38. Berliner Halbmarathon am 8. April 2017: Erick Kiptanui läuft hochklassigen Streckenrekord

logo-2016-berlin-hmMit einer im Vorfeld nicht zu erwartendem Spitzenleistung von 58:42 gewann der Kenianer Erick Kiptanui die 36. Ausgabe der Berlin Halbmarathon und sorgte damit für das Highlight einer gelungenen Veranstaltung bei bestem Frühlingswetter. Bei den Frauen war Melat Kejeta (ETH) in 1:09:04 vorne, was international aber im Vergleich zur Zeit des Siegers sicher nur zweitklassig einzustufen ist. Nachdem am Vortag in Prag großartige Elitefelder an den Start gegangen waren, hatte man sich auch in diesem Jahr in Berlin im Topläufer-Segment wieder mit den Verpflichtungen zurückgehalten, so dass man bei den Männern bestenfalls Zeiten knapp unter einer Stunde erwarten konnte und bei den Frauen keine Ansprüche auf Topzeiten hegte.

Als dann aber der Startschuss um 10:05 Uhr gefallen war, rieb man sich spätestens nach dem ersten Kilometer verwundert die Augen, denn die Durchgangszeit der Spitze betrug 2:40 Minuten, was selbst für einen Angriff auf den Weltrekord als aberwitzig angesehen werden muss. Als sich dann aber Vincent Kipchumba wie eine Lokomotive vor Kiptanui spannte und die Beiden dem restlichen Feld schnell enteilten, kamen erste Vermutungen auf, dass der vom Coach Guru Renato Canova trainierte Kenianer etwas besonderes im Schilde führte. 2 km in 5:22 und 3 km vor dem Brandenburger Tor in 8:03 waren für einen Halbmarathon aberwitzige Splits, die zu einer Zeit  von 56:37 führen; der Weltrekord im Halbmarathon der Männer steht seit 2010 bei 58:32 (Tadese, Lissabon).

An der Siegessäule bei 5 km in 13:31 lag der kenianische Express nach wie vor weit unter einem Weltrekord-Tempo und schon 12 Sekunden vor einer sichtlich düpierten Konkurrenz. Als es nun Richtung Schloss Charlottenburg weiter Richtung Westen ging, ließen die Führenden kaum nach, bei 8 km in 21:52 waren sie sogar schneller als Emmanuel Kiprono bei seiner Jahres-Weltbestleistung von 27:26 über 10 km am Ostersamstag in Paderborn. Und Kiprono war auch in Berlin dabei, er lief in Verfolgergruppe. Bei 10 km in 27:31 wurde die Marke Kipronos nur knapp verfehlt, und obwohl die zweiten 5 km in “nur noch” in 14 Minuten gelaufen wurden, lag die Projektion ins Ziel mit 58:03 immer noch 20 Sekunden unter dem Split für einen Weltrekord.

Die weitgehend kenianische Konkorrenz lag nun noch weiter zurück. Bei 10 km lief das Quartett Emmanuel Kiprono, Ambrose Bore sowie die ehemaligen Sieger Richard Mengich und Gilbert Masai in 27:50 durch, selbst dieser Split hätte noch für eine 58:43 gereicht. Nach gut 12 km in 33:13 quittierte Kipchumba seine Schrittmacherdienste und Kiptanui war auf sich allein gestellt, dabei hatte er bei Temperaturen um günstige 15°C einen leichten Ostwind als Gegner. Bei 13 km lag er mit 33:13 erstmals knapp über dem Weltrekord, der nun außer Reichweite geriet. 15 km passierte er in 41:36, 20 km nach 55:43. Und mit einem flotten Finale in 2:59 von 20 km bis ins Ziel schaffte er in 59:42 die Einstellung der Welt-Jahresbestleistung, die Bedan Karoki im Februar in Ras Al Khaimah aufgestellt hatte. Den Streckenrekord von Patrick Makau 58:56 aus dem Jahr 2007 unterbot Kiptanui allerdings sehr deutlich. Zusammen mit Bedan Karoki ist er nun der viertschnellste Läufer in der Geschichte des Halbmarathon.

b-hm-2018-winner-kiptanuiErick Kiptanui gewann mit Streckenrekord den Berliner Halbmarathon. (c) SCCevents

Hinter Kiptanui gabe es ein großes (zeitliches) Loch, auf den Plätzen 2 und 3 folgten Emmanuel Kiprono (KEN) in 1:00:29 und Richard Mengich (KEN) in 1:00:36. Nimmt man die Siegerzeit bei den Frauen dazu, hatte der Sieger die Leistungsbilanz der Veranstaltung gerettet, die ansonsten doch sehr ernüchertend schwach ausgefallen wäre. Als Achter kam Homiyu Tesfaye (Frankfurt) ins Ziel, der den avisierten deutschen Rekord von 1:00:34 durch Carsten Eich auf der gleichen Strecke deutlich verpasste. Mit 1:02:13 hatte Tesfaye zu keiner Phase des Rennen eine realistische Chance, in die zeitlichen Dimensionen des Rekordes vorzudringen.

Schnellste Frau war die in Deutschland lebende und für Grün-Weiß Kassel startende Äthiopierin Melat Kejeta, die in der international eher zweitklassigen Zeit von 1:09:04 gewann. Als Zweite lief Martina Strähl (SUI) in 1:09:29 einen Landesrekord, Platz 3 ging an Anne-Mari Hyryläinen (FIN) in 1:11:04. Die 3.000-m-Hindernis-Europameisterin Gesa-Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) kam nach ihrem Ausstieg beim Halbmarathon in Ras Al Khaimah im zweiten Versuch ins Ziel eines Halbmarathons mit 1:12:16, Katharina Heinig (Eintracht Frankfurt) stellte in 1:12:44 als Siebte eine persönliche Bestzeit auf. Insgesamt traten 36000 zu diesem Frühjahrsklassiker in der deutschen Hauptstadt an.

Ergebnisse Halbmarathon der Männer:
1. Kiptaniu, Erick KEN    58:42
2. Kiprono, Emmanuel KEN 1:00:29
3. Mengich, Richard KEN 1:00:36
4. Masai, Gilbert KEN 1:00:38
5. Kigen, Noah KEN 1:01:02
6. Bore, Ambrose KEN 1:01:03
7. Kipkosgei, Frederick KEN 1:02:13
8. Tesfaye, Homiyu GER 1:02:13
9. Tougane, Jaouad MAR 1:02:19
10. Mibei, Dominic KEN 1:02:24
11. Kurui, Evans KEN 1:02:38
12. Chemweno, Bethwel KEN 1:02:43
13. Pflieger, Philipp GER 1:03:14
14. El Mazoury, Ahmed ITA 1:03:26