Der Marathon bei der WM in Beijing nahm einen sensationellen Verlauf. Anstelle der hoch eingeschätzten Stars waren am Ende die “Nobodies” vorne. Bei allerdings durch Temperaturen oberhalb von 25°C hatte das Rennen mehr den Charakter eines “survival of the fittest”. Und da war ein erst 19 Jahre alter Läufer aus Eritrea wohl am besten auf diese Bedingungen vorbereitet. Ghirmay Ghebreslassie, dessen Stern in der Laufszene bezeichnender Weise beim Paderborner Osterlauf von 2 Jahren mit einer Halbmarathonzeit von knapp über einer Stunde aufging, gewann mit kluger Renneinteilung am Ende unangefochten in 2:12:27.
Obwohl Kenia seine Topstars aufgeboten hatte, gab es (wieder) ein Debakel bei einer WM für die Marathon-Nation #1. Der Paris-Sieger 2015 Mike Kigen war auf Platz 22 in 2:21 noch der Beste, die Weltrekordler Wilson Kipsang und Dennis Kimetto stiegen nach 30 km aus; Kipsang war da noch in Schlagweite, Kimetto lag da schon 3 Minuten zurück. Der positive Aspekt: Die beiden schnellsten Läufer aller Zeiten könnten jetzt noch bei einem der hochkarätigen Herbst-Marathons starten, wo die Bedingungen ungleich leistungsfördernder sein dürften.
Der Marathon mit einem sehr überschaubaren Zahl von 68 Startern begann mit einer ausgesprochenen Peinlichkeit. Direkt hinter der Elite starteten viele Tausend Hobbyläufer zu einem 10 km-Lauf, mit der der KOnsequenz, dass einige der Teilnmehmer in das Feld der WM-Teilnehmer liefen. Ein Mann mit der Startnummer 3762 lief sogar bis fast 5 km vorne weg und machte das “Tempo”. Ein ausgesprochener Skandal, der leider wieder belegt, in welchem desolaten Zustand die Leichtathletik aktuell agiert. Genutzt hat diese “Unterstützung” von außen wenig, die vorsichtig agierende Elite passierte 5 km nach langsamen 16:06.
Nach gut 3 km läuft immer noch ein (engagierter) Freizeitläufer des 10 km Laufs vor den Eliteathleten her und greift damit in den laufenden Wettkampf ein. Nach den Regeln müsste dies zur Annullierung der Resultate führen. In jedem Fall ist dies ein organisatorischer Skandal. (c) ZDF online
Die ersten Akzente setzte der Mogole Ser-Od Bat-Ochir, der später aber weit zurückfiel. Nach 10 km in 31:51 war man auf Kurs zu 2:14:33 und es begann die Zeit der Italiener Rugerro Pertile (der gute Mann wurde vor wenigen Tagen 41 Jahre alt!) und Daniele Meucci, die sich mehrmals im Verlauf des Rennen leicht absetzen konnten. Am Ende wurde sie für ihre Aktivität mit Platz 4 und 8 belohnt.
Bei 20 km nach 1:03:23 war das Tempo etwas schneller geworden, aber die diversen Gruppen schlossen sich wieder zusammen, 22 Läufer waren an der Spitze, bevor Pertile und Meucci das Tempo zum Halbmarathon in 1:06:55 weiter erhöhten. Bei 25 km (1:19:16) war Pertile wieder eingeholt und es begann nach 30 km in 1:35:02 der Auftritt von Tsepo Mathibello Ramonene aus Lesotho, der der Spitze schnell weit enteilte und dann mit Aufregung im Feld sorgte. Nach 35 km in 1:50:39 war aber sein Pulver verschossen und am Ende belegte der gute Aussenseiter in 2:17:17 Platz 14.
Nach 1:52 Stunden hatte der junge Ghebreslassie (ERI) den Führenden eingeholt und das Feld dahinter war da schon völlig auseinander gefallen, Jeder lief für sich. Yemane Tsegay (ETH) konnte nach gut 2 Stunden kurz zum Spitzenreiter aufsachließen, aber vor 40 km setzte sich Ghebreslassie noch einmal, diesmal entscheidend ab. Nach 40 km in 2:05:41 hatte er schon 12 Sekunden Vorsprung auf Tsegay, auf Platz 3 hatte sich Munyo Mutai mit 38 Sekunden Rückstand gekämpft. Die letzten 5 km hatte Ghebreslassie in beeindruckenden 15:02 zurückgelegt, der mit Abstand schnellste 5km-Split der gesamten Laufs.
In dieser Kostellation ging es auch ins Stadion: Ghebreslassie gewann überlegen nach 2:12:27 – eine Zeit, die durch die brutalen äußeren Bedingungen verständlich wird – , Platz 2 ging an Tsegay in 2:13:07 und Dritter wurde Mutai in 2:13:29. Im Ziel wartete niemand mit einem Zielband und auch eine Runde im Stadion war nicht zu laufen, was etliche Läufer hochgradig irritierte. Bei aller Perfektion chinesischer Organisationskunst, diesmal ging einiges daneben bzw. wurde überaus unglücklich arrangiert. Man kann nur hoffen, dass sich solche mehr als peinliche Dinge nicht weiter häufen.
Ghirmay Ghebreslassie ist der neue Weltmeister im Marathon. (c) ZDF-online
Die Splits der Spitze:
5 km | 16:06 | |
10 km | 31:51 | 15:45 |
15 km | 47:48 | 15:57 |
20 km | 1:03:23 | 15:35 |
HM | 1:06:55 | |
25 km | 1:19:16 | 15:53 |
30 km | 1:35:02 | 15:46 |
35 km | 1:50:39 | 15:37 |
40 km | 2:05:41 | 15:02 |
Marathon | 2:12:27 | 6:46 |
Ergebnis des WM Marathon am 22. August 2015 (T > 26°C):
1 | Ghirmay Ghebreslassie ERI | 2:12:27 |
2 | Yemane Tsegay ETH | 2:13:07 |
3 | Munyo Solomon Mutai UGA | 2:13:29 |
4 | Ruggero Pertile ITA | 2:14:22 |
5 | Shumi Dechasa BRN | 2:14:35 |
6 | Stephen Kiprotich UGA | 2:14:42 |
7 | Lelisa Desisa ETH | 2:14:53 |
8 | Daniele Meucci ITA | 2:14:53 |
9 | Amanuel Mesel ERI | 2:15:06 |
10 | Jackson Kiprop UGA | 2:15:15 |
11 | Chol Pak PRK | 2:15:43 |
12 | Alphonce Felix Simbu TAN | 2:16:57 |
13 | Javier Guerra ESP | 2:16:59 |
14 | Tsepo Ramonene LES | 2:17:16 |
15 | Berhanu Lemi ETH | 2:17:36 |
16 | Abdelhadi El Hachimi BEL | 2:17:40 |
17 | Aleksey Reunkov RUS | 2:18:11 |
18 | Solonei da Silva BRA | 2:19:19 |
19 | Tadesse Abraham SUI | 2:19:24 |
20 | Roman Fosti EST | 2:20:34 |