Wenn am Sonntag der kenianische Topstar Eliud Kipchoge den Marathon-Weltrekord seines Landsmanns Dennis Kimetto von 2:02:57 jagen wird, gibt es eine Serie beim Berlin Marathon, die sehr optimistisch stimmen sollte. Denn bei jeder sog. “5er-Ausgabe” gab es seit der Einführung offizieller Weltrekorde im Jahr 2003 bei den Männern einen Weltrekord auf der schnellen Berliner Strecke.
Eliud Kipchoge ist der Favorit auf den Sieg beim Berlin Marathon 2018. (c) H. Winter
Im Jahr 2003 wurde bei der 30. Ausgabe Start und Ziel in die Nähe des Brandenburger Tores verlegt. Das Ergebnis: Lauflegende Paul Tergat (KEN) unterbot in 2:04:55 als erster Mensch die 2:05-Stunden-Schallmauer.
Im Jahr 2008 bei der 35. Ausgabe war es Superstar Haile Gebrselassie, der seine Bestmarke aus dem Vorjahr auf 2:03:59 steigerte, womit er als erster Läufer unter 2:04-Stunden blieb.
Und im Jahr 2013 feierte man in Berlin ein großes 40. Jubiläum, das Wilson Kipsang (KEN) mit einem neuen Weltrekord von 2:03:23 krönte. Dieser Lauf hat auch insofern Bedeutung, als vor 5 Jahren die Hauptakteure vom kommenden Sonntag – Eliud Kipchoge und Wilson Kipsang – ein weiteres Mal aufeinandertreffen. Damals konnte Kipsang dem aktuell zweifelsfrei besten Marathon-Läufer in dessen erst zweitem Marathon die einzige Niederlage seiner ansonsten einmaligen Bilanz auf dieser Distanz zufügen.
Übrigens gab es schon zu Zeiten der Weltbestleistungen im Marathon durch Ronaldo da Costa im Jahr 1998 bei der 25. Ausgabe mit 2:06:05 gleichfalls eine globale Rekordmarke. Das Gesetz der Serie spricht somit eindeutig für den Lauf am kommenden Sonntag.
Ex-Weltrekordler Wilson Kipsang will gleichfalls den Weltrekord angreifen. (c) H. Winter
Im letzten Jahr endete das Duell der beide Ausnahmeläufer bereits an der 30 km-Marke, wo Kipsang unvermittelt mit Magenproblemen ausstieg. Und eigentlich spricht auch in diesem Jahr wieder alles für Kipchoge, wobei aber vor 2 Jahren beim Duell Kipsang gegen Kenenisa Bekele (Kipchoge war beim “Breaking2-Projekt” in Monza gestartet) der Ex-Weltrekordler ein grandioses Rennen lief, zwar gegen Bekele den Kürzeren zog, aber mit 2:03:13 seine Bestzeit weiter steigerte. Nur Weltrekordler Kimetto, Bekele (in Berlin 2016) und Kipchoge sind jemals schneller gelaufen. In Interviews im Vorfeld zu Berlin äußerte sich Kipsang sehr optimistisch in Sachen Weltrekord. Ob er in diesen Dimensionen agieren kann, wird sich am Sonntag zeigen, wobei aber selbst eine Zeit unter der bestehenden globalen Bestmarke noch keine Garantie für den Sieg sein könnte.
Eliud Kipchoge fehlt in seiner Bilanz auf der Marathonstrecke eigentlich nur der Weltrekord, wobei in den letzten Jahren Probleme mit seinen Schuhen (Berlin 2015), der Kampf um den Sieg (London 2016) und ungünstige Bedingungen (London 2018) erfolgreiche Angriffe auf den Weltrekord verhinderten. Ob es wie im Vorjahr, wo der Debütant Guye Adola Kipchoge erheblich forderte und grandiose 2:03:46 lief, eine Überraschung geben kann, ist nicht auszuschließen, aber auf Grund der Vorleistungen der Konkurrenz nur bedingt wahrscheinlich. Nach Lage der Dinge wird Kipchoge das Rennen gewohnt schnell um oder sogar unter 61 Minuten für die erste Hälfte anlaufen. Kipsang plant, diese Jagd zu Beginn nicht mitgehen zu wollen und in einer Gruppe hinter Kipchoge auf seine Chance zu warten.
Allein schon dieses Duell an der Spitze verspricht ein überaus spannendes Rennen. Dazu kommt dann noch der Wettstreit bei den Frauen, in dem Lauflegende Tirunesh Dibaba (ETH) die erklärte Favoritin ist und den Weltrekord von Paula Radcliffe von 2:15:25 jagen will. Aber auch hier könnte es Überraschungen geben, denn – wenn zum Teil auch schon vor einigen Jahren – vier weitere Mitstreiterinnen haben die Schallmauer bei den Frauen von 2:20 Stunden unterboten: Gladys Cherono (KEN) 2:19:25 Berlin 2015, Yebrgual Melese (ETH) 2:19:36 Dubai 2018, Edna Kiplagat (KEN) 2:19:50 London 2012 sowie Aselefech Mergia (ETH) 2:19:31 Dubai 2012.
Im Gegensatz zum regnerischen Wetter im letzten Jahr sind die Prognosen diesmal weit besser. Laut “Weather Underground” beträgt die Temperatur beim Start um 9:15 Uhr ca. 14°C bei einem Taupunkt von noch akzeptablen 9°C. Es wird nicht regnen und der Wind mit 8 km/h aus SW ist gerade noch tolerabel. Zum Zieleinlauf der Topathleten steigt die Temperatur auf 18°C an, wobei die Läufer ab 30 km (fast nur) Rückwind haben sollten. Diese Bedingungen sind durchaus vergleichbar mit denen aus dem Jahr 2014, unter denen Dennis Kimetto den aktuellen Weltrekord an gleicher Stelle aufstellte.
Video bei YOUTUBE zur Geschichte des Berlin Marathon mit Horst Milde.