Wenn am kommenden Sonntag um 10:05 Uhr die 36. Ausgabe des Berliner Halbmarathon (ohne Titelsponsor) gestartet wird, ist gegenüber den Vorjahren das Feld der Eliteläufer noch überschaubarer geworden. Bei den Frauen ist sogar noch nicht einmal eine Frau am Start, die in ihrer Karriere die 70 Minuten unterbieten konnte. Somit bestehen in der Tat beste Konditionen für eine ganze Reihe von deutschen Topläufern auf vordere Platzierungen.
Allen voran ist da natürlich Arne Gabius zu nennen, der in der Tat zu einem Aushängeschild des wieder etwas aufblühenden Leistungsniveaus in der heimischen Straßenlaufszene geworden ist. Da für Sonntag ausgezeichnetes Laufwetter vorhergesagt ist, könnte als Minimalziel die Verbesserung seines Hausrekords im Halbmarathon von 62:09 Minuten angesehen werden, die er bei widrigen Bedingungen bei New York Half Marathon im Jahr 2014 lief. Bezüglich der deutsche Bestmarke von 60:34, die Carsten Eich in Bestform im Jahr 1993 aufstellte, hielt sich Gabius bedeckt. Er will einfach am Anfang mit der Konkurrenz mitlaufen und sehen, was möglich ist. Und das dürfte auch nach den Eindrücken bei den windigen Verhältnissen in Paderborn im 10 km Lauf nicht ganz wenig sein.
Mit einem Tempo auf um die 60 Minuten als Endzeit plant die Spitze incl. Tempomacher laut Aussage des Race Directors Mark Milde anzulaufen. Der Mann mit der schnellsten Vorleistung und der höchsten Reputation ist Wilson Kiprop (KEN), der vor sechs Jahren Welmeister im Halbmarathon wurde und im chinesischen Nanning die einmalige Siegesserie von Topstar Tadese unterbrechen konnte. Fünfmal blieb Kiprop in seiner Karriere bereits unter eine Stunde. Die Strecke in Berlin ist ihm vertraut, im Jahr 2012 wurde er hier Zweiter in seiner aktuellen Bestzeit von 59:15. Auch sein Landsmann Richard Mengich erzielte seine persönliche Bestzeit von 59:59 als Vierter im letzten Jahr in Berlin. Jairus Chanchima (KEN) lief bereits 2009 59:43 und Emmanuel Ngatuny (KE) war schon letztes Jahr als Achter in 60:58 dabei.
Neben Gabius sind von der deutschen Männerelite Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) und Julian Flügel (Asics Team Memmert) dabei, die nach dem Zirkus um die Olympianormen im Marathon verursacht durch den Deutschen Leichtathletik-Verband mit ihren Zeiten von 2:12:50 und 2:13:57 beim Berlin Marathon 2015 aktuell für Rio qualifiziert sind. Es bedarf noch einer Bestätigung der Leistung über die halbe Distanz von 66 1/2 Minuten, das ist in der Tat mehr als gnädig und wurde in RAK im Februar von etlichen Frauen gelaufen. Während Pflieger seine Bestzeit von 63:51 steigern will, möchte Flügel die Dinge erst einmal abwarten. Nach seiner 64:17 im Februar in Barcelona quält er sich mit einer Verletzung und war auch in Paderborn noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Somit wird er nicht unbedingt mit Pflieger (wie beim Berlin Marathon) zusammen anlaufen. Am Samstag wird auch noch André Pollmächer (Rhein Marathon Düsseldorf) anreisen, der sich am 24. April in Düsseldorf um die Qualifikation für Rio bemühen will. Dazu kommt der Aspekt der Halbmarathon EM in Amsterdam im Frühsommer, wofür eine Qualifikationszeit von 63:45 gefordert ist.
Bei den Frauen ist Elizeba Cherono, eine in den Niederlanden lebende Kenianerin, die im Vorjahr Zweite war, Favoritin auf den Sieg. 32753 Läuferinnen und Läufer aus 103 Nationen haben sich angemeldet, dazu kommen 1518 Inlineskater. Das Teilnehmerlimit war bereits im Dezember 2015 erreicht.
Wilson Kiprop (KEN) mit den deutschen Topathleten bei der Pressekonferenz. (c) H. Winter