Am kommenden Sonntag (28.2.2021) wird im japanischen Otsu die 76. Ausgabe des Lake Biwa Mainichi Marathon zum letzten Mal gestartet. Es macht schon etwas betroffen, dass damit eine Traditionsveranstaltung ihre Ende findet, die im Jahr 1946 in Osaka begann und ab Mitte der 1960er Jahre stets im März am Ufer des Lake Biwa, dem größten Binnensee des Landes, ausgetragen wurde. Der “Biwako” gehörte neben dem Fukuoka International Marathon, dem Tokyo Marathon und dem Beppu Oita Marathon zu den wichtigsten Marathonläufen Japans.
Als erster Marathon des Landes hatte man in Otsu – allerdings etwas umstritten – das “Golden Label” des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF/WA) erhalten. Dies wird nun alles schon bald Geschichte sein. Nach der 76. Ausgabe gibt man den Wettstreit mit der Konkurrenz im Lande auf, insb. der Tokyo Marathon wurde in den letzten Jahren durch die schnellen Zeiten japanischer Läufer auf einem modifizierten Kurs ein übermächtiger Gegenspieler.
Ein Kuriosium bei der letzten Ausgabe im Jahr 2020: Der erste Start um 9:00:00 musste wegen einer nassen Startpistole abgebrochen und nach (exakt!) 10 Minuten wiederholt werden. Damit wurde in der langen Geschichte der Veranstaltung nur dieses Mal mit Verspätung gestartet. Wie sich nun zeigt, war das kein gutes Omen … (c) Livestream/Screenshot
Somit endet in Otsu ein Stück Sportgeschichte, die in Form reiner Eliterennen zunehmend überholt scheint. Dabei war es auf der Insel für viele ambitionierte Läufer ein (Traum-) Ziel die strengen Teilnahmekriterien zu erfüllen, die hier bei einer Zeit von unter 2:30 Stunden lagen. Deshalb waren die Starterfelder mit über 300 Läufern immer wieder einmalig in der Leistungsbreite. Bei den internationalen Topathleten war das schon weniger beeindruckend. Der Streckenrekord steht seit dem Jahr 2011 durch Wilson Kipsang bei 2:06:13, was international nicht zur ersten Liga gehört. Die weiteren Planungen sehen vor, dass der Marathon in Osaka nun das Elitesegment vom Biwako “übernimmt” und sich damit zu einem der Topevents des Landes, wenn nicht der globalen Szene entwickeln will. In gewisser Weise kehrt der Lauf an seinen Ursprung zurück.
Zuvor geht es aber am kommenden Sonntag um 9:15 Uhr Ortszeit zum letzten Mal auf die Pendelstrecke am Ufer des Lake Biwa mit Start und Ziel im städtischen Stadion. Da die Auflagen wegen der Corona-Pandemie Starts von Läufern aus Übersee so gut wie unmöglich machen, werden neben wenigen im Lande lebenden kenianischen Läufern nur einheimische Läufer am Start sein. Diese haben aber mittlerweile ein hohes internationales Niveau erreicht. So gibt es zwei 2:06-Stunden-Athleten im Starterfeld: Ryu Takaku (JPN) konnte sich vor einem Jahr in Tokyo auf 2:06:45 steigern und Hiroto Inoue (JPN) erreichte 2018 beim Tokyo Marathon 2:06:54, wobei er 2020 lange auf Landesrekord von damals 2:05:50 lag, am Ende aber das hohe Tempo nicht halten konnte und in 2:09:34 nur Platz 26 belegte. Wie dem auch sei, die Beiden haben sicher das Potential, den neuen Landesrekord von 2:05:29 durch Suguru Osako anzugreifen.
Unterstützt werden die Topläufer durch insgesamt fünf “Hasen”, von denen Kenta Murayama (JPN) mit einer PB von 2:08:56 (Berlin 2019) sicherlich die größte Erfahrung mitbringt. Ein weiterer Blick in die Startlisten weist sieben Läufer mit Bestzeiten von unter 2:08 Stunden aus, ca. 25 Akteure (!) liefen einen Marathon schon in unter 2:10 Stunden. Leider musste sich ein aussichtsreicher Mitläufer um den Sieg in der letzten Woche wegen einer Verletzung abmelden: Shohu Nakamura (JPN), der bereits für das japanische Olympia-Team qualifiziert ist und seit dem Berlin Marathon 2018 in 2:08:16 im Aufwärtstrend lag. Weitere aussichtsreiche Kandiaten – darunter auch wieder Lauf-Unikum Yuki Kawauchi (JPN) und etliche vielversprechende Debütanten – sind unten aufgelistet.
Zum Abschluss sind den emsigen Machern in Otsu noch einmal viel Erfolg und schnelle Zeiten zu wünschen, wobei es schon als großer Erfolg gewertet werden könnte, wenn der Kursrekord durch Wilson Kipsang von 2:06:13 gesteigert werden könnte. Das Potential dazu hat das Elitefeld in diesem Jahr allemal. Wichtig dürfte dabei werden, dass man das typische Verschleppen des Tempos in den Passsagen am Binnenwasser-Kanal so gut wie möglich vermeidet und von Anfang an nicht zu zögerlich agiert.
In einer kritischen Rückschau wurde mit dem “Biwako” eine landestypische Tradition an Laufveranstaltung von den globalen Entwicklungen überholt, die auch den legendären Fukuoka International Marathon – traditionell Anfang Dezember – in seiner Existenz ernsthaft bedrohen. Auch die den Inselbewohnern eigene Sturheit und Beharrlichkeit werden dies nicht mehr verhindern können. Durch das Aufkommen einer Flut von Massen-Marathonläufen im Lande sind die Modelle von reinen Eliterennen wie in Otsu oder Fukuoka schlichtweg aus der Zeit und schon bald Historie.
Liste der Eliteathleten mit akt. PBs bis 2:10 Stunden: | ||||
#1 | Ryu Takaku | JPN | 2:06:45 | Tokyo 2020 |
#2 | Hiroto Inoue | JPN | 2:06:54 | Tokyo 2018 |
#3 | Yusuke Ogura | JPN | 2:07:23 | Tokyo 2020 |
#4 | Yuta Shimoda | JPN | 2:07:27 | Tokyo 2020 |
#5 | Masato Kikuchi | JPN | 2:07:31 | Tokyo 2020 |
#6 | Simon Kariuki Startliste: Keriuki |
KEN | 2:07:56 | Tokyo 2020 |
#7 | Taku Fujimoto | JPN | 2:07:57 | Chicago 2018 |
#8 | Shogo Nakamura abgesagt |
JPN | 2:08:16 | Berlin 2018 |
#26 | James Rungaru (Pace) | KEN | 59:37 (H) | Den Haag 2018 |
#27 | Kenta Murayama (Pace) | JPN | 2:08:56 | Berlin 2019 |
#28 | Shinobu Kubota (Pace) | JPN | 1:01:38 | Marugame 2020 |
#29 | Patick Menthenge Wambui (P) | KEN | 1:00:12 | Yamaguchi 2021 |
#30 | Charles Wanjiku (P) | KEN | 27:30,09 | Sagamihara 2020 |
#51 | Naoki Okamoto | JPN | 2:08:37 | Tokyo 2020 |
#52 | Shohei Kurata | JPN | 2:08:44 | Tokyo 2020 |
#53 | Taku Fujikawa | JPN | 2:08:45 | Tokyo 2020 |
#54 | Yuji Iwata | JPN | 2:08:45 | Tokyo 2020 |
#55 | Minato Oishi | JPN | 2:08:52 | Tokyo 2020 |
#56 | Takuya Fukatsu | JPN | 2:09:06 | Beppu-Oita 2020 |
#57 | Kento Kikutani | JPN | 2:09:07 | Beppu-Oita 2020 |
#58 | Kohei Futaoka | JPN | 2:09:15 | Beppu-Oita 2019 |
#59 | Shoma Yamamoto | JPN | 2:09:18 | Lake Biwa 2020 |
#60 | Yuki Kawauchi | JPN | 2:09:21 2:08:14 |
Lake Biwa 2019 Seoul 2014 |
#61 | Shoya Okuno | JPN | 2:09:28 | Lake Biwa 2020 |
#62 | Ryo Hashimoto | JPN | 2:09:29 | Beppu-Oita 2019 |
#63 | Kohei Ogino | JPN | 2:09:36 | Tokyo 2018 |
#64 | Tatsuya Maruyama | JPN | 2:09:36 | Hofu 2020 |
#65 | Kenya Sonota | JPN | 2:09:50 | Lake Biwa 2020 |
#66 | Hidekazu Hijikata | JPN | 2:09:50 | Tokyo 2020 |
#67 | Koji Kobayashi | JPN | 2:09:55 | Beppu-Oita 2020 |
#68 | Kento Otsu | JPN | 2:10:01 | Beppu-Oita 2020 |
#341 | Edward Waweru (Deb) | KEN | 1:00:31 | Marugame 2018 |
#342 | Ryota Sato (Deb) | JPN | 1:01:01 | Tokyo 2020 |
#344 | Kei Katanishi (Deb) |
JPN | 1:01:50 | Tokyo 2020 |
#345 | Daisuke Doi (Deb) | JPN | 1:01:50 | Tokyo 2020 |
#346 | Kazuki Uemura (Deb) |
JPN | 1:01:51 | Tokyo 2020 |
#418 | Shunya Kikuchi (Deb) |
JPN | 1:01:45 | Tokyo 2020 |