Die Lauflegende Sir Mo Farah (GBR) gewann auch die 2. Ausgabe des Vitality Big Half in den Straßen der britischen Haupstadt. Mo konnte die Premiere dieses Laufs über die Halbmarathon-Distanz im letzten Jahr in 1:01:40 gewinnen und steigerte diese Zeit diesmal um 25 Sekunden auf 1:01:15. Dabei ist die Zeit nicht nur auf Grund der widrigen Bedingungen höher einzuschätzen – die Regenschauer hatten sich zwar wie vorhergesagt vor dem Start verzogen, doch die Straßen waren nass und es wehte ein immer mehr auffrischender Wind – , sondern es war schon beeindruckend zu sehen, wie souverän Sir Mo seine Gegner beherrschte, ja fast mit ihnen “spielte” (s. unten). Das Rennen bei den Frauen gewann gleichfalls die Siegerin aus dem Vorjahr Charlotte Purdue (GBR) in 1:10:38, womit die Britin 9 Sekunden länger unterwegs war als bei ihrem Kursrekord bei der Premiere.
Das Rennen der Männer sah zunächst ein Quintett vorne, neben Mo Farah waren das Daniel Wanjiru (KEN), der in London 2017 den vollen Marathon gewann, Ex-Weltrekordler im Marathon Wilson Kipsang (KEN), Bashir Abdi (BEL) – ein Trainingskamerad von Mo in Äthiopien – sowie der Brite Dewi Griffiths (GBR), der mit einer PB von 61:33 (Cardiff 2017) zum ersten Mal bei den Big Half dabei war. Diese Gruppe hatte nach 10 Minuten einen Tunnel noch nicht verlassen, als Wanjiru durch einen Zwischenspurt die Spitzengruppe sprengte und nur noch Mo und Abdi das Tempo mitgehen konnten. Ein genauer Split bei 5 km ist bisher nicht bekannt, er dürfte um 14:30 Minuten gelegen haben. Etwas überraschend war, das bei diesem Tempo von über einer Stunde Kipsang, der wie Mo und Wanjiru beim London Marathon an den Start gehen wird, schnell zurückfiel.
Das Spitzentrio Wanjiru, Abdi und Farah passieren die Tower Bridge. Im Gegensatz zum Marathon Ende April sind kaum Zuschauer an der Strecke. (c) BBC-Livestream/Screenshot
Schon 10 Minuten danach bahnte sich eine weitere Überraschung an, als plötzlich Mo aus der Gruppe zurückfiel und gut 30 m hinter den sichtbar irritierten Abdi und Wanjiru lief. Dieser Abstand blieb über eine Meile recht konstant, doch als der Kommentator der BBC über den Einfluss des Marathontrainings bei Mo sinnierte, setzte dieser zu einem lockeren Zwischenspurt an und holte die beiden Ausreißer bei 6 Meilen nach 27:42 wieder ein. Es wurde schnell mehr als klar, dass Mo – ähnlich wie zuweilen auf der Bahn – mit seinen Gegnern “spielte”. 10 km passierte das Trio nach 28:56 – das war 12 Sekunden flotter als im letzten Jahr – , wonach sich Mo immer einmal wieder fast provokant nach hinten fallen ließ, aber stets schnell den Anschluss fand.
15 km wurden nach 43:41 erreicht, eine Zeit von unter 1 Stunde war somit keinesfalls mehr zu schaffen, wobei zudem auch der Wind immer mehr aufrischte. Ein Festvial nach dem Rennen wurde aus Sicherheitsgründen sogar abgesagt. Als das Trio die 20 km-Marke nach 58:15 passierte, war klar, dass es Mo auf einen Spurt ankommen lassen würde. In eindrucksvollen glatten 3 Minuten absolvierte die Spitze das letzte Teilstück von 20 km bis ins Ziel. Und vor dem Clipper Cutty Sark war Mo im Spurt nicht zu schlagen und gewann nach 1:01:15 mit einer Sekunde vor Abdi und 2 Sekunden vor Wanjiru.
Sir Mo Farah gewann auch die 2. Ausgabe der Vitality Big Half in London. (c) Veranstalter
Griffiths wurde als bester Brite in einem glatten 3 Minuten/km-Schnitt in 1:03:17 Vierter, Wilson Kipsang konnte als Sechster in 1:04:07 kaum überzeugen und scheint nun doch den Zenit seines Leistungsniveaus deutlich überschritten zu haben. Dieser Kipsang konnte damals bei seinem Marathon-Weltrekord in Berlin im Jahr 2013 dem aktuellen Superstar der Szene Eliud Kipchoge die einzige Niederlage im Marathon zufügen. Dies wird sich am 28. April 2019 beim London Marathon sicher nicht wiederholen.
Aber nach der Vorstellung von Mo Farah im heutigen Rennen sollte Kipchoge vorsichtig sein, der britische Ausnahmeläufer auf der Bahn ist mittlerweile auch auf der Straße ein Mann von Weltklasse. Und auf einen Spurt wird sich Eliud Ende April kaum verlassen können, wie immer auch seine taktischen Varianten aussehen mögen. Am Tage vor dem Rennen warnte Mos aktueller Coach Gary Lough, Ehemann von Marathon-Weltrekordlerin Paul Radcliffe, die Konkurrenz vor seiner Stärke mittlerweile auch auf der Straße. Dem ist nach der Vorstellung von heute auf den Straßen Londons wenig hinzuzufügen.
Dazu Sir Mo nach dem Rennen: “The conditions weren’t great today so I’m pleased to win, although it would have been nice to run a bit faster and really test myself. I’m happy with the win and with how my preparations are going ahead of the London Marathon in April. I got a bit of stomach cramp at one point but it cleared up. It’s always great to race in London. I love racing on the streets of London; the crowds are amazing. I’m going to spend the next few days with my family then I head back to Ethiopia to continue training. The London Marathon is still quite a long way away but I’m happy with my progress and it was nice to be able to race today.”
Nach etwa 10 Meilen überholte Charlotte Purdue (rechts) die enteilte Stef(anie) Twell. (c) BBC-Livestream/Screenshot
Das Rennen der Frauen war ohne ostafrikanische Konkurrenz eine rein britische Meisterschaft, was der Lauf auch in der Tat sogar war. Hier bestimmte zunächst Stefanie Twell (GBR) das Geschehen an der Spitze und führte nach 10 km in 33:08 mit einem Vorsprung von 10 Sekunden auf die Vorjahrssiegerin Purdue. Bei 15 km in 50:07 war der Vorsprung auf die von hinten stark aufkommende Purdue auf nur noch 5 Sekunden geschrumpft, und nach 53 Minuten passierte Purdue ihre Landsfrau und gewann auch in diesem Jahr die Big Half im nationalen Wettstreit in 1:10:38 vor Twell in 1:11:33, die im Schlusspart viel Zeit auf Pudue verlor. Platz 3 ging in 1:11:44 an Charlotte Arter (GBR), die erst im Februar in Barcelona mit 69:40 erstmals unter 70 Minuten geblieben war.
Nach Informationen der Organisatoren sollen an der zweiten Ausgabe dieser Auftakt-Veranstaltung für den London Marathon Ende April gut 13.000 Läufer am Start gewesen sein.
Ergebnisse Halbmarathon der Männer: | |||
1. | MO FARAH | GBR | 1:01:15 |
2. | BASHIR ABDI | BEL | 1:01:16 |
3. | DANIEL WANJIRU | KEN | 1:01:17 |
4. | DEWI GRIFFITHS | GBR | 1:03:17 |
5. | CHRIS THOMPSON | GBR | 1:03:41 |
6. | WILSON KIPSANG | KEN | 1:04:07 |
7. | JONATHAN MELLOR | GBR | 1:04:31 |
8. | MUSTAFA MOHAMED | GBR | 1:04:42 |
9. | MICK CLOHISEY | GBR | 1:04:58 |
10. | JACK GRAY | GBR | 1:05:01 |
Ergebnisse Halbmarathon der Frauen: | |||
1. | CHARLOTTE PURDUE | GBR | 1:10:38 |
2. | STEPHANIE TWELL | GBR | 1:11:33 |
3. | CHARLOTTE ARTER | GBR | 1:11:44 |
4. | HAYLEY CARRUTHERS | GBR | 1:11:57 |
5. | LILY PARTRIDGE | GBR | 1:12:09 |
6. | CLARA EVANS | GBR | 1:13:13 |
7. | SONIA SAMUELS | GBR | 1:13:46 |
8. | HELEN DAVIES | GBR | 1:13:56 |
9. | Breege Connolly | GBR | 1:14:49 |
10. | Fiona Brian | GBR | 1:15:01 |