel, die in 2:18:00 gleichfalls unter dem Streckenrekord blieb und sich kurz vor dem Ziel noch an Tigist Abayechew vorbeischieben konnte, die in 2:18:03 auf Platz 3 landete. Und auch die Viertplatzierte, Workenesh Edesa (ETH) blieb in 2:18:51 unter 2:19 Stunden. Die Mitfavoritin Keira D’Amato verlor durch kurze Gehpausen wertvolle Zeit, holte dann aber noch etliche Konkurrentinnen ein und wurde in 2:21:48 Sechste. Das war im Vergleich zu ihrem ersten Start 2018 in Berlin in 2:34 Stunden eine massive Steigerung, eine Verbesserung ihres im Januar in Houston mit 2:19:12 aufgestellten US-Rekords muss aber vertagt werden.
Ergebnisse Marathon der Frauen: | |||
1. | Tigist Assefa | ETH | 2:15:37 CR |
2. | Rosemary Wanjiru | KEN | 2:18:00 |
3. | Tigist Abayechew | ETH | 2:18:03 |
4. | Workenesh Edesa | ETH | 2:18:51 |
5. | Meseret Gola | ETH | 2:20:58 |
6. | Keira D’Amato | USA | 2:21:48 |
7. | Rika Kaseda | JPN | 2:21:55 |
8. | Ayuko Suzuki | JPN | 2:22:02 |
9. | Sayaka Sato | JPN | 2:22:13 |
10. | Vibian Chepkirui | KEN | 2:22:21 |
Ergebnisse Marathon der Männer: | |||
1. | Eliud Kipchoge | KEN | 2:01:09 WR |
2. | Mark Korir | KEN | 2:05:58 |
3. | Tady Abate | ETH | 2:06:28 |
4. | Andamlak Belihu | ETH | 2:06:40 |
5. | Abel Kipchumba | KEN | 2:06:49 |
6. | Limenih Getachew | ETH | 2:07:07 |
7. | Kenya Sonota | JPN | 2:07:14 |
8. | Tatsuya Maruyama | JPN | 2:07:50 |
9. | Kento Kikutani | JPN | 2:07:56 |
10. | Zablon Chumba | KEN | 2:08:01 |
Splits von Eliud Kipchoge Berlin Marathon 2022: | |||
distance | split | LAP | pace |
1 km | 2:49 | last km: 2:49 | proj: 1:58:34 |
2 km | 5:43 | last km: 2:54 | proj: 2:00:30 |
3 km | 8:33 | last km: 2:51 | proj: 2:00:20 |
4 km | 11:23 | last km: 2:49 | proj: 2:00:03 |
5 km | 14:14 | last km: 2:51 | proj: 2:00:04 |
6 km | 17:05 | last km: 2:52 | proj: 2:00:12 |
7 km | 19:54 | last km: 2:48 | proj: 1:59:55 |
8 km | 22:46 | last km: 2:53 | proj: 2:00:05 |
9 km | 25:34 | last km: 2:48 | proj: 1:59:52 |
10 km | 28:22 | last km: 2:48 | proj: 1:59:41 |
11 km | 31:10 | last km: 2:49 | proj: 1:59:35 |
12 km | 33:58 | last km: 2:47 | proj: 1:59:26 |
13 km | 36:48 | last km: 2:50 | proj: 1:59:26 |
14 km | 39:43 | last km: 2:55 | proj: 1:59:42 |
15 km | 42:32 | last km: 2:49 | proj: 1:59:38 |
16 km | 45:19 | last km: 2:47 | proj: 1:59:31 |
17 km | 48:10 | last km: 2:51 | proj: 1:59:33 |
18 km | 51:01 | last km: 2:50 | proj: 1:59:35 |
19 km | 53:50 | last km: 2:50 | proj: 1:59:33 |
20 km | 56:41 | last km: 2:51 | proj: 1:59:35 |
21 km | 59:33 | last km: 2:52 | proj: 1:59:39 |
Halbmar. | 59:50 | last km: 2:52 | proj: 1:59:40 |
22 km | 1:02:25 | last km: 2:52 | proj: 1:59:42 |
23 km | 1:05:20 | last km: 2:55 | proj: 1:59:51 |
24 km | 1:08:14 | last km: 2:54 | proj: 1:59:58 |
25 km | 1:11:07 | last km: 2:53 | proj: 2:00:02 |
26 km | 1:13:59 | last km: 2:52 | proj: 2:00:04 |
27 km | 1:16:56 | last km: 2:57 | proj: 2:00:14 |
28 km | 1:19:55 | last km: 2:59 | proj: 2:00:26 |
29 km | 1:22:48 | last km: 2:53 | proj: 2:00:28 |
30 km | 1:25:39 | last km: 2:51 | proj: 2:00:28 |
31 km | 1:28:37 | last km: 2:58 | proj: 2:00:37 |
32 km | 1:31:29 | last km: 2:52 | proj: 2:00:37 |
33 km | 1:34:22 | last km: 2:53 | proj: 2:00:40 |
34 km | 1:37:15 | last km: 2:53 | proj: 2:00:41 |
35 km | 1:40:07 | last km: 2:52 | proj: 2:00:41 |
36 km | 1:43:05 | last km: 2:59 | proj: 2:00:50 |
37 km | 1:46:01 | last km: 2:55 | proj: 2:00:54 |
38 km | 1:49:03 | last km: 3:02 | proj: 2:01:05 |
39 km | 1:51:57 | last km: 2:54 | proj: 2:01:07 |
40 km | 1:54:52 | last km: 2:55 | proj: 2:01:10 |
41 km | 1:57:44 | last km: 2:52 | proj: 2:01:10 |
42 km | 2:00:36 | last km: 2:52 | proj: 2:01:10 |
Marathon | 2:01:09 | last 195m: 0:33 | proj: 2:01:09 |