Das bemerkenswerteste an der 19. Ausgabe des Taipei International Marathon in der taiwanesischen Hauptstadt war weniger der neue Streckenrekord des Siegers Paul Lonyangata (KEN) in 2:09:18 als vielmehr die Tatsache, dass nach vielen Monaten der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie wieder ein Marathon/Halbmarathon als Massenevent mit ca. 28.000 Teilnehmer über die Bühne ging. Bei aktuell in der gesamten Periode der Pandemie 763 registrierten Fällen und 7 Toten bei fast 25 Millionen Einwohnern hat Taiwan von allen Industrienationen den Kampf gegen das Virus unvergleichlich gut bestanden. Sofort nach dem Ausufern der Virus-Infektionen auf dem chinesischen Festland hatte man die Insel konsequent nach außen abgeriegelt und mit strikten Maßnahmen die Pandemie im Keim erstickt.
So war es möglich, den International Marathon mit gewissen Einschränkungen – aber mit den Läufermassen – auf den Straßen der Hauptstadt durchzuführen. Von außerhalb nahmen nur wenige Eliteathleten teil, die schon 14 Tage vorher anreisen mussten und die Zeit bis zum Start in strenger Quarantäne und auf Laufbändern in den Hotelzimmern verbrachten. Auch die generellen Hygiene-Maßnahmen erschienen angesichts extrem geringer akuter Fälle zunächst überzogen, aber auf der Basis des Erfolgs stringenten Handelns mehr als vertretbar. Bis auf Phasen des Laufens wurde das Tragen von Schutzmasken an allen Stellen und allen Beteiligten konsequent umgesetzt. In der Bewältigung der globalen Krise wurden hier sicher Zeichen gesetzt.
Zum Ende des “Läufer-Jahres”2020 ein ungewohntes Bild bei Laufveranstaltungen: Der Start in Taipei mit 9000 Teilnehmern im Marathon. (c) MOMO Sports/Screenshot
Sportlich lag im Rennen der Männer mit einem sehr ausgedünnten Elitefeld das Trio Elisha Rotich (KEN), Paul Lonyangata sowie Chala Dechasa Beyene (ETH) sofort nach dem Start weit in Front und erreichte mit km-Abschnitten um 3 Minuten/km die 5 km nach 15:03, 10 km nach ca. 30:30 und 15 km nach 45:46. Mit einer Projektion auf eine Zeit im Ziel von 2:08:48 lagen die Drei bei mittlerweile strömendem Regen auf Kurs unter dem Streckenrekord von 2:09:59, den Sammy Kitwara im Jahr 2016 aufgestellt hatte. Über 1:01:39 bei 20 km erreichte man die Hälfte der Distanz nach 1:05:01 – das Tempo hatte also etwas nachgelassen -, wobei einer der Favoriten im Vorfeld Beyene, der im letzten Jahr Dritter in 2:06:25 beim Seoul Marathon wurde, schon deutlich zurücklag und bald darauf ausstieg.
Paul Lonyangata auf dem Weg zum Sieg beim Taipei International Marathon. (c) MOMO Sports/Screenshot
Über 1:17:13 bei 25 km fiel noch vor 30 km in 1:32:14 eine Vorentscheidung, als vorne Lonyangata, der sich bis dahin in der Tempogestaltung weitgehend zurückgehalten hatte, die Pace verschärfte und schnell einen Vorsprung auf Rotich herauslief, der im letzten Jahr in Seoul 2:06:12 erzielte und dann in Amsterdam mit PB von 2:05:18 Dritter wurde. Bei 35 km in ca. 1:47:25 lag Lonyangata bereits 40 Sekunden vor Rotich. Bei 40 km in 2:02:30 war ein neuer Kursrekord sicher, den Lonyangata im Ziel auf der Bahn des National-Stadions in 2:09:18 auch realisierte. Damit verdiente er sich einen Bonus von ca. 35.000 US$ und fügte seinen Erfolgen beim Paris Marathon 2017 (2:06:10) und Shanghai 2019 (2:08:11) einen weiteren Sieg hinzu. Zweiter wurde Elisha Rotich in 2:13:07 vor Tiidrek Nurme (EST) in 2:16:11.
Paul Lonyangata gewann den Taipei Marathon mit Streckenrekord von 2:09:18. (c) MOMO Sports/Screenshot
Das Rennen der Frauen geriet zu einem einsamen Sololauf der Äthiopierin Askale Marachi (ETH), die das Rennen in 2:28:31 überlegen gewann. Damit konnte die 23-jährige Läuferin in diesem Jahr bereits ihren zweiten Sieg bei einem größeren Marathon feiern, nachdem sie schon im Januar in Houston in 2:23:29 gewonnen hatte. Bis zum Halbmarathon in 1:12:47 lag sie noch deutlich unter dem Streckenrekord von Helen Kirop von 2:27:56 aus dem Jahr 2011, auf dem Schlusspart sorgte ein aufkommender Wind dafür, dass die Zeit von Kirop nicht verbessert wurde. Die Plätze 2 und 3 gingen an ihre Landsfrauen Asifa Kasegn (ETH) in 2:32:00 und Zinash Mekonnen (ETH) in 2:32:24. Und auf Platz 4 lief Chun-Yu Tsao (TPE) in 2:32:41 einen neuen Landesrekord für das Gastgeberland.
37.000 Anmeldungen lagen den Veranstaltern für das erste Massenrennen nach Ausbruch der globalen Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 vor, von denen dann insgesamt 28.000 Teilnehmer ausgewählt wurden. Die Veranstaltung war auch verbunden mit der Bewerbung für das “Plantinum Label” von World Athletics. Aber bei allen Bemühungen vor Ort fehlt an den diesbezüglich zu fordernden Kriterien eigentlich so gut wie alles. Hoffentlich hat man beim internationalen Verband das Rückgrat angesichts des immensen Drucks potenter Sponsoren dies den emsigen Organisatoren freundlich zu vermitteln.
Splits des führenden Läufers: | ||
5 km | 15:03 | 15:03 |
10 km | 30:30 ? | 15:27 |
15 km | 45:46 | 15:16 |
20 km | 1:01:39 | 15:53 |
HM | 1:05:21 | |
25 km | 1:17:13 | 15:34 |
30 km | 1:32:14 | 15:01 |
35 km | 1:47:25 | 15:11 |
40 km | 2:02:30 | 15:05 |
Ziel | 2:09:18 CR |
6:48 |
Ergebnisse Marathon der Männer: | |||
1. | Paul LONYANGATA | KEN | 2:09:18 |
2. | Elisha ROTICH | KEN | 2:13:07 |
3. | Tiidrek NURME | EST | 2:16:11 |
4. | Bilal MARHOUM | MAR | 2:16:22 |
5. | Oleksandr SITKOVSKIY | UKR | 2:20:40 |
6. | Huong-Leong TAN | MAS | 2:23:13 |
7. | Ting-Yin CHOU | TPE | 2:23:21 |
8. | Meng-Tsung CHU | TPE | 2:27:58 |
9. | Cheng-Hsuan TSAI | TPE | 2:30:07 |
10. | Chiu-Chieh LIN | TPE | 2:30:53 |
Ergebnisse Marathon der Frauen: | |||
1. | Askale MERACHI | ETH | 2:28:31 |
2. | Asifa KASEGN | ETH | 2:32:00 |
3. | Zinash MEKONNEN | ETH | 2:32:24 |
4. | Chun-Yu TSAO | TPE | 2:32:41 |
5. | Gladys TEJEDA | PER | 2:37:23 |
6. | Hiroko HORIKAWA | JPN | 2:45:53 |
7. | Chih-Hsuan CHANG | TPE | 2:49:19 |
8. | Ying-Ying ZHU | TPE | 2:56:49 |
9. | Yining CHEN | TPE | 2:58:18 |
10. | Chao-Cheng HSU | TPE | 3:00:08 |